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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.10.2006
Aktenzeichen: V B 119/05
Rechtsgebiete: UStDV 1999, FGO


Vorschriften:

UStDV 1999 § 51 Abs. 3 Satz 1
UStDV 1999 § 51 Abs. 3 Satz 3
UStDV 1999 § 55
FGO § 76 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine Grundstücksgesellschaft, die im Jahr 2000 mit dem rumänischen Unternehmen T einen Werkvertrag über die Renovierung eines Hotels abgeschlossen hat. Sowohl im Werkvertrag wie auch in den Rechnungen der T war nur eine Adresse in Rumänien angegeben. In den Rechnungen, in denen als Ausstellungsort München angegeben war, wurde die Klägerin aufgefordert, den Rechnungsbetrag auf ein Bankkonto bei einer Münchener Bank zu überweisen. Diese Kontoangabe wie der Ausstellungsort gehörte nicht zum Briefkopf der Auftragnehmerin, sondern war maschinenschriftlich gesondert aufgeführt. Eine Bescheinigung gemäß § 51 Abs. 3 Satz 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999 (UStDV) in der im Streitjahr geltenden Fassung hat sich die Klägerin nicht vorlegen lassen. Kontrollmitteilungen des für nicht im Inland ansässige Unternehmen aus Rumänien zuständigen Finanzamtes Dresden I bestätigten dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--), dass die Klägerin die Steuer für die an sie ausgeführten Leistungen im Abzugsverfahren einzubehalten und abzuführen habe.

Das FA berücksichtigte deshalb zwar erklärungsgemäß die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen, erließ aber gegen die Klägerin einen Haftungsbescheid über den gleichen Betrag gemäß § 55 UStDV 1999.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, die Klägerin habe keine Nachweise dafür erbracht, dass die T zur Zeit der Leistung im Inland ansässig gewesen sei. Weder enthielten die Rechnungen im Briefkopf einen Hinweis auf eine inländische Niederlassung, noch ließe die auch für einen Ausländer mögliche Eröffnung eines Bankkontos darauf schließen. Aus der im Verfahren vorgelegten Vollmacht ergebe sich nichts anderes. Die Klägerin habe weder vorgetragen, wann ihr die Vollmacht vorgelegt worden sei, noch, dass es ihr möglich gewesen sei, unter der in der Vollmacht angegebenen angeblichen Niederlassung mit Vertretern der Auftragnehmer persönlich oder telefonisch in Kontakt zu treten. Offen geblieben sei im Übrigen auch, ob die angegebene Adresse die Merkmale einer Niederlassung erfüllt habe.

Das FG ließ die Revision nicht zu. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen; in der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 FGO).

2. Die Klägerin macht als Verfahrensmangel geltend, das FG habe zwar dem Prozessbevollmächtigten im Schreiben vom 30. August 2004 "gewisse Hinweise gegeben, diese gingen aber nicht in der dargestellten Form in das Urteil ein". Damit rügt sie sinngemäß, das FG habe die ihm nach § 76 Abs. 2 FGO obliegenden Hinweispflichten verletzt. Das ist nicht der Fall.

Bei den richterlichen Hinweispflichten nach § 76 Abs. 2 FGO geht es weniger um die Aufklärung von Amts wegen durch das Gericht als darum, Hilfestellung für die Beteiligten zu geben, deren Eigenverantwortlichkeit dadurch aber nicht eingeschränkt oder gar beseitigt wird. Liegt die rechtliche Bedeutung bestimmter Tatsachen und die sich daraus ergebende Notwendigkeit, diese Tatsachen zur Erreichung des Prozessziels bei Gericht vorzubringen und zu substantiieren, auf der Hand, so stellt ein unterlassener Hinweis jedenfalls dann keine gegen § 76 Abs. 2 FGO verstoßende Pflichtverletzung dar, wenn der Kläger sachkundig vertreten ist (z.B. BFH-Beschluss vom 17. Januar 2006 VII B 132/05, BFH/NV 2006, 988, m.w.N.).

So verhält es sich im Streitfall. Die Klägerin war im finanzgerichtlichen Verfahren sachkundig vertreten. Streitig war allein die Frage, ob die Voraussetzungen für den Erlass des Haftungsbescheides nach § 55 UStDV 1999 vorlagen. Ist zweifelhaft, ob der leistende Unternehmer ein i.S. des § 51 Abs. 3 Satz 1 UStDV 1999 ansässiger Unternehmer ist, so darf der Leistungsempfänger die Einbehaltung und Abführung der Steuer nur unterlassen, wenn ihm der Unternehmer durch eine Bescheinigung des nach den abgabenrechtlichen Vorschriften für die Besteuerung seiner Umsätze zuständigen Finanzamtes nachweist, dass er kein im Ausland ansässiger Unternehmer ist (§ 51 Abs. 3 Satz 3 UStDV 1993). Solche Zweifel bestehen nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 13. Januar 2005 V R 12/02, BFH/NV 2005, 1158, m.w.N.), wenn der Leistungsempfänger zu Zweifeln führende Umstände hätte kennen und Zweifel begründende Schlussfolgerungen hätte ziehen müssen. Es lag deshalb auf der Hand, dass das FG anhand der vorhandenen Tatsachen und Beweismittel würde prüfen müssen, ob die Klägerin zu Zweifeln führende Umstände hätte kennen und Zweifel begründende Schlussfolgerungen hätte ziehen müssen. Schon deshalb bedurfte es keines Hinweises darauf, dass alle hierfür aus Sicht der Klägerin in Betracht kommenden Tatsachen und Beweismittel, die dagegen sprechen, von Bedeutung sein würden. Abgesehen davon hat das FG überdies zusätzlich ausdrücklich im Schreiben vom 30. August 2004 auf bestehende Zweifel hingewiesen, die durch die bisher von der Klägerin eingereichten Unterlagen nicht beseitigt seien.

3. Ebenso wenig ergibt sich aus der Beschwerdebegründung eine Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), denn die Beschwerde macht keine Angaben zu konkreten Tatsachen, deren Aufklärung sich dem FG unter Berücksichtigung seines --insoweit maßgeblichen-- Rechtsstandpunktes hätte aufdrängen müssen, obwohl die Klägerin selbst keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat. Vielmehr begründet die Beschwerde unter Vorlage neuer Unterlagen und neuen Sachvortrages --was im Nichtzulassungsbeschwerde-Verfahren nicht zulässig ist-- ihre Ansicht, dass sie zu Zweifeln keinen Anlass gehabt habe, und wendet sich gegen die ihrer Ansicht nach insoweit unzutreffende Tatsachenwürdigung durch das FG. Damit wird kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargetan.

4. Abgesehen davon, dass neuer Vortrag nach Ablauf der Begründungsfrist für die Beschwerde nicht mehr berücksichtigt werden kann, ist im Übrigen nicht erkennbar, weshalb die sachkundig vertretene Klägerin den nach Ablauf der Begründungsfrist erwähnten Umstand, ihr seien angeblich entscheidungserhebliche Unterlagen deswegen nicht zugänglich gewesen, weil diese bei der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden seien, nicht bereits vor dem FG vorgetragen hat.

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