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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.02.2002
Aktenzeichen: V B 52/01
Rechtsgebiete: UStG, FGO


Vorschriften:

UStG § 15
UStG § 15 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 118 Abs. 2
FGO § 76 Abs. 1 Satz 1
FGO § 96 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) machte in seinen Umsatzsteuererklärungen für 1990 bis 1992 unter Hinweis auf einen zwischen ihm und der S-GmbH geschlossenen Mietvertrag Vorsteuerbeträge geltend, die im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Unterhalt des von ihm und seiner Ehefrau bewohnten "Wohn- und Bürogebäudes" in den Jahren 1990 bis 1992 angefallen waren; danach sollten 52 v.H. der Räume für betriebliche Zwecke und 48 v.H. für private Zwecke genutzt werden. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) war den Erklärungen zunächst gefolgt, ließ die Vorsteuerbeträge nach einer Außenprüfung jedoch nur noch mit 28,4 v.H. zum Abzug zu, weil Anhaltspunkte für eine darüber hinausgehende betriebliche Nutzung nicht erkennbar seien. Er änderte die Umsatzsteuerbescheide entsprechend.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Nach Anhörung verschiedener Zeugen war es davon überzeugt, dass der Mietvertrag allein deshalb abgeschlossen worden sei, um dem Kläger als Privatmann den Vorsteuerabzug zu ermöglichen. Es sah eine unternehmerische Nutzung nicht als erwiesen an.

Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Anwendbar ist die FGO in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung (vgl. Art. 4 und 6 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze --2.FGOÄndG-- vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567).

2. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder

3. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Die Nichtzulassung der Revision kann gemäß § 116 Abs. 1 FGO durch Beschwerde angefochten werden. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung liegen nicht vor.

a) Nach ständiger Rechtsprechung, die ihre Bedeutung wegen unveränderter Rechtslage insoweit nicht verloren hat (z.B. BFH-Beschlüsse 12. November 2001 VIII B 61/01, BFH/NV 2002, 220; vom 4. Dezember 2001 X B 112/01, BFH/NV 2002, 346) ist einer Sache grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO beizumessen, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein (BFH-Beschluss vom 25. Juli 2000 XI B 122/99, BFH/NV 2000, 1495). Die Bedeutung der Sache darf sich nicht in der Entscheidung des konkreten Einzelfalls erschöpfen (Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 24). Der Beschwerdeführer muss u.a. auch erläutern, welche über den Streitfall hinausgehende Wirkung eine Entscheidung über die nicht nur an den Besonderheiten des Streitfalles orientierte Rechtsfrage hat (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. Dezember 1999 V B 147/99, BFH/NV 2000, 821; vom 8. März 1994 VII B 44/94, BFH/NV 1994, 812).

b) Der Kläger meint, der Rechtsstreit enthalte "viele grundsätzliche Fragen", die bislang nicht beurteilt worden seien und es gebe "zahlreiche Rechtsprechung zur Scheingeschäftsproblematik oder zur missbräuchlichen Gestaltung von Rechtsgeschäften, die jedoch den vorliegenden Sachverhalt und die vorliegenden Rechtsfragen nicht abdecken, sondern vielmehr zwischengeschaltete Mietverträge oder solche zwischen nahen Angehörigen betreffen, bei denen der jeweilige Mieter nicht in der Lage ist, für die Mietzahlung aus eigenen Mitteln aufzukommen" und erläutert, weshalb im Streitfall seiner Auffassung nach nicht gerechtfertigt sei, eine unternehmerische Nutzung anzuzweifeln. Die Ausführungen lassen aber nicht erkennen, inwiefern eine Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren im allgemeinen Interesse liegen könnte. Um die Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage darzulegen, genügen jedoch Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 1. Oktober 2001 II B 116/00, BFH/NV 2002, 361; vom 27. März 2001 VIII B 124/00, BFH/NV 2001, 907). Auch dass das FG aufgrund der Zeugenaussagen eine unternehmerische Nutzung --wie der Kläger meint-- zu Unrecht nicht für erwiesen hält, betrifft die Würdigung der Umstände des Falles und rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

4. Auch eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) kommt nicht in Betracht. Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich keine Rechtsfrage, deren einheitliche Beantwortung nur durch eine Entscheidung des BFH gesichert werden könnte.

a) Der Kläger trägt hierzu im Wesentlichen vor, das FG lasse bei seiner Urteilsbegründung außer Betracht, "welcher Zeitraum für den Vorsteuerabzug während der Veranlagungszeiträume 1990 bis 1992 maßgeblich" sei. Die Rechtsprechung "gehe hier auseinander", weil teilweise (Hinweis auf BFH-Urteil vom 20. Juli 1988 X R 8/80, BFHE 154, 255, BStBl II 1988, 1012) auf die Erstverwendung und teilweise (Hinweis auf BFH-Urteil vom 8. März 2001 V R 24/98, BFHE 194, 522, BFH/NV 2001, 876) auf die "Erstverwendungsabsicht" abgestellt werde. Das FG gehe auf die Frage nicht ein. Er habe von Anfang an die Vermietung an die GmbH beabsichtigt.

b) Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass bei richtlinienkonformer Auslegung dem Unternehmer unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) der Vorsteuerabzug zusteht, wenn er zur Zeit des Leistungsbezugs die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, die Eingangsumsätze für solche Ausgangsumsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht gemäß § 15 Abs. 2 UStG ausschließen (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 194, 522, BFH/NV 2001, 876; vom 17. Mai 2001 V R 38/00, BFHE 195, 437, BFH/NV 2001, 1513; vom 22. März 2001 V R 46/00, BFHE 194, 533, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2001, 360). Insoweit lagen nach dem festgestellten (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) Sachverhalt keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die beabsichtigte Nutzung der späteren tatsächlichen Verwendung des Gebäudes nicht entsprach.

Insgesamt rügt der Kläger nur die Beurteilung ausschließlich tatsächlicher Fragen durch das FG, somit also die seiner Meinung nach falsche Subsumtion. Das reicht auch nach neuem Recht für die Revisionszulassung nicht aus. Die behauptete fehlerhafte Anwendung von Rechtssätzen des BFH hängt insbesondere von der Frage ab, ob das FG zu Recht das Vorliegen objektiver Anhaltspunkte für die Absicht, die Eingangsumsätze für solche Ausgangsumsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht gemäß § 15 Abs. 2 UStG ausschließen, verneint hat, und damit von den Umständen des Einzelfalles. Diese Frage eignet sich nicht für eine Sicherung durch eine einheitliche Rechtsprechung.

5. Einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) hat der Kläger nicht dargelegt.

a) Zur ordnungsgemäßen Darlegung der Verletzung der von Amts wegen gebotenen Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) müssen die aufzuklärenden Tatsachen vorgetragen und die zu erhebenden Beweismittel benannt werden. Außerdem muss die Beschwerde erkennen lassen, aus welchen Gründen ein durch einen sachkundigen Prozessbevollmächtigten vertretener Kläger keine entsprechenden Beweisanträge gestellt hat, dem FG aber gleichwohl sich die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung ohne weiteres aufdrängen musste. Ferner ist darzulegen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern sie auf der Grundlage der Rechtsauffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 3. Februar 1999 IV B 50/98, BFH/NV 1999, 1075, und vom 27. April 2001 V B 16/01, BFH/NV 2001, 1286).

Daran mangelt es hier in nahezu allen Punkten. Der Kläger beschränkt sich auf den Vorwurf, er hätte, wenn ihn das FG aufgefordert hätte, problemlos eine differenzierte Stellungnahme abgeben oder Unterlagen einreichen können. Das genügt nicht.

b) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.

Der Vortrag in der Beschwerdeschrift belegt keinen Verstoß des FG gegen diese Vorschrift. Soweit der Kläger die Beweiswürdigung des FG in der angefochtenen Entscheidung angreift, macht er keinen Verfahrensmangel geltend; vielmehr wendet er sich insoweit gegen die sachliche Richtigkeit der Vorentscheidung. Dies eröffnet jedoch nicht die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (vgl. BFH-Beschlüsse vom 27. April 1999 III B 118/98, BFH/NV 1999, 1478, und vom 28. Juni 2001 V B 26/01, nicht veröffentlicht). Gleiches gilt für die nach Auffassung des Klägers fehlerhafte Beurteilung der Grundsätze über die Verteilung der Beweislast (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 82, m.w.N.).

6. Im Übrigen sieht der Senat von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung nach Maßgabe des § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

Ende der Entscheidung

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