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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 10.12.1999
Aktenzeichen: V B 120/99
Rechtsgebiete: FGO, ZPO
Vorschriften:
FGO § 142 Abs. 1 | |
ZPO § 116 Satz 1 Nr. 2 | |
ZPO § 114 Satz 1 |
Gründe
I. Die Klägerin, Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) --eine GmbH i.L.-- erhob am 31. Juli 1998 wegen Umsatzsteuer 1993 Klage und beantragte für dieses Verfahren am 2. Februar 1999 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH). Das Finanzgericht (FG) lehnte diesen Antrag ab mit der Begründung, für das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 116 Satz 1 Nr. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO), dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde, habe weder die Klägerin etwas dargetan noch ergäben sich dafür aus dem Akteninhalt Anhaltspunkte. Allgemeines Interesse folge nicht daraus, dass mit dem Beklagten (Finanzamt --FA--) konkurrierende Gläubiger ebenfalls Forderungen gegen die Klägerin erheben würden. Die Klägerin verkenne, dass die streitige Umsatzsteuer (mangels anderer Anhaltspunkte: Differenz zwischen vorangemeldeter und festgesetzter Steuer) bisher nach Aktenlage nicht beigetrieben worden sei, so dass ein Obsiegen der Klägerin nicht zu einer Vergrößerung der Masse führen würde.
Mit der Beschwerde gegen die Ablehnung macht die Klägerin geltend: Sie habe im Antragsverfahren dargetan, dass ausweislich der vorgelegten Gläubigerliste derzeit noch 132 Lieferantenforderungen mit einem Gesamtwert von ca. 1,5 Mio. DM bestmöglich zu erfüllen seien. Im Fall ihres Unterliegens vor dem FG würde sich die Masseschuld um den Differenzbetrag zwischen festgesetzter und zutreffend ermittelter vorangemeldeter Steuer --einem Betrag in Höhe von 187 385,33 DM-- erhöhen. Sie habe durch ihren Liquidator dafür Sorge zu tragen, dass abwendbare Forderungen tatsächlich auch abgewendet würden, um eine bestmögliche Befriedigung der Lieferantengläubiger zu gewährleisten und Schaden von der Masse abzuwenden. Entgegen den Ausführungen des FG gehe es gerade nicht darum, Beträge für die Masse beizutreiben, sondern ernstlich drohende --für unberechtigt gehaltene-- Forderungen abzuwenden. Eine Gläubigerkonkurrenz sei hier nicht auszumachen. Vielmehr habe sie, die Klägerin, aus Sorge um fremde Vermögenswerte zu besorgen, dass anderweitige berechtigte Gläubigerforderungen nicht bzw. ggf. erst durch gerichtliche Entscheidungen belastet würden.
Das FA tritt der Beschwerde entgegen.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. den sinngemäß geltenden Vorschriften der ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 Satz 1 ZPO). Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO erhält dagegen eine inländische juristische Person nur dann PKH, wenn die Kosten weder von ihr noch von dem am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
Das FG hat die Ablehnung des Antrags allein darauf gestützt, dass die letztgenannte Voraussetzung nicht erfüllt sei. Die Entscheidung ist nicht zu beanstanden. Die Unterlassung der Rechtsverfolgung würde allgemeinen Interessen nur zuwiderlaufen, wenn außer den an der Führung des Prozesses wirtschaftlich Beteiligten ein erheblicher Personenkreis durch die Unterlassung der Rechtsverfolgung in Mitleidenschaft gezogen werden kann (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. April 1997 V S 6/97, BFH/NV 1998, 77, m.N.). Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zwar in einem Beschluss vom 24. Oktober 1990 VIII ZR 87/90 (Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht --WM IV-- 1991, 32) ausgeführt, die Unterlassung der Rechtsverfolgung laufe allgemeinen Interessen auch dann zuwider, wenn der wirtschaftliche Gegenwert einer Forderung, deren Realisierung die Befriedigung einer größeren Zahl von Gläubigern des Forderungsinhabers ermöglichen würde, deren Interesse an der Durchsetzung der Forderung sich aber nur mit Schwierigkeiten bündeln ließe, beim Schuldner verbliebe. Dem lag der Fall zugrunde, dass eine GmbH i.L. eine Kaufpreisforderung in Höhe von 70 844,54 DM nebst Zinsen gerichtlich geltend gemacht und zugesprochen erhalten hatte. Die GmbH hatte PKH für dieses Verfahren beantragt unter Hinweis darauf, dass mit dem Kaufpreis insgesamt 27 Gläubiger mit Forderungen von zusammen über 52 000 DM befriedigt werden sollten. Der BGH bestätigte die Vorentscheidung, die die Bewilligung von PKH ausgesprochen hatte.
Damit ist der Streitfall nicht vergleichbar. Das FG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass mit der Klage gegen das FA nicht etwa die Rückzahlung einer bereits beigetriebenen Forderung erreicht werden könnte, also eine Vergrößerung der Masse erreicht würde; es bleibe im Ergebnis beim Zustand der Vermögenslosigkeit der Klägerin. Daraus folgt, dass zu verteilende Beträge nicht erreicht würden. Die Befriedigung einer größeren Zahl von Gläubigern der Klägerin würde nicht ermöglicht.
Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen.
Ende der Entscheidung
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