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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 09.07.2003
Aktenzeichen: V B 201/02
Rechtsgebiete: BGB, FGO, UStG


Vorschriften:

BGB § 652
FGO § 73 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
UStG § 4 Nr. 8 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
V B 200/02 V B 201/02

Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) warb in den Streitjahren 1995 bis 2000 im Auftrag der S-GmbH Kunden, die ihrerseits ein Finanzprodukt erwarben, das aus verschiedenen Versicherungen und Kreditverträgen besteht. Das Finanzprodukt sollte dem Anleger eine lebenslange Rente verschaffen, ohne dass er bei Abschluss des Rentenvertrags Eigenkapital aufzubringen hatte. Hierfür erhielt die Klägerin von der S-GmbH eine vertraglich vereinbarte Vermittlungsprovision.

Gleichzeitig schloss die Klägerin mit den Anlegern sog. Abwicklungs- und Informationsverträge. Hierfür erhielt die Klägerin ebenfalls Honorare, die insbesondere die Erarbeitung eines Finanzierungskonzepts und die damit zusammenhängenden Leistungen abgelten sollte (Finanzierungshonorare).

Die S-GmbH vermittelte für die Anleger sowohl den Rentenabschluss als auch die Finanzierung durch Bankdarlehen.

Die Klägerin behandelte sowohl die Vermittlungsprovisionen der S-GmbH als auch die Finanzierungshonorare der Anleger als Entgelte für steuerfreie Leistungen.

Demgegenüber besteuerte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Finanzierungshonorare im Anschluss an eine Betriebsprüfung.

Die Einsprüche und die anschließenden Klagen gegen die Umsatzsteuerbescheide hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) lehnte eine steuerfreie Kreditvermittlung mit folgender Begründung ab:

"Nach § 4 Nr. 8 a UStG ist u. a. die Vermittlung von Krediten steuerfrei. Der Begriff der Vermittlung ist im Umsatzsteuergesetz nicht definiert. Seine Auslegung deckt sich jedoch mit der Verwendung des Begriffs im bürgerlichen Recht. Vermitteln i. S. des § 652 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verlangt ein Verhandeln mit beiden Vertragsparteien, also mit dem Auftraggeber und dem Dritten. Als Vermitteln kann also nicht angesehen werden, wenn jemand nur irgendeine Bedingung für den Abschluss des Vertrags setzt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Vermittler Verbindungen zum Dritten aufnimmt und auf diesen einwirkt, einen Vertrag mit dem Auftraggeber zu schließen. (BFH-Urteil vom 26.01.1995 V R 9/93, a. a. O. m. w. N.). Wer hingegen lediglich unterstützende Dienstleistungen für den eigentlichen Kreditvermittler erbringt oder diesem bei dessen Kreditvermittlung hilft, ohne selbst als Vermittler aufzutreten, erbringt gegenüber dem eigentlichen Leistungsempfänger, dem Vermittler, keine steuerfreie Kreditvermittlungsleistung, sondern eine andere sonstige Leistung, die mangels Eingreifens anderer Befreiungsvorschriften steuerpflichtig ist. Die Kredite selbst vermittelt in diesem Fall nur der an die künftigen Vertragspartner leistende Vermittler (BFH-Urteil vom 26.01.1995 V R 9/93 a. a. O.).

Danach hat die Klägerin im vorliegenden Falle keine steuerfreie Kreditvermittlung ausgeführt. Zwar könnte man den § 1 des Abwicklungs- und Informationsvertrages grundsätzlich dahingehend auslegen, dass die Klägerin gegenüber den jeweiligen Versicherungsnehmern bzw. Vertragspartnern kreditvermittelnd tätig wird. Denn als Vertragszweck wurde dort vereinbart, dass die Klägerin mit Unterstützung des Auftraggebers die Erarbeitung des Finanzierungskonzeptes, insbesondere im Hinblick auf die Finanzierungsdauer, Zinsfestschreibung, Auswahl der Finanzierungsgewährung sowie die Zusammenstellung der notwendigen Bonitätsunterlagen und die Beibringung weiterer, nachträglich von der Bank verlangter Unterlagen, die Abstimmung dieser Bonitätsunterlagen mit der Bank und die erfolgte Besprechung mit Erläuterung der vertraglichen Vereinbarung mit der Bank sowie Betreuung über die Laufzeit bezüglich aller im Zusammenhang mit o. g. Tätigkeiten stehenden Fragen vornimmt. Allerdings ergibt sich hieraus in der Hauptsache eine Beratungs- und Betreuungspflicht. Der Kredit selber wird jedoch nicht von der Klägerin vermittelt, sondern von der T-GmbH, welche mit der S...-GmbH zusammenarbeitet und im Besitz der Ehefrau von S... ist. Die eigentliche Bearbeitung der Kreditanträge und die Verhandlungen mit der Bank werden von der S...-GmbH geführt, wie sich aus dem bei den BP-Akten befindlichen Schema "Leistungsaustausch ..." ergibt."

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit den vorliegenden Beschwerden, die sie auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt. Die Klägerin meint, die Ausführungen des FG stünden im Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH). Die Rechtsprechung des EuGH sei ausschlaggebend, da § 4 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1993 und 1999 (UStG) Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) umsetze. Mithin dürfe die Auslegung des Begriffs der Vermittlung nicht nach nationalem Recht, sondern nur nach EG-Recht erfolgen. Wie der EuGH in seinem Urteil vom 5. Juni 1997 Rs. C-2/95 --SDC-- (Slg. 1997, I-3017, Internationales Steuerrecht --IStR-- 1997, 397, Rdnr. 63, 115) zu den Befreiungstatbeständen des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 bis 5 der Richtlinie 77/388/EWG (Steuerbefreiung von Umsätzen, die den Zahlungs- und Überweisungsverkehr mit Forderungen, Banknoten, Wertpapieren u.Ä. zum Gegenstand hätten) erkannt habe, seien die dort erwähnten Umsätze "durch die Art der erbrachten Dienstleistung und nicht durch den Erbringer oder Empfänger der Leistung definiert". Dementsprechend komme es nicht darauf an, wer die Leistungen ausführe. Entscheidend sei vielmehr, welche Arten von Tätigkeiten ausgeführt würden. Folglich sei es nach Ansicht des EuGH nicht erforderlich, dass die steuerbefreiten Leistungen von nur einer Person gegenüber den Leistungsempfängern erbracht würden. Auch das Zwischenschalten anderer Personen in der Leistungskette stehe der Steuerbefreiung nicht entgegen (EuGH-Urteil in Slg. 1997, I-3017, IStR 1997, 397 Rdnr. 111). Diese Feststellungen des EuGH müssten in gleicher Weise für die Auslegung des Befreiungstatbestands nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG gelten. Folglich würden bei entsprechender Anwendung der EuGH-Grundsätze mit dem Tatbestandsmerkmal "vermitteln" solche Handlungen erfasst, die dazu führen, dass ein Kreditvertrag zustande kommt. Bei Anwendung der EuGH-Grundsätze hätte das FG zu dem Schluss kommen müssen, dass auch eine Tätigkeit als Untervermittler die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG erfülle, so dass die fraglichen Umsätze der Klägerin gegenüber den Anlegern als umsatzsteuerfrei hätten behandelt werden müssen.

II. 1. Die Verbindung der Beschwerdeverfahren beruht auf § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO.

2. Die Beschwerden haben keinen Erfolg.

Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Die Nichtzulassung kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). Die Beschwerde ist zu begründen; in der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 FGO).

Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die von der Klägerin behauptete Abweichung der Vorentscheidung von der Rechtsprechung des EuGH liegt nicht vor.

Der Klägerin dürfte zwar einzuräumen sein, dass der Begriff "Vermittlung" in § 4 Nr. 8 UStG richtlinienkonform auszulegen ist und die Aussage in der Vorentscheidung und in dem dort in Bezug genommenen BFH-Urteil vom 26. Januar 1995 V R 9/93 (BFHE 177, 161, BStBl II 1995, 427), maßgebend sei der Vermittlungsbegriff des § 652 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, so nicht aufrechterhalten werden kann.

Dies besagt aber nichts über den Inhalt des Begriffes "Vermittlung".

Das von der Klägerin in diesem Zusammenhang zitierte Urteil des EuGH in Slg. 1997, I-3017 beschäftigt sich mit dem Begriff "Vermittlung" in Art. 13 Teil B Buchst. d Richtlinie 77/388/EWG nicht. Einschlägig ist vielmehr das EuGH-Urteil vom 13. Dezember 2001 Rs. C-235/00 --CSC Financial Services Ltd.-- (Slg. 2001, I-10237, IStR 2002, 55), das den Ausdruck "Vermittlung, die sich auf Wertpapiere bezieht" in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Richtlinie 77/388/EWG näher eingrenzt. Mit diesem Urteil setzt sich die Klägerin jedoch in der Beschwerdeschrift nicht auseinander. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich deshalb nicht, dass die tragenden Rechtssätze der Vorentscheidung von der Rechtsprechung des EuGH abweichen.

Ende der Entscheidung

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