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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 27.08.1998
Aktenzeichen: V B 43/98
Rechtsgebiete: FGO, HGB, UStG
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 Satz 3 | |
HGB § 112 | |
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 |
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, die 1984 entstand. Sie befaßt sich mit der Vermittlung von Versicherungen, Wohnungsverkäufen, Vermietungen und Werbung sowie mit der Vermittlung von Sportlern. Ihre beiden zu 50 v.H. beteiligten Gesellschafter unterhielten vor der Gründung der Klägerin entsprechende Einzelunternehmen, die sie im gegenseitigen Einverständnis auch während und nach der Gründung der Klägerin bis zum 31. Dezember 1987 fortführten.
In einer Gesellschafterversammlung vom 20. Dezember 1985 faßten die Gesellschafter u.a. folgenden Beschluß:
"Die Gesellschaft verzichtet gegenüber ihren Gesellschafter-Geschäftsführern auf das Wettbewerbsverbot, d.h. die Gesellschafter-Geschäftsführer können Tätigkeiten außerhalb ihrer Geschäftstätigkeit bei der GmbH in jeder Branche, auch in der Branche der Gesellschaft ausüben. Für diesen Verzicht erhält die Gesellschaft von den geschäftsführenden Gesellschaftern eine Gegenleistung. Diese Gegenleistung bemißt sich nach dem Nettoumsatz (Umsatz ohne MWSt.) der auf eigene Rechnung durchgeführten Tätigkeiten der Geschäftsführer, und zwar in Höhe von 3 % des Nettoumsatzes." Die Gegenleistung wurde in Form eines Gehaltsverzichts bei der Bemessung der Gesellschafter-Ge- schäftsführerbezüge in Höhe von zunächst ... DM und ab 2. Januar 1987 in Höhe von ... DM monatlich je Gesellschafter durchgeführt.
Nach einer Betriebsprüfung für die Streitjahre 1986 und 1987 beurteilte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Verzicht der Klägerin auf Durchführung des Wettbewerbsverbots als sonstige Leistung der Klägerin gegen Entgelt und setzte dementsprechend Umsatzsteuer fest.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren machte die Klägerin mit der Klage u.a. geltend, der Verzicht auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots sei zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung hinsichtlich der Körperschaftsteuer vereinbart worden. Eine solche verdeckte Gewinnausschüttung habe nach dem Urteil des Finanzgerichts (FG) Köln vom 18. Februar 1997 (Az. 13 K 1377/93) jedoch nicht entstehen können. Somit habe der wirtschaftliche Hintergrund für die Vereinbarung gefehlt. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Januar 1990 V R 6/85 (BFH/NV 1991, 130) liege somit kein steuerbarer Umsatz vor.
Das FG wies die Klage ab. Es nahm unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 30. August 1995 I R 155/94 (BFHE 178, 371) eine sonstige Leistung der Klägerin an ihre Gesellschafter-Geschäftsführer durch Verzicht auf Einhaltung des Wettbewerbsverbots an. Die geänderte Rechtsprechung des BFH zur verdeckten Gewinnausschüttung bei einem Wettbewerbsverbot (BFH-Urteile in BFHE 178, 371, und vom 12. Oktober 1995 I R 127/94, BFHE 179, 258) stehe der Annahme eines Wettbewerbsverbots nicht entgegen. Denn diese Rechtsprechung beziehe sich nur auf Gesellschafter einer Ein-Mann-GmbH. Jedenfalls habe aus der Sicht der Klägerin und der Gesellschafter-Geschäftsführer ein Wettbewerbsverbot bestanden, über das zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung eine Vereinbarung habe getroffen werden müssen. Die Leistung der Klägerin sei gegen Entgelt erfolgt.
Die Klägerin beantragt mit der Beschwerde Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, Abweichung von einem BFH-Urteil und Verfahrensmangels.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ist die Revision nicht zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hält die Klägerin im Hinblick auf die Frage für gegeben, ob der aus körperschaftsteuerlichen Gründen zur Vermeidung von verdeckten Gewinnausschüttungen vorgenommene Verzicht einer GmbH gegenüber ihren Gesellschafter-Geschäftsführern auf die Einhaltung eines fehlerhaft unterstellten --gesellschaftsrechtlich aber nicht existierenden-- Wettbewerbsverbots der Umsatzsteuer unterliege. Das FG gehe von einem wirksamen Verzicht der Klägerin auf die Einhaltung eines bestehenden Wettbewerbsverbots und deswegen von einer steuerbaren sonstigen Leistung aus. Im Streitfall sei auf ein Recht verzichtet worden, das zivilrechtlich nicht existiert habe. Inwieweit die Gesellschafter einer GmbH einem gesellschaftsrechtlichen Wettbewerbsverbot unterlägen, werde in Schrifttum und Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Nach herrschender Meinung unterliege nur der beherrschende Gesellschafter einer GmbH einem aus der Treuepflicht bzw. in Analogie zu § 112 des Handelsgesetzbuches (HGB) abgeleiteten Wettbewerbsverbot. Ihre --der Klägerin-- Gesellschafter seien keine sog. beherrschenden Gesellschafter gewesen. Auch der I. Senat des BFH erkenne den Vorrang des Gesellschaftsrechts an, wenn es darum gehe, steuerliche Konsequenzen aus etwaigen Verstößen gegen gesellschaftsrechtliche Wettbewerbsverbote zu ziehen. Das werde inzwischen auch für die mehrgliedrige GmbH akzeptiert (BFH-Urteil vom 13. November 1996 I R 149/94, BFHE 181, 494, BFH/NV --R-- 1997, 142).
Diese von der Klägerin aufgeworfene Vorfrage für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des Streitfalls, ob gesellschaftsrechtlich (zivilrechtlich) ein Anspruch der GmbH gegen ihren Gesellschafter auf Unterlassen von Wettbewerb besteht, ist im Streitfall nicht zu klären. Die Rechtsprechung des BFH, auf die sich die Klägerin bezieht, betrifft körperschaftsteuerrechtliche Fragen der verdeckten Gewinnausschüttung (vgl. z.B. Wassermeyer, Deutsches Steuerrecht 1997, 681), die für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des Vorgangs ohne Bedeutung sind. Im übrigen bietet der vom FG festgestellte Sachverhalt keinen Anlaß, auf die angesprochene Frage des zivilrechtlichen Bestehens eines Wettbewerbsverbots einzugehen. Nach dem festgestellten Sachverhalt haben die Klägerin und ihre Gesellschafter --Geschäftsführer-- vereinbart, daß die Gesellschafter außerhalb ihrer Tätigkeit bei der GmbH (der Klägerin) auch in der Branche der Klägerin tätig sein dürfen und dafür als Entgelt eine um einen bestimmten Betrag verkürzte Vergütung für ihre Geschäftsführungstätigkeit erhalten. Diese Vereinbarung wurde auch durchgeführt. Das FG hat nach allgemeinen Grundsätzen des Umsatzsteuerrechts revisionsrechtlich unbedenklich einen Leistungsaustausch angenommen. Die von der Klägerin angesprochene Frage stellt sich insoweit also nicht.
2. Zulassung der Revision wegen Abweichung des angefochtenen Urteils von einer Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Nach dem Vortrag der Klägerin weicht das finanzgerichtliche Urteil vom Urteil des BFH in BFH/NV 1991, 130 ab. Die Klägerin leitet aus der vorbezeichneten Entscheidung folgenden Rechtssatz ab: Der Verzicht auf einen Anspruch, der materiell-rechtlich nicht bestehe, sei kein steuerbarer Umsatz i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Beteiligten im Zeitpunkt des Verzichts Kenntnis vom Nichtbestehen des Anspruchs gehabt hätten oder davon ausgegangen seien, daß ein Anspruch bestehe. Diesem Rechtssatz stellt die Klägerin als Rechtssatz des FG gegenüber, es komme auf das materiell-rechtliche Bestehen des Anspruchs nicht an, wenn die Beteiligten vom Bestehen eines Anspruchs ausgingen.
Eine solche Abweichung besteht schon aufgrund des unterschiedlichen Sachverhalts im Streitfall gegenüber dem des bezeichneten BFH-Urteils nicht. Der BFH führte in der Entscheidung aus: "Zahlungen aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs führen nicht zu einem steuerbaren Umsatz, wenn der Berechtigte keinen Anspruch auf Vertragserfüllung gehabt hat, auf den er gegen Entgelt hätte verzichten können. Diese Situation kann bestehen, wenn dem Verpflichteten die Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung unmöglich geworden ist."
Nach dem im Streitfall festgestellten Sachverhalt geht es nicht etwa um die Unmöglichkeit der Erfüllung einer Leistungverpflichtung der Gesellschafter-Geschäftsführer gegenüber der GmbH. Im Streitfall geht es nur darum, daß die Klägerin, die GmbH, dafür Entgelt erhält, daß die Gesellschafter in ihrem --der GmbH-- Geschäftsbereich eigenständig unternehmerisch tätig werden können und damit sog. "Geschäftschancen" der Klägerin für eigene unternehmerische Zwecke nutzen dürfen.
3. Auch Zulassung der Revision wegen Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) kommt nicht in Betracht. Nach dem Vortrag der Klägerin hätte sich dem FG die Frage aufdrängen müssen, ob die Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitpunkt der Beschlußfassung zum Verzicht auf das Wettbewerbsverbot davon ausgegangen seien, daß gesellschaftsrechtlich ein Anspruch der Gesellschaft auf Unterlassen des Wettbewerbs bestanden habe. In der mündlichen Verhandlung sei zwar nicht Beweis angeboten worden. Es sei jedoch zu keiner Zeit erkennbar gewesen, daß das FG das materiell-rechtliche Bestehen des Wettbewerbsverbots nicht prüfen werde. Die Beweisaufnahme hätte ergeben, daß die Gesellschafter-Geschäftsführer den Beschluß lediglich gefaßt hatten, um der Gefahr des Entstehens verdeckter Gewinnausschüttungen zu entgehen.
Damit rügt die Klägerin im wesentlichen Fehler in der rechtlichen Beurteilung durch das FG. Ein Verfahrensmangel wird nicht hinreichend dargelegt. Im übrigen bestand aufgrund der materiell-rechtlichen Beurteilung durch das FG, wie diese im Urteil dargelegt und der Prüfung, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, zugrunde zu legen ist, kein Anhalt für die von der Klägerin jetzt gerügte unterlassene Beweisaufnahme.
4. Die Entscheidung ergeht im übrigen ohne Angabe von Gründen (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Ende der Entscheidung
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