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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 23.01.2002
Aktenzeichen: V B 102/01
Rechtsgebiete: UStG 1991, FGO


Vorschriften:

UStG 1991 § 4 Nr. 12 Buchst. a
FGO § 119 Nr. 6
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betrieb ein Hotel, das sie für die Zeit vom 1. November 1990 bis 31. Oktober 2000 unter Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1991 (UStG) verpachtete. Für die vorzeitige Auflösung des Pachtvertrages zum 30. September 1992 erhielt die Klägerin von der Pächterin eine Entschädigung.

Entgegen der Auffassung der Klägerin beurteilte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Entschädigung --entsprechend dem Entgelt für die Verpachtung-- als steuerpflichtig.

Das Finanzgericht (FG) bestätigte unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. März 1998 XI B 73/97 (BFH/NV 1998, 1381) die Auffassung des FA, dass der Verzicht auf die Steuerbefreiung der Verpachtungsumsätze sowohl die Erfüllungsleistungen wie auch den Verzicht für die Aufgabe von Rechten aus dem Pachtvertrag erfasst.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757).

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder

3. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

1. Soweit die Klägerin Fragen zur sog. einheitlichen Leistung anspricht, besteht kein grundsätzlicher Klärungsbedarf. Der Begriff ist allgemein hinreichend abgegrenzt. Darüber hinaus hat die Klägerin eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht ordnungsgemäß dargelegt (vergl. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

a) Nach ständiger Rechtsprechung, die ihre Bedeutung wegen unveränderter Rechtslage insoweit nicht verloren hat (z.B. BFH-Beschlüsse vom 1. Oktober 2001 II B 116/00; vom 27. März 2001 VIII B 124/00, BFH/NV 2001, 907; offen gelassen im BFH-Beschluss vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837, Betriebs-Berater --BB-- 2001, 2414) muss der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung eine bestimmte --abstrakte-- klärungsbedürftige und im angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausstellen. Er muss darlegen, weshalb es in dem angestrebten Revisionsverfahren auf die Klärung der hervorgehobenen Rechtsfrage ankommt (Klärungsbedürftigkeit) und dass dem Revisionsgericht eine Klärung im Streitfall möglich ist (Klärbarkeit). Der Beschwerdeführer muss außerdem erläutern, welche über den Streitfall hinausgehende Wirkung eine Entscheidung über die nicht nur an den Besonderheiten des Streitfalles orientierte Rechtsfrage hat (vergl. z.B. BFH-Beschluss vom 8. März 1994 VII B 44/94, BFH/NV 1994, 812). Liegt zu einer Rechtsfrage bereits höchstrichterliche Rechtsprechung vor, ist --ggf. auch unter Berücksichtigung der im Schrifttum zu dem Problemkreis vertretenen Auffassungen-- zu begründen, weshalb die Klägerin gleichwohl eine erneute Entscheidung zu dieser Rechtsfrage für erforderlich hält (vergl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 2. August 1996 XI B 208/95, BFH/NV 1997, 54; vom 12. September 1996 VIII B 16/96, BFH/NV 1997, 245).

b) Das FG hat seine Entscheidung auf die im BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 1381 dargelegten Grundsätze gestützt, wonach der Verzicht auf die Steuerbefreiung auch die Abfindung für den Verzicht auf Rechte aus einem Mietvertrag umfasst. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beschränkt sich die Klägerin im Wesentlichen auf die Wiedergabe des Inhalts verschiedener Verwaltungsanweisungen und den Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 15. Dezember 1993 C-63/92, Lubbock FINE & Co. (Slg. I 1993, 6665, BStBl II 1995, 480), das im Übrigen, wie im Beschluss in BFH/NV 1998, 1381 ausdrücklich erläutert, einen Sachverhalt betrifft, in dem der Steuerpflichtige --anders als in dem vom BFH entschiedenen und im vorliegenden Fall-- nicht auf die Steuerfreiheit der Vermietungsumsätze verzichtet hat. Allein die Wiedergabe von Zitaten aus oder Inhalten von Gerichtsentscheidungen oder Verwaltungsanordnungen ist nicht geeignet, die Erforderlichkeit einer erneuten Entscheidung des BFH darzulegen, insbesondere wenn deren wiedergegebener Inhalt die entscheidungserhebliche Frage offensichtlich nicht berührt.

2. Auch einen Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO hat die Klägerin nicht ordnungsgemäß dargelegt.

Der Zulassungsgrund "Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erfasst auch die Divergenz der Entscheidung des FG von der Rechtsprechung des BFH oder des EuGH. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes "Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" ist der schlüssige Vortrag erforderlich, dass die angestrebte BFH-Entscheidung geeignet und notwendig ist, künftige unterschiedliche gerichtliche Entscheidungen über die betreffende Rechtsfrage zu verhindern. In der Beschwerdebegründung müssen bereits bestehende oder zu erwartende Unterschiede in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung oder eine Abweichung des angefochtenen Urteils von der Rechtsprechung des BFH aufgezeigt werden. Ausreichend ist auch das schlüssige Vorbringen, die Entscheidung beruhe auf einer offensichtlich falschen Rechtsanwendung, da in diesem Fall davon auszugehen wäre, dass andere FG der beanstandeten Entscheidung nicht folgen werden (BFH-Beschluss vom 18. Juli 2001 X B 46/01, BFH/NV 2001, 1596).

Im Streitfall hat die Klägerin zwar die Abweichung des angefochtenen Urteils und des BFH von einer Entscheidung des EuGH behauptet. Diese ist jedoch nicht gegeben. Den Entscheidungen des BFH und dem ihm folgenden Urteil des FG liegen keine von der zitierten Entscheidung des EuGH abweichenden abstrakten Rechtssätze zu Grunde; insbesondere enthält die Entscheidung des EuGH nicht --wie die Klägerin behauptet-- die Aussage, die Verzichtsleistung dürfe anders behandelt werden als die Vermietungsleistung.

3. Auch das Vorliegen eines Verfahrensmangels hat die Klägerin nicht schlüssig gerügt.

Eine Entscheidung ist nur dann "nicht mit Gründen versehen" i.S. des § 119 Nr. 6 FGO, wenn jegliche Begründung fehlt oder lediglich inhaltslose oder unverständliche Wendungen niedergeschrieben sind, die nicht erkennen lassen, von welchen Erwägungen das Gericht ausgegangen ist, und die eine Überprüfung des Rechtsstandpunktes nicht ermöglichen, oder wenn ein selbständiger Anspruch bzw. ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen worden ist (vergl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 22. März 1994 X R 66/93, BFH/NV 1994, 499, und vom 31. Januar 1995 X R 265/93, BFH/NV 1995, 986; BFH-Urteil vom 1. März 2001 II R 3/00, BFH/NV 2001, 1129). Eine lückenhafte Begründung oder fehlende Auseinandersetzung mit bestimmten rechtlichen Erwägungen der Klägerin ist kein Mangel i.S. des § 119 Nr. 6 FGO (BFH-Beschluss vom 10. Februar 1995 IX R 67/94, BFH/NV 1995, 901).

Die Klägerin bemängelt, das Urteil des FG nehme in den Entscheidungsgründen weder Stellung zu den von ihr zitierten Verwaltungsanweisungen und dem Vorwurf, sie werde ungleich behandelt, noch zu ihrem Vortrag, sie habe in der Umsatzsteuererklärung den Umsatz als steuerfrei behandelt. Daraus lässt sich nicht entnehmen, dass die angefochtene Entscheidung i.S. des § 119 Nr. 6 FGO nicht mit Gründen versehen ist.

4. Im Übrigen sieht der Senat von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung nach Maßgabe des § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

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