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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 24.05.2006
Aktenzeichen: V B 120/05
Rechtsgebiete: FGO, UStG 1999


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
UStG 1999 § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Im Klageverfahren war streitig, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) im Streitjahr 1999 einen Betrag in Höhe von 1 Mio. DM dafür erhalten hat, dass er sich erfolgreich dafür eingesetzt hatte, seinen Arbeitgeber, die N-GmbH, zur Anmietung eines Bürogebäudes zu bewegen, sowie für die Bereitschaft, auch in Zukunft in vergleichbarer Weise mit dem Geldgeber zusammenzuarbeiten. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erfasste diesen Betrag im Umsatzsteuerbescheid für 1999.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es führte im Wesentlichen aus, ein Arbeitnehmer, der von dritter Seite Bestechungsgelder erhalte, um bestimmte Entscheidungen seines Arbeitgebers im Sinne des Dritten zu beeinflussen, werde insoweit selbstständig tätig. Das FG war der Auffassung, der Kläger habe diesen Betrag für bereits erbrachte Leistungen, die Anmietung des Bürogebäudes, erhalten. Der Annahme eines Leistungsaustausches stehe nicht entgegen, dass der Leistende sich erst nach Erbringung einer Leistung dazu bereit erkläre, hierfür ein Entgelt anzunehmen. Unerheblich sei deshalb, wenn dem Kläger die Zahlung erst zu einem Zeitpunkt in Aussicht gestellt worden sei, als der Mietvertrag bereits endgültig ausgehandelt gewesen sei. An einem Leistungsaustausch fehle es auch nicht, soweit der Betrag für die Bereitschaft des Klägers gezahlt worden sei, auch in Zukunft in vergleichbarer Weise zusammenzuarbeiten. In Einzelfällen könne bereits die Leistungsbereitschaft --wie hier-- selbst Gegenstand der Leistung sein. Der Kläger habe den Betrag erhalten; denn der sei auf ein treuhänderisch für den Kläger geführtes Konto eingezahlt worden. Bestätigt werde dies u.a. durch die Aufhebungsvereinbarung vom 30. Mai 2000 mit seinem Arbeitgeber, wonach der Kläger den Wert des auf dem Treuhandkonto angelegten Geldes an den Arbeitgeber übertragen müsse.

Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Verfahrensmängel hat der Kläger entweder nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise begründet oder sie liegen nicht vor.

Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die erforderliche Darlegung (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) eines Verfahrensmangels verlangt eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben, und den schlüssigen Vortrag, inwiefern das angegriffene Urteil ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. September 2003 XI B 220/02, BFH/NV 2004, 345, m.w.N.).

1. Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, er habe nur Leistungen gegenüber seinem Arbeitgeber erbracht. Das FG habe zu Unrecht eine umsatzsteuerbare Leistung gegenüber Dritten angenommen. Hätte er, der Kläger, das Angebot zur Zahlung von 1 Mio. DM seinem Arbeitgeber offen gelegt und den Geldbetrag, wenn er ihn erhalten hätte, an den Arbeitgeber weitergeleitet, läge eindeutig (nur) eine Leistung des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber vor. Steuerrechtlich könne sich nichts anderes ergeben, wenn er dieses Angebot dem Arbeitgeber nicht offenlege. Hätte das FG ihn darauf hingewiesen, dass es einen umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch für eine bereits erbrachte Leistung annehmen werde, hätte er durch Stellung von Beweisanträgen für eine entsprechende Sachverhaltsaufklärung in seinem Sinn sorgen können. Das FG gehe von einem falschen Sachverhalt aus.

Soweit der Kläger damit die Beweiswürdigung des FG angreift, legt er mit diesem Vorbringen keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, denn die Grundsätze der Beweiswürdigung sind dem materiellen Recht zuzuordnen (vgl. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz. 82 f.; BFH-Beschluss vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476, m.w.N.). Gleiches gilt, soweit der Kläger meint, das FG sei aufgrund der Beweiswürdigung zu Unrecht davon ausgegangen, dass er den streitigen Betrag erhalten habe.

2. Auch die vom Kläger erhobene Sachaufklärungsrüge (vgl. § 76 Abs. 1 FGO) genügt nicht den gesetzlichen Voraussetzungen.

a) Wird --wie im Streitfall-- ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht mit der Begründung geltend gemacht, das FG hätte auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, so muss der Beschwerdeführer unter anderem substantiiert vortragen, welche konkreten Tatsachen das FG hätte aufklären und welche Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen. Wenn er --wie hier der Kläger-- durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war, muss er darlegen, warum er nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge gestellt hat und sich die Beweiserhebung dem FG auch ohne besonderen Antrag als erforderlich hätte aufdrängen müssen und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme --auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Außerdem muss vorgetragen werden, weshalb die Nichterhebung des Beweises nicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gerügt wurde bzw. weshalb eine solche Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom 31. Januar 1989 VII B 162/88, BFHE 155, 498, BStBl II 1989, 372, und vom 17. November 1997 VIII B 12/97, BFH/NV 1998, 608).

b) Die Beschwerdebegründung erfüllt diese Erfordernisse nicht. Insbesondere fehlt es an dem Vortrag, weshalb der Kläger selbst keine Beweisanträge gestellt hat. Der Vortrag, er hätte "durch die Stellung von Beweisanträgen für eine entsprechende Sachverhaltsaufklärung in seinem Sinne sorgen können", wenn das FG ihn rechtzeitig darauf hingewiesen hätte, dass "es einen umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausch für eine erbrachte Leistung annehmen würde", genügt diesen Anforderungen u.a. auch deshalb nicht, weil die richterliche Hinweispflicht i.S. des § 76 Abs. 2 FGO --deren Verletzung der Kläger in diesem Zusammenhang rügt-- nicht die Verpflichtung des Gerichts umfasst, die einzelnen für die Entscheidung erheblichen (rechtlichen oder tatsächlichen) Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten (BFH-Beschlüsse vom 14. Juni 1999 I B 127/98, BFH/NV 1999, 1609; vom 6. Mai 2004 I B 143/03, juris, jeweils m.w.N.). Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen ein Beteiligter --wie hier der Kläger-- fachkundig vertreten war. Des Weiteren hat der Kläger nicht vorgetragen, dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem FG die Nichtanhörung von Zeugen gerügt hat; entsprechendes ergibt sich auch nicht aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung. Es ist auch nicht ersichtlich, warum dem Kläger eine solche Rüge nicht möglich gewesen sein soll.

Gleiches gilt, soweit der Kläger rügt, das FG hätte zur Frage, ob er den streitigen Betrag erhalten habe, "die beteiligten Personen ohne Probleme laden und vernehmen können".

c) Auch der Vorwurf, das FG habe seine Entscheidung auf protokollierte Aussagen gestützt, ohne die betreffenden Personen in der mündlichen Verhandlung als Zeugen zu vernehmen, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn auch der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 81 Abs. 1 FGO) ist eine Verfahrensvorschrift, auf deren Einhaltung ein Beteiligter --ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge-- verzichten kann (z.B. BFH-Beschlüsse vom 25. November 1992 II B 169/91, BFH/NV 1993, 258; vom 14. Januar 2002 IX B 115/01, BFH/NV 2002, 667; Gräber/Ruban, FGO, 6. Aufl., § 115 Rz. 101). Die Beschwerdebegründung erschöpft sich vielmehr im Kern in der Kritik, dass das FG den Sachverhalt unzutreffend gewürdigt habe.

3. Ohne Erfolg rügt der Kläger des Weiteren die Verletzung rechtlichen Gehörs. Insoweit beschränkt sich die Beschwerdebegründung auf den nicht näher substantiierten Hinweis, "schon das beklagte Finanzamt ging davon aus, einen Leistungsaustausch allenfalls in einer Bereitschaft des Klägers für zukünftiges Handeln zu sehen". Wenn "das FG nunmehr angebliches Handeln in der Vergangenheit als Leistungsaustausch ansieht, verstößt (dies) gegen das Verbot einer Überraschungsentscheidung". Das genügt nicht. Im Übrigen hat das FG die Voraussetzungen eines entgeltlichen Leistungsaustausches i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999 ausdrücklich auch bejaht, soweit die Zahlung die Bereitschaft des Klägers zu weiterer zukünftiger Zusammenarbeit mit den Zahlenden habe abgelten sollen. Auf dem angeblichen Verfahrensmangel könnte die Entscheidung deshalb nicht beruhen.

4. Soweit der Kläger rügt, das FG hätte sich mit der Frage des Leistungsortes befassen müssen, rügt er einen materiell-rechtlichen Fehler, der nicht zur Zulassung der Revision führen kann, wenn nicht einer der in § 115 Abs. 2 FGO bezeichneten Zulassungsgründe schlüssig geltend gemacht wird und vorliegt. Daran fehlt es hier.

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