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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 10.12.2002
Aktenzeichen: V B 263/02
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betreibt als Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Rechtsanwaltspraxis. Die Räumlichkeiten sind von einem der Gesellschafter A angemietet.

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) hat die Klägerin für die Räumlichkeiten des Anwaltsbüros einen Wärmelieferungsvertrag mit den Stadtwerken abgeschlossen.

Im Anschluss an eine Außenprüfung versagte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Vorsteuerabzug für die Wärmelieferungen der Stadtwerke mit der Begründung, dass die an Herrn A adressierten Rechnungen die Klägerin nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten.

Während des Klageverfahrens legte die Klägerin berichtigte Rechnungen der Stadtwerke vor, die nunmehr an das "Anwaltsbüro A und B" adressiert sind.

Das FG wies die Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1994 als unzulässig und die Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide 1995 bis 1998 als unbegründet ab. In den Entscheidungsgründen heißt es: "Die streitbefangenen Rechnungen sind an Herrn A und nicht an die Klägerin (GbR als Unternehmerin) gerichtet. Diese unzutreffende Bezeichnung des Leistungsempfängers ist lediglich dann nicht zu beanstanden, wenn aus dem übrigen Inhalt der Rechnung eindeutig und sofort erkennbar hervorgeht, wer Rechnungsempfänger sein soll (vgl. Abschn. 192 Abs. 17 UStR). Hiervon ist vorliegend nicht auszugehen. Herr A hat eine Privatwohnung im Dachgeschoss des Gebäudes, in dem sich auch die Geschäftsräume der Klägerin befinden. Insofern ist auch unter Berücksichtigung der in der Rechnung angegebenen Verbrauchstelle 'X-Straße, Y' nicht eindeutig und sofort erkennbar, dass die Wärmelieferung für die Klägerin (und nicht für die Wohnung von Herrn A) bestimmt war. Dies lässt sich erst durch Abgleich der Kundennummern ermitteln, die in der Rechnung bzw. im zugrundeliegenden Wärmelieferungsvertrag genannt sind."

Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Beschwerde wegen der Streitjahre 1995 bis 1998.

Sie meint, die Rechtssache diene der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Die Vorentscheidung weiche von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ab, nach der jede Bezeichnung des Leistungsempfängers ausreichend sei, die eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung seines Namens und seiner Anschrift ermögliche.

Darüber hinaus liege auch ein Verfahrensfehler --nämlich die Verletzung rechtlichen Gehörs-- vor. Das FG habe angenommen, dass Herr A in den fraglichen Zeiträumen --also ab 1995-- in dem Haus Y, X-Straße, seine Wohnung gehabt habe. Tatsächlich sei dies erst seit 1997 der Fall gewesen, wie die Klägerin auch dezidiert vorgetragen habe. Die Unterstellung eines nicht vorgetragenen und tatsächlich nicht gegebenen Sachverhalts verletze sie (die Klägerin) in ihrem Recht auf Gehör.

II. Die Beschwerde ist begründet; der Senat hebt das angefochtene Urteil, soweit es die Streitjahre 1995 bis 1998 betrifft, gemäß § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf und weist den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Klägerin macht zutreffend geltend, ihr sei das rechtliche Gehör versagt worden. Dies ist ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, bei dem ein Urteil stets als auf Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen ist (§ 119 Nr. 3 FGO).

Die Klägerin hatte in der Klageschrift zur Wohnung im Dachgeschoss des Hauses X-Straße in Y vermerkt: "selbst genutzte Wohnung des Mitgesellschafters und Eigentümers A ab 1997". Die Vorentscheidung enthält diese zeitliche Einschränkung nicht, erweckt vielmehr den Eindruck, Herr A habe bereits in den Streitjahren 1995 und 1996 in dem Hause X-Straße in Y gewohnt. Jedenfalls wäre die Argumentation des FG für die Streitjahre 1995 und 1996 unverständlich, wenn es davon ausgegangen wäre, dass Rechtsanwalt A damals noch nicht in dem Hause wohnte. Hierin liegt eine unzulässige Überraschungsentscheidung, da das FG ohne ersichtlichen Grund von dem Sachvortrag der Klägerin abgewichen ist.

Ende der Entscheidung

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