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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 25.02.1999
Aktenzeichen: V B 105/98
Rechtsgebiete: UStG 1980, FGO


Vorschriften:

UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1
UStG 1980 § 14 Abs. 3 Satz 2
UStG 1980 § 14 Abs. 3
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
FGO § 118 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war im Streitjahr (1984) als Rechtsanwalt mit D über ein in Liechtenstein ansässiges Unternehmen und deren inländische Tochtergesellschaft A-KG (KG) geschäftlich verbunden. Er erteilte u.a. der KG im Streitjahr mehrere --nicht näher spezifizierte-- Honorarabrechnungen über je 21 000 DM zuzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte diese Beträge im Umsatzsteuer-Schätzungsbescheid für 1984.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage des Klägers insoweit ab. Es führte zur Begründung aus: Es könne dahinstehen, ob die Behauptung des FA, diesen Rechnungen lägen anwaltliche Beratungsleistungen zugrunde, zutreffe oder ob die gegenteilige Behauptung des Klägers richtig sei, bei den Rechnungsbeträgen dieser Rechnungen handle es sich (ganz oder teilweise) um sog. Durchlaufgelder, bei den Rechnungen mithin um Scheinrechnungen, die lediglich ausgestellt worden seien, um D als Betriebsausgaben getarnte Entnahmen aus der KG zu ermöglichen. Sollte die Behauptung des FA zutreffen, schulde der Kläger die in diesen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1980 (UStG). Sollte die Behauptung des Klägers zutreffen, bei diesen Rechnungsbeträgen handle es sich nicht um Leistungsentgelte, schulde der Kläger die ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG. Nach dieser Vorschrift schulde den ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag derjenige, der in einer Urkunde, mit der er wie ein leistender Unternehmer abrechne, einen Umsatzsteuerbetrag gesondert ausweise, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführe. Unterstelle man die Behauptung des Klägers, er habe mit den Rechnungen entgegen dem Inhalt dieser Urkunde nicht über eine Beratungsleistung abgerechnet, sondern D als Betriebsausgaben getarnte Entnahmen aus der KG ermöglichen sollen, so sei der Tatbestand des § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG erfüllt. Die Steuerpflicht nach dieser Vorschrift entfalle entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht deshalb, weil er der Finanzverwaltung nach seiner Behauptung ermöglicht habe, den durch diese Scheinrechnungen möglichen Vorsteuerabzug bei der KG zu verhindern. Hiervon abgesehen seien die Rechnungen nicht vom Kläger, sondern von D der Finanzverwaltung übergeben worden. Den Gefährdungstatbestand des § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG, der nach dem Vorbringen des Klägers vorgelegen haben könnte, sei mithin nicht von ihm, sondern vom Leistungsempfänger der Finanzverwaltung unterbreitet worden. Dabei habe sich jedoch der vom Kläger behauptete Sachverhalt einer Scheinrechnung im Strafverfahren nicht feststellen lassen, wie sich aus der entsprechenden Einstellungverfügung gegenüber D und der Anklageschrift gegen den Kläger ergebe.

Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, die er auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Einer Rechtssache ist grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO beizumessen, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein. In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Liegt bereits eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu der entscheidungserheblichen Frage vor, muß der Beschwerdeführer, der eine andere Ansicht vertritt, schlüssig und substantiiert darlegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Frage nach wie vor umstritten und inwiefern sie im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig geblieben oder erneut geworden ist.

2. Der Kläger macht geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil weder das FG in dem angefochtenen Urteil noch bislang der BFH sich mit den im Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 13. Dezember 1989 Rs. C-342/87 (Genius Holding, Slg. 1989, 4227, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1991, 83) geäußerten Bedenken zur Ausgestaltung des § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG als Gefährdungshaftung und den dort aufgeführten Grundsätzen befaßt habe.

Dieses Vorbringen genügt den dargelegten Anforderungen nicht. Der Kläger hat sich nicht --wie geboten-- mit der Rechtsprechung des BFH zu diesem EuGH-Urteil (vgl. BFH-Urteil vom 4. Mai 1995 V R 29/94, BFHE 177, 554, BStBl II 1995, 747, unter II. 3.) auseinandergesetzt.

3. Entsprechendes gilt für die --ohne Berücksichtigung der Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage-- vom Kläger geäußerte Auffassung, er halte § 14 Abs. 3 UStG für verfassungswidrig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des erkennenden Senats bestehen gegen § 14 Abs. 3 UStG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juli 1992 V R 73/88, BFH/NV 1993, 443, m.w.N.; BFH-Beschluß vom 17. Juli 1996 V B 23/96, BFH/NV 1997, 204).

4. Eine grundsätzliche Bedeutung der vorliegenden Rechtssache ergibt sich auch nicht aus dem Vorlagebeschluß des Senats an den EuGH vom 15. Oktober 1998 V R 38/97, V R 51/97 (BFHE 187, 84, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1999, 67).

Mit dem Beschluß hat der Senat in zwei Verfahren, die auf den Erlaß von nach § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG festgesetzter Umsatzsteuer gerichtet sind, dem EuGH verschiedene Fragen zur Auslegung des Art. 21 Nr. 1 Buchst. d der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG vorgelegt. Die dort gestellten Rechtsfragen haben für das vorliegende Verfahren keine Bedeutung; der Sachverhalt dieser Verfahren ist mit dem des vorliegenden Verfahrens nicht vergleichbar. Das ergibt sich aus den tatsächlichen Feststellungen, die das FG in dem angefochtenen Urteil getroffen hat, und an die der Senat mangels zulässiger und begründeter Revisionsgründe gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO). Danach sind die Rechnungen nicht vom Kläger, sondern von D der Finanzverwaltung übergeben worden. Das FG hat insbesondere nicht festgestellt, daß die KG keinen Vorsteuerabzug aus den Rechnungen vorgenommen hat oder daß ein Vorsteuerabzug rückgängig gemacht worden wäre. Das hat der Kläger mit seiner Beschwerde auch nicht behauptet.

5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl. Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).

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