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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.06.2006
Aktenzeichen: V B 193/05
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 6
FGO § 6 Abs. 1
FGO § 6 Abs. 4 Satz 1
FGO § 76 Abs. 1 Satz 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 119 Nr. 1
FGO § 124 Abs. 2
FGO § 155
ZPO § 329 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig, weil teils die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen, teils ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.

1. Keinen Erfolg hat die Rüge der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), das Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil ihr der Beschluss, mit dem der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen worden sei, nicht bekannt gegeben worden sei.

a) Gesetzlicher Richter ist auch der Einzelrichter, dem der Senat den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 FGO zur Entscheidung übertragen hat (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Dezember 1997 IX R 22/95, BFH/NV 1998, 720, m.w.N.). Der Beschluss betreffend die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter gemäß § 6 Abs. 1 FGO ist unanfechtbar (§ 6 Abs. 4 FGO) und braucht deshalb den Beteiligten nicht zugestellt zu werden (vgl. § 53 Abs. 1 FGO). Er wird auch dadurch wirksam, dass er den Beteiligten formlos bekannt gegeben wird (§ 155 FGO i.V.m. § 329 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung --ZPO--; z.B. BFH-Beschluss vom 10. August 1994 II R 29/94, BFHE 175, 19, BStBl II 1994, 862, m.w.N.). Dass im Streitfall der Rechtsstreit mit Beschluss vom 6. August 2003 auf den Einzelrichter übertragen worden ist, war der Klägerin spätestens seit ihrer Einsichtnahme in die Akten am 18. September 2003 bekannt und darüber hinaus durch die Ladung des Einzelrichters vom 8. Januar 2004 zur mündlichen Verhandlung am 29. Januar 2004 (der Klägerin zugestellt am 10. Januar 2004) bekannt geworden; das genügt.

b) Im Übrigen führt nicht jeder Fehler bei der Anwendung des § 6 FGO zu einer Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 119 Nr. 1 FGO. Nach ständiger Rechtsprechung kann, weil gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 FGO der Übertragungsbeschluss unanfechtbar und damit nach § 124 Abs. 2 FGO grundsätzlich vom Revisionsgericht nicht zu überprüfen ist (z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. April 1996 VI R 105/95, BFH/NV 1996, 767; in BFH/NV 1998, 720, m.w.N.), eine Besetzungsrüge nur ausnahmsweise Erfolg haben, wenn die Übertragung bei verständiger Würdigung nicht mehr nachvollziehbar erscheint und offensichtlich unhaltbar, also sich als "greifbar gesetzwidrig" erweist (z.B. BFH-Beschlüsse vom 19. Januar 1994 II R 69/93, BFH/NV 1994, 725; vom 29. Mai 1996 IV R 26/95, BFH/NV 1996, 908; in BFH/NV 1998, 720, m.w.N.). Ein lediglich die Bekanntgabe und deren Zeitpunkt betreffender --hier als solcher unterstellter-- Mangel stellt die Gewährleistung des gesetzlichen Richters mangels objektiver Willkür und mangels jeglicher Manipulationsabsicht jedoch auf keinen Fall infrage (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15. Oktober 2001 8 B 104/01, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2002, 658).

c) Auch der Einwand der Klägerin, nach der Übertragung auf den Einzelrichter sei ein anderer Senat zuständig geworden, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.

Ist der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen worden, ist dieser mit allen Folgen der zuständige Spruchkörper für dieses Verfahren, selbst noch im Falle einer Zurückverweisung durch das Revisionsgericht (BFH-Urteil vom 26. Oktober 1998 I R 22/98, BFHE 187, 206, BStBl II 1999, 60). Deshalb bleibt der Einzelrichter der zuständige Spruchkörper auch dann, wenn ein anderer Senat für das Verfahren zuständig wird (BFH-Beschluss vom 28. April 1998 VII R 102/97, BFHE 186, 5, BStBl II 1998, 544).

2. Soweit die Klägerin beanstandet, das Finanzgericht (FG) habe Beweisanträge übergangen, genügt die Beschwerdebegründung nicht den Erfordernissen einer substantiierten Sachaufklärungsrüge.

Die schlüssige Verfahrensrüge setzt in diesem Fall nach ständiger Rechtsprechung des BFH u.a. substantiierte Angaben darüber voraus, inwiefern das angefochtene FG-Urteil --ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts-- auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen könne und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre (vgl. dazu die Nachweise aus der Rechtsprechung des BFH bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 120 Rz. 69).

Daran fehlt es. Die Klägerin hat nicht substantiiert vorgetragen, was das Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre, denn die nicht weiter erläuterte Behauptung, das FG hätte dann nicht davon ausgehen können, dass ihre Tätigkeit überwiegend von Z aus erfolgte und "der Beklagte hiervon auch gewusst hat", reicht deswegen nicht, weil sie damit lediglich das --nach Ansicht der Klägerin-- mutmaßliche Ergebnis der dem FG obliegenden Beweiswürdigung, nicht aber das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme dargelegt hat.

3. Die von der Klägerin gerügte Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das Gericht (§ 76 FGO) liegt nicht vor.

Der Amtsermittlungsgrundsatz wird durch die Mitwirkungspflichten der Beteiligten nach § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO begrenzt, die im finanzgerichtlichen Verfahren eine Mitverantwortung für die Sachaufklärung trifft. Für die klagende Partei gilt dies in besonderer Weise bezüglich der ihrem Einflussbereich oder zumindest ihrem Wissensbereich zuzurechnenden Tatsachen (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2000 VIII R 36/99, BFH/NV 2001, 789, 790, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 28. November 2003 III B 7/03, BFH/NV 2004, 645). Das FG hat durch die Aufklärungsanordnung vom 14. September 2005 die Klägerin zur Vorlage von konkret bezeichneten, ihren Einfluss- und Wissensbereich betreffenden Unterlagen aufgefordert und damit eine Maßnahme zur Aufklärung des streitigen Sachverhalts unternommen. Dass das FG erhebliches Vorbringen der Klägerin unter Hinweis auf die --ihrer Meinung nach unzulässige-- Fristsetzung zurückgewiesen hätte, hat sie nicht vorgetragen.

4. Soweit die Klägerin geltend macht, das FG habe die Aussage der Prüferin nicht zutreffend berücksichtigt, wendet sie sich gegen die Beweiswürdigung. Mit diesem Vorbringen legt sie keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, denn die Grundsätze der Beweiswürdigung sind dem materiellen Recht zuzuordnen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., 6. Aufl., § 115 Rz. 82 f.). Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476, m.w.N.).

5. Mit dem Vortrag, das angefochtene Urteil stehe nicht in Einklang mit zwei BFH-Urteilen zur Anordnung von Betriebsprüfungen und sei deshalb "willkürlich und greifbar gesetzwidrig", rügt die Klägerin sinngemäß, das FG sei von der Rechtsprechung des BFH abgewichen. Insoweit genügt die Beschwerde nicht den Darlegungsanforderungen für eine schlüssige Divergenzrüge (vgl. hierzu z.B. BFH-Beschluss vom 12. Juli 2002 XI B 152/01, BFH/NV 2002, 1484; Gräber/Ruban, a.a.O., 6. Aufl., § 116 Rz. 42). Anhaltspunkte dafür, dass das Urteil "willkürlich und greifbar gesetzwidrig" ist, liegen nicht vor.

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