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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.09.1999
Aktenzeichen: V B 44/99
Rechtsgebiete: FGO, BFHEntlG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 96 Abs. 1 Satz 1
FGO § 76 Abs. 1 Satz 1
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) schloß am 10. Juli 1992 mit der Grundstücksgesellschaft L GmbH i.Gr. einen "Mitarbeitervertrag", aufgrund dessen er der Gesellschaft "als freier Mitarbeiter ... Beratung bei der Ausübung des Geschäftszwecks" zu leisten hatte. Das Honorar war mit 2 000 DM je Arbeitstag vereinbart. Steuern darauf hatte der Kläger selbst abzuführen. Ferner war vereinbart, daß der Kläger keinen Weisungen seines Vertragspartners unterlag, selbst keine Weisungsbefugnis gegenüber dessen Arbeitnehmern hatte und in der Einteilung seiner Arbeitszeit und der Wahl seines Arbeitsaufwands grundsätzlich frei war. Änderungen des Vertragsinhalts sollten nur in Schriftform möglich sein.

Am 10. August 1992 wurde die Grundstücksgesellschaft L GmbH (GmbH) in Fortführung des Gesellschaftszwecks der L GmbH i.Gr. gegründet. Der mit 25 v.H. am Stammkapital beteiligte Kläger wurde zum Geschäftsführer bestellt. § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags regelte die Treupflichten des Geschäftsführers bei Ausübung seiner Dienste.

In der Folgezeit stellte der Kläger der GmbH die vereinbarten Vergütungen "für die Erbringung von Beratungstätigkeiten" ohne Ausweis von Umsatzsteuer in Rechnung. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) beurteilte die Tätigkeit als selbständig i.S. von § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1991/1993 (UStG) und setzte aus den Vergütungen Umsatzsteuer fest.

Einspruch und Klage, mit denen der Kläger geltend machte, seine Tätigkeit sei als Geschäftsführungstätigkeit notwendig nichtselbständig, hatten keinen Erfolg.

Mit der Beschwerde beantragt der Kläger Zulassung der Revision wegen Abweichung, grundsätzlicher Bedeutung und Verfahrensmängeln.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Wegen Abweichung des Urteils des Finanzgerichts (FG) vom Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. November 1989 I R 174/86 (BFHE 158, 540, BStBl II 1990, 91) ist die Revision nicht zuzulassen.

Zum Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) trägt der Kläger vor: Der BFH habe in der bezeichneten Entscheidung den Rechtssatz aufgestellt, daß eine Vorgründungsgesellschaft weder mit der Vorgesellschaft noch mit der später entstehenden Kapitalgesellschaft identisch sei. Rechte und Pflichten gingen deshalb nicht automatisch von der Vorgründungsgesellschaft mit Abschluß des Gesellschaftsvertrags auf die Vorgesellschaft und dann die Kapitalgesellschaft über. Sie müßten vielmehr einzeln übertragen bzw. übernommen werden.

Das FG stelle hingegen den Rechtssatz auf, Verträge einer Vorgründungsgesellschaft gingen automatisch auf die Vorgesellschaft über. Bei Abschluß des Gesellschaftsvertrags vom 10. August 1992 seien nach Bekundungen des Zeugen D keine zusätzlichen, den Mitarbeitervertrag vom 10. Juli 1992 betreffenden Absprachen getroffen worden; auch an der Rechtsnatur der danach außerhalb des Geschäftsführungsbereichs geschuldeten selbständigen Beratungstätigkeit und der dieser folgenden rechtlichen Qualifikation habe sich somit nichts ändern können. Insbesondere entbehre die ergänzende Aussage des Zeugen D, daß bei Gründung der GmbH der Mitarbeitervertrag als Geschäftsführervertrag übernommen worden sein solle, jedweder subsumtionsfähigen Tatsache.

Die behauptete Abweichung liegt nicht vor. Dem FG-Urteil ist ein Rechtssatz (wie vorgetragen), daß Verträge einer Vorgründungsgesellschaft automatisch übergingen, nicht zu entnehmen. Das FG ging vielmehr aufgrund der festgestellten Weiterführung der "Erbringung von Beratungstätigkeit" nach Entstehung der Kapitalgesellschaft (L GmbH) davon aus, daß bei der Gründung der GmbH der Mitarbeitervertrag übernommen wurde, allerdings --entgegen der Auffassung des Klägers-- unverändert und nicht als Geschäftsführervertrag.

2. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ist die Revision ebenfalls nicht zuzulassen.

a) Der Kläger macht grundsätzliche Bedeutung folgender Rechtsfragen geltend:

- "Wandelt sich die als selbständig zu bewertende Tätigkeit automatisch in eine nichtselbständige, wenn der freie Mitarbeiter zum Geschäftsführer bestellt wird, der zugrundeliegende Anstellungsvertrag jedoch unverändert bleibt?"

Dazu führt er aus: In einer Vielzahl von Fällen werde eine Person, die zuvor als freier Mitarbeiter für eine GmbH tätig gewesen sei, als deren Geschäftsführer bestellt, ohne daß der ursprüngliche Vertrag aufgehoben oder geändert werde. Hier stelle sich die Frage, ob die organschaftliche Bindung des Geschäftsführers die ursprüngliche Selbständigkeit überlagere.

- "Umfaßt die Geschäftsführungstätigkeit die allgemeine Beratung der GmbH?"

Die grundsätzliche Bedeutung der Frage ergebe sich daraus, daß der Geschäftsführer nicht nur nach außen hin organschaftlich für die GmbH handle, sondern auch zur vorgelagerten Meinungsbildung sein Wissen zur Verfügung stelle. Die Frage, ob die Zurverfügungstellung des Wissens als "Beratung" zum Gegenstand einer selbständigen Leistung außerhalb der Geschäftsführung gemacht werden könne, stelle sich nicht nur im zu entscheidenden Fall.

- "Sollte die selbständige Beratung der GmbH durch ihren Geschäftsführer im Prinzip möglich sein, stelle sich die Frage nach dem möglichen Umfang der Ausgliederung: Könne der Geschäftsführer neben seiner eigentlichen Geschäftsführertätigkeit selbständig die GmbH umfassend beraten?"

In einer Vielzahl von Fällen könne fraglich werden, in welchen Bereichen ein Geschäftsführer gegenüber seiner GmbH selbständig beratend tätig werden könne.

b) Grundsätzlicher Klärungsbedarf für die geltend gemachten Rechtsfragen besteht im Streitfall nicht.

Der BFH hat bereits in dem (vom Kläger berücksichtigten) Urteil vom 9. Oktober 1996 XI R 47/96 (BFHE 182, 384, BStBl II 1997, 255) entschieden, daß Geschäftsführer einer GmbH ungeachtet der im Anstellungsvertrag getroffenen Regelungen und ungeachtet ihrer tatsächlichen Position aufgrund ihrer Organstellung gesellschaftsrechtlich dem Weisungsrecht der Gesellschafter unterworfen (und damit nicht selbständig tätig) sind; ferner, daß außerhalb des Geschäftsführungsbereichs aufgrund besonderer Abmachung selbständige Leistungen vereinbart werden können.

Für eine darüber hinausgehende grundsätzliche Klärung des angesprochenen Fragenbereichs eignet sich der Streitfall aufgrund seiner fallbezogenen Besonderheit nicht. Der Umstand, daß das FG anhand der vorgegebenen BFH-Rechtsprechung --auf die es sich stützt-- zu einer anderen Würdigung hätte kommen können, führt nicht zur Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung.

3. Auf Verfahrensmängel läßt sich die Zulassung der Revision ebenfalls nicht stützen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

a) Als Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten rügt der Kläger, daß das FG davon ausgehe, der Vertrag vom 10. Juli 1992 gelte nach der Gründung der GmbH fort; es sei nicht erkennbar, daß er, der Kläger, die nach dem Vertrag geschuldete Beratung abweichend von den Vereinbarungen bei der tatsächlichen Durchführung des Vertrags als weisungsgebundener Geschäftsführer erbracht habe; die Aussage des Zeugen D rechtfertige nicht die Annahme einer Vertragsänderung.

Dabei übersehe das FG folgenden klaren Inhalt der Akten: Abweichend von der genannten Vereinbarung seien die Steuern nach dem 10. August 1992 nicht vom Kläger abgeführt, sondern lohnversteuert worden; die Rechnungslegung sei ohne Ausweis der Umsatzsteuer erfolgt. Nach der Aussage des Zeugen D vom 16. Dezember 1998 seien (bei Bestellung des Klägers) keine einzelnen Vereinbarungen mehr getroffen worden, weil man davon ausgegangen sei, daß vom 10. August 1992 an das GmbH-Recht gegolten habe.

Dieser Vortrag erfüllt nicht die Voraussetzungen an eine schlüssige Behauptung, das FG habe bei der Beweiswürdigung für die Entscheidung wesentliche Bestandteile der Akten nicht berücksichtigt und damit gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 115 Rz. 26, m.N.). Letztlich rügt der Kläger damit unzutreffende Würdigung des festgestellten Sachverhalts.

b) Auch mit der weiteren Rüge ungenügender Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) dringt der Kläger nicht durch.

Die Rüge betrifft die Feststellung des FG, es sei nicht erkennbar, daß er, der Kläger, die nach dem Vertrag vom 10. Juli 1992 geschuldete Beratung abweichend von den getroffenen Vereinbarungen bei der tatsächlichen Durchführung des Vertrags als weisungsgebundener Geschäftsführer erbracht habe.

Der Kläger führt zwar im einzelnen aus, durch welche Fragen an die präsenten Zeugen und welche Antworten in der mündlichen Verhandlung die Richtigkeit seiner Behauptung der Weisungsabhängigkeit hätte ermittelt werden können. Er habe noch in der ergänzenden Klagebegründung vom 12. November 1998 behauptet, ungeachtet des Wortlauts des Mitarbeitervertrags hätte er sich an die Weisungen der Mitgesellschafter halten müssen. Ferner trägt er vor, ein Rügeverzicht durch ihn könne nicht darin gesehen werden, daß er selbst keinen Beweisantrag gestellt habe; denn es sei für ihn nicht erkennbar gewesen, daß das FG die Weisungsgebundenheit trotz seines Vorbringens "als nicht erkennbar" eingestuft habe.

Damit legt der Kläger aber nicht schlüssig dar, daß für das FG --auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung-- noch Aufklärungsbedarf bestand und weshalb er, der Kläger, vor dem FG entsprechende Beweisanträge nicht stellen konnte. Denn im Verfahren auch vor dem FG ging es allein um die Frage, ob und inwieweit er, der Kläger, selbständige Beratungstätigkeit und/oder weisungsabhängige Geschäftsführungstätigkeit ausgeführt hatte. Eine möglicherweise unzutreffende Würdigung des festgestellten Sachverhalts durch das FG kann mit dieser Rüge nicht angegriffen werden.

4. Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne weitere Begründung.

Ende der Entscheidung

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