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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 24.11.2006
Aktenzeichen: V B 100/05
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH (alleiniger Gesellschafter/Geschäftsführer: --MK--), ist Gesamtrechtsnachfolgerin der am 3. Dezember 1997 gegründeten X-GmbH. Die X-GmbH schloss am 3. Dezember 1997 mit MK einen Werkvertrag über den Bau von ... Wohneinheiten auf dem MK gehörenden Grundstück ST-Straße. Vereinbart war ein Festpreis von ... DM zuzüglich Umsatzsteuer; die Zahlung sollte bei Abnahme erfolgen, Abschlagszahlungen waren in diesem Vertrag nicht vorgesehen. Weitere Bauvorhaben führte die X-GmbH nicht aus. Das Bauvorhaben der X-GmbH wurde durch Darlehen in Höhe von ... DM finanziert, die durch erstrangige Grundschulden auf dem Grundstück ST-Straße des MK abgesichert waren.

Am 11. Dezember 1997 schloss die X-GmbH als Generalunternehmerin den Werkvertrag mit dem ausführenden Bauunternehmen. Das Bauvorhaben wurde im Februar 2000 fertig gestellt. Am 16. November 1998 wurde die Klägerin als "Immobilien-Verwertungsgesellschaft" gegründet (Alleingesellschafter/-geschäftsführer: MK) und am 30. Dezember 1999 im Handelsregister eingetragen. Ebenfalls am 16. November 1998 verkaufte MK das Grundstück ST-Straße an die Klägerin, die auch in die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag über die Bebauung des Grundstücks vom 3. Dezember 1997 eintrat. Der Kaufpreis betrug ... DM und sollte mit Fortgang der Veräußerung der noch zu begründenden Raumeigentumseinheiten bezahlt werden; ein etwaiger Fehlbetrag sollte erlassen werden.

Am 4. November 1999 wurden die Klägerin und die X-GmbH dergestalt verschmolzen, dass die X-GmbH ihre Aktiva und Passiva mit Wirkung vom 1. Juni 1999 auf die Klägerin übertrug; die Verschmelzung wurde am 28. April 2000 im Handelsregister eingetragen. Die Klägerin verwendete das Objekt umsatzsteuerfrei durch Vermietung zu Wohnzwecken und Veräußerung an Endnutzer.

Die X-GmbH bzw. nach der Verschmelzung die Klägerin machte für die Jahre 1998 und 1999 den Vorsteuerabzug aus den Baukosten geltend; sie ist der Meinung, die Verschmelzung sei eine Geschäftsveräußerung im Ganzen, die einen Ausgangsumsatz darstelle, der keinen Vorsteuerausschluss begründe. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) versagte hingegen den Vorsteuerabzug und setzte die Umsatzsteuer für 1998 und 1999 auf 0 DM fest.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) begründete die Klageabweisung kumulativ damit, dass

1. zwischen MK und der X-GmbH eine Organschaft i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1993/1999 bestanden habe und daher allenfalls MK den Vorsteuerabzug gehabt haben könne, nicht aber die X-GmbH bzw. die Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin,

2. selbst dann, wenn keine Organschaft anzunehmen sei, der Werkvertrag vom 3. Dezember 1997 und der "Kaufvertrag" vom 16. November 1998 als Scheingeschäfte i.S. von § 41 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) anzusehen seien und MK als Bauherr und Vermieter/Veräußerer des Objekts anzusehen sei,

3. in jedem Fall aber ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. von § 42 AO 1977 vorliege, weil für die gewählte Gestaltung beachtliche außersteuerliche Gründe nicht erkennbar seien; dieser Grundsatz gelte auch für die Auslegung des gemeinsamen europäischen Mehrwertsteuersystems.

Die Revision ließ das FG nicht zu.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, mit der sie Verfahrensmängel sowie grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Weder liegen die geltend gemachten Verfahrensmängel vor, noch hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch hat die Klägerin einen sonstigen Grund für die Zulassung der Revision in der erforderlichen Form vorgetragen.

Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Hat das FG seine Entscheidung kumulativ auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, muss der Beschwerdeführer einen Zulassungsgrund bezüglich jeder dieser Begründungen darlegen (BFH-Beschlüsse vom 6. Oktober 2003 VII B 130/03, BFH/NV 2004, 215; vom 9. Dezember 2004 V B 85/04, BFH/NV 2005, 712; vom 29. Mai 2006 V B 186/04, BFH/NV 2006, 1613). Anders formuliert bedeutet dies, dass die Revision nicht zuzulassen ist, wenn auch nur eine tragende Begründung besteht, gegen die die Nichtzulassungsbeschwerde nicht durchgreift.

a) Ohne Erfolg macht die Klägerin einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend, indem sie rügt, das FG habe die für die Annahme einer Organschaft zwischen MK und der X-GmbH vorgreifliche Frage der Unternehmereigenschaft von MK nicht geprüft. Das FG hat diese Frage auf S. 7/8 seines Urteils hinreichend geprüft und bejaht. Die materielle Richtigkeit des Ergebnisses kann dahinstehen, hierauf kommt es im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht an. Die von der Klägerin für den Fall der fehlenden Unternehmereigenschaft von MK aufgeworfene Rechtsfrage --deren grundsätzliche Bedeutung geltend gemacht wird-- geht damit ins Leere.

b) Damit liegt zumindest eine tragende Begründung des FG-Urteils vor, gegen die die Nichtzulassungsbeschwerde nicht durchgreift, so dass sie schon aus diesem Grund abzuweisen ist. Gleichwohl weist der Senat noch darauf hin, dass die im Übrigen vorgetragenen Gründe für die Zulassung der Revision nicht den Anforderungen einer Nichtzulassungsbeschwerde genügen: Auf der Grundlage teilweise neuen Sachvortrages (zum wirtschaftlichen Gehalt der gewählten Gestaltung) wendet sich die Klägerin im Stile einer Revisionsbegründung gegen die materielle Begründung des FG, ohne jedoch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung herauszuarbeiten oder darzulegen. Es fehlt ein für das Zulassungsverfahren erforderlicher Sachvortrag dazu, weshalb die von der Klägerin angesprochenen materiellen Rechtsfragen der Beurteilung der von ihr gewählten Gestaltungen Bedeutung grundsätzlichen Klärungsbedarf haben sollten (vgl. dazu die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 116 Rz. 32).



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