Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.05.2008
Aktenzeichen: V B 28/07
Rechtsgebiete: FGO, AO


Vorschriften:

FGO § 73 Abs. 1 Satz 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
AO § 19
AO § 20
AO § 20a
AO § 21 Abs. 1
AO § 26 Satz 1
AO § 26 Abs. 1 Satz 1
AO § 48 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der in der Beschwerdebegründung erfolgten Anregung, das vorliegende Verfahren mit anderen beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Verfahren zu verbinden, wird nicht entsprochen. Soweit die anderen Verfahren nicht bereits durch Verwerfung oder Zurückweisung der Beschwerden erledigt und beim V. Senat anhängig sind, wäre eine Verbindung zwar in entsprechender Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässig, aber im Hinblick auf den Umfang der Beschwerdebegründungen nicht sachgerecht.

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Soweit das Vorbringen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) den gesetzlichen Begründungsanforderungen genügt, liegen die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht vor. Auf die Ausführungen in dem zwischen den Verfahrensbeteiligten ergangenen Senatsbeschluss vom 19. Mai 2008 zu V B 29/07 Abschn. II. A. 1. bis 4., 6., 7. und 9. bis 12. wird verwiesen. Die Besonderheiten des vorliegenden Falles geben zu folgenden Ergänzungen Anlass:

a) Unerheblich sind die Ausführungen der Klägerin zur Heranziehung der ehrenamtlichen Richter zu früheren Sitzungen des erkennenden Senats des Finanzgerichts --FG-- (vgl. BFH-Beschluss vom 8. März 1994 VII R 18/94, BFH/NV 1994, 879). Fehler bei der Heranziehung der ehrenamtlichen Richter in einer Sache führen nicht im Wege des sog. Domino-Effekts dazu, dass in den Folgeterminen in (allen) anderen Sachen der gesetzliche Richter nicht gewahrt ist (Urteil des Bundesarbeitsgerichts --BAG-- vom 7. Mai 1998 2 AZR 344/97, BAGE 88, 344, Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht 1998, 1301).

b) Hinsichtlich der Frage des Übergangs der Passivlegitimation des Beklagten und Beschwerdegegners (des für G zuständigen Finanzamts --FA--) auf das Finanzamt X während des finanzgerichtlichen Verfahrens weicht der vorliegende Sachverhalt vom Verfahren V B 29/07 insofern ab, als das von der Klägerin angeführte Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe vom 30. August 2001 (BGBl I 2001, 2267) und das von ihr ebenfalls zitierte Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 29. Oktober 2001 IV A 4 -S 0123- 31/01 (BStBl I 2001, 764) erst nach Klageerhebung erlassen wurden.

Die Passivlegitimation des FA bezüglich der Umsatzsteuer wurde durch diese Organisationsakte dennoch nicht verändert. Zwar wurde durch Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes vom 30. August 2001 der Einleitungssatz des § 1 Abs. 1 der Verordnung über die örtliche Zuständigkeit für die Umsatzsteuer im Ausland ansässiger Unternehmer (USt-ZuständigkeitsV) vom 21. Februar 1995 (BGBl I 1995, 225) geändert. Dass diese Änderung zu einem Übergang der Zuständigkeit für die Umsatzsteuer für 1992 und 1993 vom FA auf das Finanzamt X geführt habe, bringt die Klägerin nicht vor und ist auch nicht erkennbar. Die Klägerin meint vielmehr, dass das Finanzamt X bereits aufgrund der USt-ZuständigkeitsV, die nach ihrem § 2 am 1. März 1995 in Kraft getreten ist, für ihre Umsatzbesteuerung zuständig geworden sei.

Durch das Gesetz vom 30. August 2001 neu eingefügt wurde § 20a der Abgabenordung (AO). Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist abweichend von den §§ 19 und 20 AO für die Besteuerung von Unternehmen, die Bauleistungen i.S. von § 48 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes erbringen, das Finanzamt zuständig, das für die Besteuerung der entsprechenden Umsätze nach § 21 Abs. 1 AO zuständig ist, wenn der Unternehmer seinen Wohnsitz oder das Unternehmen seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz außerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes hat.

Aus § 26 Satz 1 AO ist indes zu entnehmen, dass bei Änderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände die Zuständigkeit in dem Zeitpunkt wechselt, in dem eine der betroffenen Finanzbehörden hiervon tatsächlich erfährt. Ein Kennenkönnen oder Kennenmüssen genügt für einen Zuständigkeitswechsel nach § 26 Abs. 1 Satz 1 AO nicht. Die Vorschrift verlangt aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität überschaubare, eindeutige Verhältnisse, damit Unsicherheiten vermieden werden, die zu Kompetenzstreitigkeiten führen. Die die Zuständigkeit ändernden Umstände müssen daher aus der Sicht der betroffenen Finanzämter zweifelsfrei feststehen (BFH-Beschluss vom 11. Oktober 2007 V B 68/07, BFH/NV 2008, 343).

An einer solchen klaren Sachlage fehlt es im Streitfall (vgl. bereits den zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ergangenen BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 343). Nach den Ausführungen des FG bedürfte es vielmehr für die Klärung der Zuständigkeit einer umfangreichen Beweisaufnahme. Dies steht im Einklang damit, dass die Klägerin zahlreiche Beweisanträge zur Zuständigkeitsfrage gestellt hat.

Die in der Beschwerdebegründung (S. ...) vorgetragene Verlegung des gesellschaftsvertraglichen Sitzes der Klägerin nach ... (Ausland) im Jahr 2002 hat die Passivlegitimation des FA schon deshalb nicht berührt, weil es sich dabei um einen Vorgang im Bereich der Klägerin handelt, der ohne Einfluss auf die Passivlegitimation bleibt (BFH-Urteil vom 17. April 1969 V R 5/66, BFHE 96, 89, BStBl II 1969, 593; BFH-Beschluss vom 25. November 1986 VIII R 200/82, BFH/NV 1987, 281).

Das Beschwerdeverfahren richtet sich danach entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht (Schriftsatz vom 10. Oktober 2007) zu Recht gegen das FA.

c) Der BFH hat im Übrigen bereits durch den Beschluss in BFH/NV 2008, 343 entschieden, dass das FG nicht verpflichtet war, das von der Klägerin beantragte selbständige Beweisverfahren durchzuführen. Das FG musste daher das Klageverfahren auch nicht bis zum Abschluss eines selbständigen Beweisverfahrens aussetzen.

2. Die Beschwerdebegründung entspricht hinsichtlich der übrigen Zulassungsgründe nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Auf die Ausführungen im Beschluss zu V B 29/07, Abschn. II. B. und C. wird verwiesen.

Ende der Entscheidung

Zurück