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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.10.1999
Aktenzeichen: V B 112/99
Rechtsgebiete: UStG 1980/1991, UStG, FGO, BFHEntlG
Vorschriften:
UStG 1980/1991 § 9 Abs. 1 | |
UStG 1980/1991 § 9 Abs. 2 | |
UStG § 27 Abs. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3 | |
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3 | |
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6 |
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein Verein, errichtete ein Gebäude, das er nach seiner Fertigstellung im Oktober 1992 an gewerbliche Unternehmer für deren Unternehmen und außerdem an die Kulturinitiative GbR (im folgenden GbR) vermietete. Die GbR nutzte die gemieteten Räume auch für den nichtunternehmerischen (ideellen) Bereich.
Der Kläger verzichtete in den Umsatzsteuererklärungen für 1988 bis 1992 auf die Steuerbefreiung für die bezeichneten Vermietungsumsätze (§ 9 Abs. 1, 2 des Umsatzsteuergesetzes --UStG-- 1980/1991). Er zog aus Rechnungen über die Herstellung des Gebäudes 99 v.H. der gesamten berechneten Steuern als Vorsteuer ab. Er hatte Vorsteuerbeträge ausgenommen, die zeitanteilig auf die Nutzung der an die GbR vermieteten Räume für nichtunternehmerische Zwecke entfielen. Der Kläger wurde erklärungsgemäß veranlagt.
Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung für die Streitjahre 1988 bis 1992 änderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Steuerfestsetzungen und ließ nur noch 83,51 v.H. der gesamten Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit der Herstellung des Gebäudes zum Abzug zu. Im übrigen versagte es den Abzug, weil es insoweit die Voraussetzungen für den Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze nicht als gegeben ansah. Das FA folgte dabei den Prüfungsfeststellungen, wonach die vermieteten Räume in dem bezeichneten Umfang für nichtunternehmerische Zwecke genutzt würden.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage gegen die Umsatzsteueränderungsbescheide für 1988 bis 1992 als unbegründet ab. Es vertrat die Auffassung, im Streitfall seien die Voraussetzungen für den Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze nach § 27 Abs. 2 UStG in der vor dem 1. Januar 1994 geltenden Fassung anwendbar. Danach komme es darauf an, daß die vermieteten Räume auf der Endstufe nicht für Wohnzwecke oder andere nichtunternehmerische Zwecke genutzt würden. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und sei mit Art. 13 Teil B Buchst. b, Teil C Buchst. a, Art. 17 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) vereinbar.
Eine verbindliche Zusage, nach der die Nutzung der an die GbR vermieteten Räume zu ideellen Zwecken als für den Vorsteuerabzug unschädlich angesehen werde, habe das FA dem Kläger nicht gemacht. In dem Schreiben vom 15. Februar 1990 habe das FA vielmehr mitgeteilt, daß es bei der Beurteilung der Option zur Umsatzsteuerpflicht der Vermietungsumsätze entsprechend der Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Köln vom 18. Juni 1985 --gemeint ist die Verfügung vom 18. Juni 1986-- (Der Betrieb --DB-- 1986, 1702) verfahren werde. In der erwähnten Verfügung stelle die OFD Köln --wie in den angefochtenen Steueränderungsbescheiden-- auf die endgültige Nutzung der vermieteten Räume und nicht auf die Nutzung durch den Mieter ab.
Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), wegen Abweichung von einer Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) und wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Soweit der Kläger Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) begehrt, ist die Beschwerde unzulässig. Sie genügt insoweit nicht den Anforderungen, die § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stellt.
Der Kläger hat nicht eindeutig und schlüssig dargetan, welche Rechtsfrage im allgemeinen Interesse des Rechts in dem angestrebten Revisionsverfahren klärbar und klärungsbedürftig sein soll und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Beschlüsse vom 30. Juni 1998 III B 232/95, BFH/NV 1999, 59, und vom 12. Dezember 1997 XI B 54/97, BFH/NV 1998, 614). Vielmehr beschränkt sich die Begründung der Beschwerde insoweit darauf auszuführen, daß das FG den Streitfall falsch entschieden habe, weil es die Voraussetzungen für den Verzicht auf die Steuerfreiheit der Vermietungsumsätze fehlerhaft beurteilt habe.
Für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung reicht es nicht aus, wenn der Kläger sich auf den Vortrag zurückzieht, die Auffassung des FG entspreche zwar der herrschenden Meinung, dieser könne aber "aus grundsätzlichen Erwägungen ganz und gar nicht gefolgt" werden.
Es reicht auch nicht aus, eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wegen Unvereinbarkeit der Vorentscheidung mit Vorschriften der Richtlinie 77/388/EWG zu behaupten und als Begründung lediglich auf eine fehlende hinreichende Tatbestandsmäßigkeit der innerstaatlichen gesetzlichen Bestimmungen hinzuweisen.
Soweit der Kläger --wie dies seinen Ausführungen entnehmbar ist-- eine Klärung für grundsätzlich bedeutsam hält, von welchen Voraussetzungen der Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietung eines 1992 errichteten Gebäudes abhänge, bedarf es keiner Entscheidung durch ein Revisionsverfahren.
Aus § 27 Abs. 1 und 2 UStG 1993 ergibt sich eindeutig, daß die am 1. Januar 1994 wirksame Fassung des § 9 Abs. 2 UStG 1993 auf diese Umsätze nicht anwendbar ist, so daß die vorher maßgebenden Voraussetzungen heranzuziehen sind.
Klärungsbedarf für die Auslegung des § 9 Abs. 2 UStG in der vor dem 1. Januar 1994 geltenden Fassung besteht nicht. Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die einen Verzicht ausschließende Verwendung des vermieteten Gebäudes für Wohnzwecke oder für andere nichtunternehmerische Zwecke nur durch den Leistungsempfänger oder auch durch den (Mieter des Leistungsempfängers als) Endnutzer verwirklicht werden könne, ist geklärt.
Das FG hat überzeugend dargelegt, daß es nach dem Wortsinn des § 9 Abs. 2 UStG ("dient" und "zu dienen bestimmt ist") auf die wirkliche Nutzung (auf der Endstufe) ankomme, daß dies der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 21. April 1993 XI R 55/90, BFHE 172, 141, BStBl II 1994, 266) entspreche und daß diese Auslegung von der Verwaltung (Abschn. 148 Abs. 5, 6 Satz 1 der Umsatzsteuer-Richtlinien 1992) und dem Fachschrifttum geteilt werde. Gewichtige, bisher noch nicht bedachte Gesichtspunkte hat der Kläger nicht dargelegt.
2. Die Revision ist auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO wegen Abweichung der Vorentscheidung von Grundsätzen in dem Urteil des BFH in BFHE 172, 141, BStBl II 1994, 266 zuzulassen. Insoweit genügt die Beschwerde nicht den Anforderungen, die nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO zur Darlegung der Abweichung erfüllt werden müssen.
Der Kläger bezeichnet keine entscheidungserheblichen Rechtssätze aus dem finanzgerichtlichen Urteil und abstrakte Rechtssätze aus der Entscheidung des BFH so genau, daß eine Abweichung erkennbar wird, weil die gegenübergestellten Rechtsgrundsätze unvereinbar sind (BFH-Beschlüsse vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987; vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Er behauptet eine Abweichung nur.
Die Abweichung besteht im übrigen auch nicht; denn der BFH hat unter II. 2. a in dem bezeichneten Urteil ausdrücklich entschieden, daß es für die Beantwortung der Frage, ob ein Grundstück Wohnzwecken oder anderen nichtunternehmerischen Zwecken diene oder zu dienen bestimmt sei, auf die tatsächliche Verwendung durch den jeweiligen "Endnutzer" des Grundstücks ankomme. Dem hat sich das FG angeschlossen.
3. Schließlich ist die Revision auch nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen.
Der Kläger rügt sinngemäß, das FG habe es unterlassen, Beweis darüber zu erheben, daß das FA --insbesondere in dem Schreiben vom 15. Februar 1990-- verbindlich zugesagt habe, den Vorsteuerabzug anzuerkennen, wenn die GbR die Räume für ihr Unternehmen miete, und daß es auf die endgültige Benutzung nicht ankomme.
Der angebliche Mangel ist nicht in der gesetzlich dafür vorgeschriebenen Form (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO) bezeichnet worden. Dazu hätte der Kläger darlegen müssen, weshalb sein Prozeßbevollmächtigter einen entsprechenden Beweisantrag nicht in der mündlichen Verhandlung gestellt hat. Ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Sitzung vor dem FG am 5. Mai 1999 ist die Streitsache erörtert worden. Die Sitzungsniederschrift ergibt nicht, daß der Kläger einen Beweisantrag gestellt oder daß das FG, was hätte protokolliert werden müssen (vgl. BFH-Beschluß vom 20. August 1998 V B 46/98, BFH/NV 1999, 211), eine beantragte Beweiserhebung abgelehnt oder nicht beachtet hat. Abgesehen davon ergibt sich aus dem Schreiben des FA vom 15. Februar 1990 (Bl. 130 "USt-Sonderband"), in dem es die vorangegangenen Erörterungen zwischen den Beteiligten zusammenfaßt, nicht, daß die behauptete verbindliche Zusage gemacht worden ist. Vielmehr hat das FA ausdrücklich hervorgehoben, daß es den Verzicht auf die Steuerbefreiung für die vermieteten Grundstücksteile nach den Anweisungen in der Verfügung der OFD Köln vom 18. Juni 1986 (DB 1986, 1702) beurteilen werde.
Im übrigen ergeht die Entscheidung ohne weitere Begründung (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Ende der Entscheidung
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