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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 26.02.2003
Aktenzeichen: V B 116/02
Rechtsgebiete: UStG 1991, FGO


Vorschriften:

UStG 1991 § 24
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betreibt laut dem Urteil des Finanzgerichts (FG) neben einer Land- und Forstwirtschaft, einer Brennerei, Maschinenvermietungen etc. auch eine Sandgrube und eine Bauschuttdeponie. Die Deponie betreibt er im Auftrag des Landkreises und der Stadt.

Laut einem Aktenvermerk des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) aus dem Jahre 1992 hatte zwischen der Ehefrau des Klägers und dem damaligen Vorsteher des FA eine Besprechung mit dem Ergebnis stattgefunden, dass die Deponiegebühren entsprechend dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 27. Dezember 1990 IV A 2 -S 7300- 66/90 (BStBl I 1991, 81) grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig seien; sie unterlägen aber der Durchschnittsatzbesteuerung nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1991); die Verfüllung sei ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb während die Recyclingarbeiten gewerblich seien.

Dementsprechend hat das FA in den Folgejahren unter Hinweis auf den genannten Aktenvermerk die Einnahmen und Umsätze aus der Bauschuttdeponie der Land- und Forstwirtschaft zugeordnet; dabei wurde in den Bilanzunterlagen der handschriftliche Zusatz gemacht: "Solange keine Weiterverarbeitung erfolgt."

Bei einer Betriebsprüfung im Jahre 1998 kam der Prüfer zu der Auffassung, dass die Einnahmen aus der Bauschuttdeponie ab dem Jahre 1993 den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnen seien. In der Schlussbesprechung, an der auch der Vorsteher des FA teilnahm, erklärte sich das FA bereit, aufgrund seiner mündlichen Auskunft im Jahre 1992 die Einnahmen aus der Bauschuttdeponie erst ab dem Wirtschaftsjahr 1996/1997 --also erst ab dem 1. Juli 1996-- dem Gewerbebetrieb zuzuordnen.

Dementsprechend wurde auch bei der Umsatzsteuer verfahren, die steuerpflichtigen Leistungen zum Steuersatz von 15 % wurden bei der Umsatzsteuerveranlagung für 1996 um ... DM erhöht.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Beschwerde, mit der er grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung von der herrschenden Lehre und Rechtsprechung sowie einen Verfahrensmangel geltend macht. Grundsätzliche Bedeutung misst der Kläger der Frage zu, ob die Abfallentsorgung --wie das FG angenommen habe-- eine hoheitliche Tätigkeit sei. Bei der Auslegung der Grundsätze von Treu und Glauben weiche das FG ganz offensichtlich von der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab; es führe zwar in seiner Urteilsbegründung die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Anwendung von Treu und Glauben auf, mache aber zur Voraussetzung, dass für die Finanzbehörde erkennbare wichtige wirtschaftliche Entscheidungen des Steuerpflichtigen in der Zukunft "davon" abhingen. Schließlich wirft er dem FG vor, dass der Sachverhalt verschiedene Unterstellungen enthalte, die nicht zuträfen oder jedenfalls im gesamten Verfahren nicht geklärt worden seien.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). Die Beschwerde ist zu begründen; in der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 FGO).

1. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt nur wegen einer Rechtsfrage in Betracht, die im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 21. März 2002 V B 87/01, BFH/NV 2002, 1012). Auch insoweit müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO in der Beschwerdebegründung dargelegt werden.

Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, warum im Streitfall geklärt werden muss, ob Landkreis und Stadt bei der Abfallentsorgung hoheitlich oder unternehmerisch tätig waren. Dies wird auch aus der Vorentscheidung nicht deutlich. Der Vorsteuerabzug des Anlieferers der Abfälle, auf den der Kläger am Ende der Beschwerdebegründung abstellt, berührt die streitige Steuerpflicht der Umsätze des Klägers an Landkreis und Stadt nicht. Nur diese Steuerpflicht ist Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

2. Die Ansicht des Klägers, die Vorentscheidung weiche "ganz offensichtlich von der herrschenden Lehre und von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ab", teilt der Senat nicht. Der beanstandete Satz der Vorentscheidung lautet: "Voraussetzung für eine derartige Zusage ist, dass für die Finanzbehörde erkennbar wichtige wirtschaftliche Entscheidungen des Steuerpflichtigen in der Zukunft davon abhängen (vgl. BFH-Urteil vom 12.03.1998 V R 17/96, BFH/NV 1998, 1067; BFH-Urteil vom 16.12.1998 II R 50/96, BFH/NV 1999, 900)." In dem vom FG zitierten BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 900 heißt es: "Nach den von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen kann das FA dann nach Treu und Glauben gebunden sein, wenn es einem Steuerpflichtigen zugesichert hat, einen konkreten Sachverhalt, dessen steuerrechtliche Beurteilung zweifelhaft erscheint und der für die wirtschaftliche Disposition des Steuerpflichtigen bedeutsam ist, bei der Besteuerung in einem bestimmten Sinne zu beurteilen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 19. März 1981 IV R 49/77, BFHE 133, 144, BStBl II 1981, 538, und vom 16. März 1983 IV R 36/79, BFHE 138, 223, BStBl II 1983, 459). Voraussetzung für eine Bindung in solchen Fällen ist u.a., daß der vom Steuerpflichtigen mitgeteilte Sachverhalt in allen wesentlichen Punkten richtig und vollständig dargestellt wurde, so von der auskunftserteilenden Person verstanden wurde und offensichtlich ist, daß von der Auskunft gewichtige wirtschaftliche Entscheidungen des Steuerpflichtigen abhängen." Diese Ausführungen konnten vom FG dahin verstanden werden, dass es auch für die auskunftserteilende Person offensichtlich --und damit für die Finanzbehörde erkennbar-- sein muss, dass von der Auskunft gewichtige wirtschaftliche Entscheidungen des Steuerpflichtigen abhängen. Von einer offensichtlichen Abweichung der Vorentscheidung von der Rechtsprechung des BFH kann demnach keine Rede sein. Die vom Kläger zitierte Literaturstelle (Tipke/ Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 4 AO 1977 Anm. 157) macht keine Ausführungen zur Frage, ob die Dispositionen des Steuerpflichtigen für die Finanzbehörde erkennbar sein müssen. Den Ausführungen des Klägers kann deshalb nicht gefolgt werden; sie genügen nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 FGO an die Darlegung eines Revisionsgrundes.

3. Die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor oder sind jedenfalls nicht ordnungsgemäß gerügt.

a) Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des FG, dem FA hätten im Jahre 1992 weder die Genehmigung des Landratsamts zum Betrieb der Bauschuttdeponie vorgelegen, noch die Verträge, die der Kläger mit den Gebietskörperschaften geschlossen hatte. Selbst wenn diese Feststellung unzutreffend und verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sein sollte, ergäbe sich aus der Beschwerdebegründung nicht, dass die Vorentscheidung auf dem gerügten Fehler beruhen kann. Der Beschwerdebegründung kann nämlich nicht entnommen werden, dass und inwiefern der Kläger die vom FG für erforderlich gehaltenen Dispositionen aufgrund der Auskunft getroffen hat.

b) Ähnliches gilt auch für die Feststellung des FG, der Kläger betreibe neben seiner Land- und Forstwirtschaft Maschinenvermietungen. Auch wenn die Maschinenvermietung in einem anderen Unternehmen (GbR) erfolgt, geht aus der Beschwerdebegründung nicht hervor, inwiefern dies entscheidungserheblich sein könnte.

c) Der Senat kann der Vorentscheidung auch nicht entnehmen, dass das FG von der "falschen Unterstellung" ausgeht, dass der Kläger die von ihm "entrichtete" (gemeint wohl: errichtete) "und betriebene Abfallentsorgungsanlage zur Verfügung stellt". Das FG nimmt im Zusammenhang mit der Frage, ob ein steuerpflichtiger Deponiebetrieb oder eine steuerfreie Grundstücksvermietung vorliegt (Seite 10 f. der Vorentscheidung) lediglich auf die mit dem Landkreis und der Stadt geschlossenen Verträge Bezug. Es erwähnt dabei sogar ausdrücklich, dass der Kläger nach den Verträgen berechtigt war, die Abfallentsorgungsanlagen auf eine eigene Gesellschaft zu übertragen. Die Recyclinganlage wird in diesem Zusammenhang vom FG nicht besonders erwähnt; es wird auch nicht unterstellt, dass sie (zusammen mit den übrigen Abfallentsorgungsanlagen) vom Kläger (alleine und nicht von einer Gesellschaft) betrieben wird. Insoweit liegt der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel nicht vor.

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