Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 15.12.2006
Aktenzeichen: V B 103/06
Rechtsgebiete: FöGbG, AO 1977, UStG 1993, FGO


Vorschriften:

FöGbG § 4
AO 1977 § 164 Abs. 2
UStG 1993 § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4
UStG 1993 § 15 Abs. 1 Nr. 1
UStG 1993 § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1
UStG 1993 § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung erteilt wurde.

Im Jahr 1996 beauftragte der Kläger die M-GmbH mit dem Umbau und der Modernisierung eines in seinem Eigentum stehenden Gebäudes; die Baumaßnahme sollte bis 20. Dezember 1996 abgeschlossen werden, weil der Kläger für 1996 die Sonderabschreibung nach § 4 des Fördergebietsgesetzes (FöGbG) in Anspruch nehmen wollte. Vereinbarungsgemäß erteilte die M-GmbH 1996 nach Baufortschritt zunächst drei Abschlagsrechnungen, denen jeweils Baustandsberichte mit Benennung des Fertigstellungsgrades beigefügt waren. Als sich abzeichnete, dass der Fertigstellungstermin nicht eingehalten werden würde, vereinbarte der Kläger mit dem Geschäftsführer der M-GmbH, dass die M-GmbH alle 1996 erbrachten Bauleistungen abrechnen sollte. Die am 30. Dezember 2006 erteilte Rechnung wurde vom Kläger noch am selben Tag bezahlt (Gutschrift auf dem Geschäftskonto der M-GmbH am 2. Januar 1997). Der Rechnung war ein Baustandsbericht beigefügt, der eine Gesamtfertigstellung von 95 % auswies, während --wie sich später herausstellte-- der tatsächliche Fertigstellungsgrad nur ca. 90,5 % betrug. Der hier maßgebliche Wortlaut der Rechnung lautet:

"...wir erlauben uns die erbrachten Leistungen wie folgt zu berechnen:

BV: Umbau Wohn- und Geschäftshaus...

3. Abschlag gemäß Kostenangebot

 Nettosumme DM 380.000,00
zuzüglich 15,00 % MWST DM 57.000,00
Gesamtsumme DM 437.000,00"

Die Bauabnahme erfolgte am 29. Mai 1997.

In seiner am 27. Januar 1998 beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung für 1996 brachte der Kläger auch den Vorsteuerbetrag aus der Rechnung vom 30. Dezember 1996 in Abzug; das FA stimmte der Erklärung zu und zahlte die beantragte Umsatzsteuererstattung aus. Nach einer Selbstanzeige des Geschäftsführers der M-GmbH wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ging das FA davon aus, dass die in der Rechnung vom 30. Dezember 1996 beschriebenen Leistungen tatsächlich noch nicht erbracht worden waren, versagte insoweit den Vorsteuerabzug und änderte die Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) entsprechend.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung einerseits darauf, dass die im Abrechnungspapier vom 30. Dezember 1996 beschriebene Leistung nicht erbracht worden sei, so dass die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1993 nicht vorgelegen hätten und dass andererseits nicht über eine Anzahlung für eine noch nicht erbrachte Leistung abgerechnet worden sei (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG 1993), so dass auch die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs aus Anzahlungen nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG 1993 nicht vorlägen. Die Revision ließ das FG nicht zu.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, mit der er grundsätzliche Bedeutung und Divergenz hinsichtlich der Auslegung des Begriffes "Teilleistungen" sowie den Anforderungen an "Vorausrechnungen" geltend macht. Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) noch ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) geltend, so muss er eine für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll (vgl. z.B. Gräber/Ruban, FGO, § 116 Rz. 32, m.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Daran fehlt es hier:

aa) Nach Auffassung des Klägers muss vom BFH geklärt werden, unter welchen konkreten Voraussetzungen Teilleistungen im umsatzsteuerrechtlichen Sinn vorliegen. Das FG hat hinsichtlich der Frage, worüber mit dem Abrechnungspapier vom 30. Dezember 1996 abgerechnet werden sollte, aber nicht darauf abgestellt, ob Teilleistungen erbracht wurden, sondern darauf, dass die in diesem Papier dargestellten Leistungen überhaupt nicht erbracht worden sind. An diese tatsächliche Feststellung ist der BFH gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Deshalb kann eine Rechnung i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1993 für "ausgeführte" Leistungen nicht vorliegen, so dass es auf die Frage etwaiger Teilleistungen für die Entscheidung des Streitfalles gar nicht ankommt. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zum Begriff der Teilleistungen sind daher in einem vom Kläger angestrebten Revisionsverfahren mangels Entscheidungserheblichkeit gar nicht klärbar.

bb) Die Frage, ob das Abrechnungspapier vom 30. Dezember 1996 als Rechnung über eine Anzahlung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4, § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG 1993 anzusehen ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Grundsätze hierfür sind durch die Rechtsprechung des BFH geklärt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20. März 1980 V R 131/74, BFHE 130, 122, BStBl II 1980, 287). Der Kläger wendet sich im Ergebnis vielmehr gegen die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall durch das FG; etwaige Fehler bei der Auslegung oder Anwendung materiellen Rechts begründen aber keine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl. Gräber/Ruban, FGO, § 115 Rz. 24, m.N.). Das FG hat das Abrechnungspapier außerdem in nachvollziehbarer und begründeter Weise dahin gehend gewürdigt, dass gerade keine Anzahlungen für noch nicht erbrachte Leistungen in Rechnung gestellt werden sollten, sondern Leistungen behauptet wurden, die noch nicht erbracht worden waren. Zwar hätte über die Anzahlung in einer Weise abgerechnet werden können, die zum Vorsteuerabzug berechtigt hätte; insofern ist mit der Vorgehensweise des Klägers und der M-GmbH in materieller Hinsicht kein Schaden bei der Umsatzsteuer entstanden. Der Kläger wollte nach den nicht angefochtenen Feststellungen des FG jedoch gerade für Zwecke der Sonderabschreibung nach § 4 FöGbG den Schein bereits erbrachter Leistungen erwecken. Da diese aber tatsächlich nicht erbracht worden waren, steht dem Kläger aus dem Abrechnungspapier vom 30. Dezember 1996 der Vorsteuerabzug nach keiner der beiden Alternativen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 zu.

b) Da die Frage etwaiger Teilleistungen nicht entscheidungserheblich ist, kommt es insoweit auch nicht auf die vom Kläger behauptete Divergenz nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO an.

Ende der Entscheidung

Zurück