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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: V B 12/06
Rechtsgebiete: UStG 1999
Vorschriften:
UStG 1999 § 4 Nr. 12 Satz 2 | |
UStG 1999 § 15 Abs. 2 |
Entscheidung wurde am 24.10.2007 korrigiert: das Entscheidungsdatum lautet richtig 28.06.2007 und nicht 28.06.2006
Gründe:
I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) erwarb im Dezember 2001 die in X belegenen Nachbargrundstücke B-Straße 39a, 39b und 40. Der Erwerb des Grundstücks B-Straße 39a erfolgte umsatzsteuerpflichtig. Auf diesem Grundstück befand sich ein Laden- und Bürogebäude im Rohbauzustand, welches anschließend von der Klägerin fertig gestellt und vermietet wurde. Soweit die Mieter keine Unternehmer waren, erfolgte die Vermietung umsatzsteuerfrei, im Übrigen zulässigerweise steuerpflichtig.
Neben dem Laden- und Bürogebäude errichtete die Klägerin ein Parkdeck mit 30 Stellplätzen. Die Stellplätze vermietete sie an die Mieter des neu errichteten Laden- und Bürogebäudes sowie an eine Mietpartei des Gebäudes B-Straße 40.
Die Klägerin behandelte die Vermietung der Stellplätze als umsatzsteuerpflichtige Vermietung und setzte für das Streitjahr (2001) die auf das Parkdeck entfallenden Vorsteuern als abziehbare Vorsteuerbeträge an. Nachdem der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) der Umsatzsteuererklärung zunächst zugestimmt hatte, folgte er dieser nach einer Umsatzsteuersonderprüfung nicht und setzte die Umsatzsteuer mit Bescheid vom 23. Januar 2003 abweichend fest. Während des sich anschließenden Einspruchsverfahrens änderte das FA die Umsatzsteuerfestsetzung --wegen zwischen den Beteiligten unstreitiger Beträge-- mit Bescheid vom 25. Oktober 2004 zugunsten der Klägerin. Im Übrigen wies es jedoch den Einspruch mit Einspruchsbescheid vom 28. Oktober 2004 als unbegründet zurück. Insoweit hielt es daran fest, dass die Vermietung der Stellplätze eine unselbständige Nebenleistung der Gebäudeflächenvermietung sei und deshalb ein Vorsteuerabzug nur insoweit in Betracht komme, als die Vermietung der Büroflächen umsatzsteuerpflichtig erfolgt sei.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage der Klägerin statt. Zur Begründung führte es aus, dass der von der Klägerin begehrte Vorsteuerabzug nicht gemäß § 15 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG 1999) ausgeschlossen sei, da diese mit der Vermietung der Einstellplätze für Kraftfahrzeuge umsatzsteuerbare Leistungen erbringe, für die die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG 1999 ausdrücklich ausgeschlossen sei. Die Vermietung sei nicht als unselbständige Nebenleistung zu der von der Klägerin vorgenommenen Vermietung von Büroflächen anzusehen. Aus dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 13. Juli 1989 Rs. 173/88 --Henriksen-- (Slg. 1989, 2763, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1991, 42) sei nicht herleitbar, dass die Vermietung von Parkflächen stets Nebenleistung zu einer Vermietung anderer Grundstücksflächen sei. Die Frage, ob beide Vermietungen einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang darstellten, werde in ständiger Rechtsprechung zum nationalen Umsatzsteuerrecht nach den Grundsätzen der Einheitlichkeit der Leistung bzw. dem Begriff der sog. Nebenleistung entschieden. Für den Streitfall sei bedeutsam, dass aus der Sicht eines Leistungsempfängers die Überlassung von Büroflächen unabhängig davon erfolgt sei, ob für den Nutzer dieser Flächen ein ausreichender Platz zum Abstellen von Kraftfahrzeugen in unmittelbarer Nähe zum Büro vorhanden sei. Es habe auch weder rechtliche noch faktische Zwänge gegeben, die Parkplätze an die Mieter des Bürohauses zu vermieten. Daher sei die Vermietung der Parkflächen als eigenständige und damit zwingend umsatzsteuerpflichtige Leistung zu behandeln - mit der Folge der Gewährung des --der Höhe nach unstreitigen-- Vorsteuerabzugs.
Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.
Hiergegen wendet sich das FA mit der vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerde, mit der es Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts geltend macht.
II. Die Beschwerde des FA ist unbegründet.
1. Die Revision ist nicht wegen Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
a) Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, wenn der Streitfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 15. Dezember 2004 X B 48/04, BFH/NV 2005, 698; vom 27. März 2006 VIII B 21/05, BFH/NV 2006, 1256). Voraussetzung dafür ist, dass die Rechtsfortbildung im angestrebten Revisionsverfahren möglich ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 8. September 2004 X B 51/04, BFH/NV 2005, 53).
b) Das FA bezeichnet als klärungsbedürftig die Rechtsfragen, unter welchen Voraussetzungen die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen umsatzsteuerlich eine unselbständige Nebenleistung zu einer Gebäudeflächenvermietung oder eine selbständige Leistung darstellt und ob die Begriffsbestimmung der "engen Verbundenheit" durch den EuGH im Urteil Henriksen in Slg. 1989, 2763, UR 1991, 42 in der Auslegung der nationalen Vorschrift des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG 1999 zur Umsatzsteuerpflicht der Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen bindend oder von den nationalen Gerichten modifizierbar ist.
Diese Fragen sind durch das EuGH-Urteil Henriksen in Slg. 1989, 2763, UR 1991, 42 bereits grundsätzlich geklärt. Der EuGH führte aus, dass Art. 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) dahin auszulegen ist, dass der Begriff "Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen", der eine Ausnahme von der Steuerbefreiung vorsieht, die in dieser Bestimmung für die Vermietung von Grundstücken vorgesehen ist, die Vermietung aller für das Abstellen von Fahrzeugen bestimmter Flächen einschließlich geschlossener Garagen umfasst. Die Vermietung für das Abstellen von Fahrzeugen bestimmter Flächen kann jedoch dann nicht von der Steuerbefreiung ausgeschlossen werden, wenn sie mit der steuerfreien Vermietung von Grundstücken, die für einen anderen Gebrauch bestimmt sind, eng verbunden ist. Nach Randnr. 16 des EuGH-Urteils Henriksen in Slg. 1989, 2763, UR 1991, 42 ist das dann der Fall, wenn der Platz für das Abstellen von Fahrzeugen und das für einen anderen Gebrauch bestimmte Grundstück Teil ein und desselben Gebäudekomplexes sind und diese beiden Gegenstände von ein und demselben Vermieter an ein und denselben Mieter vermietet werden.
Der BFH hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Februar 2006 V B 175/04, BFH/NV 2006, 1169, und BFH-Urteil vom 30. März 2006 V R 52/05, BFHE 213, 253, BStBl II 2006, 731, unter II. 4.).
Das FA ging in dem angefochtenen Urteil von den Grundsätzen des EuGH-Urteils Henriksen in Slg. 1989, 2763, UR 1991, 42 aus. Es stützte seine Entscheidung u.a. auf die Umstände, dass überwiegend die Büroflächen bereits vermietet waren, bevor es zur Vermietung der Parkflächen kam und dass im Übrigen aus den Verträgen insgesamt ersichtlich war, dass die Mieter der Büros nicht im selben Umfang Parkplätze anmieteten.
2. Ob die Würdigung der Gesamtumstände anhand der EuGH-Grundsätze auch zu einem anderen Ergebnis (etwa im Sinne des FA) hätte führen können, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Februar 1998 V B 49/97, BFH/NV 1998, 1107).
Ende der Entscheidung
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