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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 13.12.2000
Aktenzeichen: V B 190/00
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977, BGB, BFHEntlG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
AO 1977 § 129
AO 1977 §§ 169 ff.
BGB § 121
BGB § 119
BGB § 812
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erklärte in seiner am 27. Dezember 1989 bei dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) eingegangenen Umsatzsteuererklärung für 1987 einen Überschuss zu seinen Gunsten in Höhe von 7 030 DM aufgrund steuerfreier Umsätze von 94 655 DM und abziehbarer Vorsteuerbeträge von 7 030 DM. Aufgrund dieser Steuererklärung rechnete das FA die vom Kläger angemeldete Umsatzsteuer von ./. 7 030 DM mit 36 006,40 DM bereits erstatteter Umsatzsteuer ab und ermittelte eine noch an die Finanzkasse zu entrichtende Steuer von 28 976,40 DM. In dem Abrechnungsvordruck wies das FA darauf hin, dass ein Umsatzsteuerbescheid nur erteilt werde, wenn die Umsatzsteuer abweichend von der selbstberechneten Steuer festzusetzen sei.

Mit Schriftsatz vom 12. November 1998 teilte der Kläger dem FA mit, dass er in der Umsatzsteuererklärung für 1987 den gesamten Umsatzsteuererstattungsbetrag von 94 655 DM für die Monate März bis Dezember als (steuerfreien) Umsatz eingetragen habe. Er beantragte Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für 1987 nach § 129 der Abgabenordnung (AO 1977). Er begehrte außerdem Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erklärte die Anfechtung seiner Umsatzsteuererklärung unter Hinweis darauf, dass auch verwaltungsrechtliche Willenserklärungen nach §§ 121, 119 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) anfechtbar seien.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. In dem angefochtenen Urteil des Finanzgerichts (FG) wird zur Begründung der Klageabweisung dargelegt, dass die Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer 1987 mit Ablauf des Kalenderjahres 1993 abgelaufen sei und dass eine Steuerfestsetzung nach diesem Zeitpunkt nicht mehr geändert werden könne. Eine Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist durch den Änderungsantrag im Schriftsatz vom 12. November 1998 sei nicht eingetreten, weil der Antrag nicht vor dem Ablauf dieser Frist gestellt worden sei. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht gegeben.

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angefochtenen Urteil begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu entscheiden sei, ob die Fristenregelung der Abgabenordnung gegenüber den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches Vorrang habe und ob ein Vorrang nicht sowohl gegen das Grundgesetz (GG) als auch gegen das Recht der Europäischen Gemeinschaft verstoße.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision gegen die Vorentscheidung zuzulassen.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO) innerhalb der dafür bestimmten Frist von einem Monat nach Zustellung des Urteils (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) nicht ordnungsgemäß dargelegt.

Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) verlangt § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung eine bestimmte --abstrakte-- klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausstellt. Er muss darlegen, weshalb es in dem angestrebten Revisionsverfahren auf die Klärung der hervorgehobenen Rechtsfrage ankommt (Klärungsbedürftigkeit) und dass dem Revisionsgericht eine Klärung möglich ist (Klärbarkeit).

Diesen formellen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. In der Beschwerdebegründung hat der Kläger keine abstrakte klärungsbedürftige Rechtsfrage hervorgehoben, wenn er eine Klärung begehrt, "ob die Fristenregelungen der AO gegenüber den Regelungen des BGB" Vorrang haben.

Falls der Kläger damit die Regelungen über die Festsetzungsfrist in den §§ 169 ff. AO 1977 meint, wird nicht klar, gegenüber welchen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches ein solcher Vorrang geprüft werden soll und weshalb sich eine Beantwortung nicht bereits aus dem Gesetz selbst ergibt, so dass eine Klärungsbedürftigkeit nicht besteht.

Es ergibt sich eindeutig aus den unterschiedlichen Regelungsbereichen, dass die nur für das Steuerrecht geschaffenen Vorschriften über die Festsetzungsfrist nicht von Verjährungsfristen des Bürgerlichen Gesetzbuches berührt werden. Das folgt bereits aus den unterschiedlichen Wirkungen. Der Ablauf der Festsetzungsfrist führt zum Erlöschen des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 47 AO 1977), während die Vollendung der Verjährung den Verpflichteten lediglich berechtigt, die Leistung zu verweigern (§ 222 Abs. 1 BGB). Nach Ablauf der Festsetzungsfrist darf kein Bescheid, auch kein Änderungsbescheid, mehr ergehen (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 169 AO 1977 Rz. 35).

Ein Klärungsbedarf für die vom Kläger geltend gemachten Anfechtungsrechte nach § 119 BGB ergibt sich außerdem deshalb nicht, weil die Erklärung von hier im Streit befindlichen Besteuerungsgrundlagen auf Wissenserklärungen und nicht auf Willenserklärungen beruht (vgl. Bundesfinanzhof --BFH--, Urteil vom 8. Juli 1983 VI R 80/81, BFHE 139, 158, BStBl II 1984, 13).

Der Kläger, der meint einen Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB gegen das FA zu haben, hat insoweit auch nicht dargelegt, ob in dem angestrebten Revisionsverfahren klärbar wäre, dass ein solcher Anspruch besteht. Dazu wären Ausführungen notwendig gewesen, ob über einen solchen Anspruch im finanzgerichtlichen Verfahren (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 FGO) entschieden werden und ob und wie er in dem beanspruchten Umsatzsteueränderungsbescheid für 1987 hätte festgesetzt werden sollen.

Die übrigen Ausführungen des Klägers (Verstoß gegen Treu und Glauben, Übermaßverbot, Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz) genügen den Anforderungen an eine Nichtzulassungsbeschwerde schon deshalb nicht, weil sie sich nur gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils wenden. Damit kann aber nicht bereits die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargetan werden.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.



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