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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 24.03.1999
Aktenzeichen: V B 52/98
Rechtsgebiete: UStG, FGO


Vorschriften:

UStG § 4 Nr. 1
UStG § 6 Abs. 7
UStG § 1 Abs. 2 Satz 1
FGO § 96
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 126 Abs. 5
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Gesamtrechtsnachfolger des S, der eine Schuhfabrik betrieb. 1973 (Streitjahr) lieferte S 28 000 Paar Damenschuhe, die über die Niederlande in die ehemalige DDR gelangten. S behandelte diesen Umsatz in seiner Umsatzsteuererklärung 1973 als steuerfreie Ausfuhrlieferung i.S. des § 4 Nr. 1 i.V.m. § 6 des Umsatzsteuergesetzes 1973 (UStG) in die Niederlande. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ging dagegen davon aus, daß S die Schuhe vom Inland über die Niederlande an den bei Beginn der Versendung feststehenden Abnehmer I in der ehemaligen DDR geliefert habe (§ 3 Abs. 7 UStG) und daß die Voraussetzungen für eine Ausfuhrlieferung nicht vorgelegen hätten, weil I seinen Sitz nicht außerhalb des Reichsgebiets (§ 1 Abs. 2 Satz 1 UStG) gehabt habe.

Die Beteiligten streiten --im III. Rechtsgang-- darüber, ob Grundlage der Lieferung ein im Mai 1973 zwischen S und dem in den Niederlanden ansässigen Unternehmen W abgeschlossener Vertrag war, oder ob bereits zuvor ein Vertrag zwischen S und I zustandegekommen und W nur zur Umgehung der Bestimmungen über den innerdeutschen Handel eingeschaltet worden war.

Im I. Rechtsgang hob der Bundesfinanzhof (BFH) das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) wegen mangelnder tatsächlicher Feststellungen auf und wies die Sache zur Aufklärung darüber an das FG zurück, ob, wann und unter welchen Umständen S mit I oder dessen Vertretern über die Lieferung der Schuhe verhandelt, eine Einigung erzielt und ob er die Ware aufgrund einer solchen Einigung vom Inland über die Niederlande in die ehemalige DDR versandt habe (vgl. BFH-Urteil vom 21. September 1988 V R 188/83, BFH/NV 1989, 203).

Das FG wies die Klage im II. Rechtsgang erneut ab. Es stützte seine Entscheidung darauf, daß die ebenfalls in der DDR ansässige T als Vertreterin der I gehandelt habe. Der BFH hob dieses Urteil wegen Verletzung rechtlichen Gehörs auf, weil der rechtliche Gesichtspunkt der Vertretung erstmals in der Urteilsbegründung angesprochen und dort zur tragenden Erwägung gemacht worden sei (vgl. BFH-Urteil vom 28. Februar 1996 XI R 74/94, BFH/NV 1996, 573). Weiter heißt es u.a.: "Das FG wird nach wie vor festzustellen haben, ob und aufgrund welcher Umstände ein unmittelbares Lieferverhältnis zwischen S und I begründet worden ist, bevor der Abschluß mit W zustande kam. Dabei ist die Funktion der T bei der Geschäftsabwicklung und die Frage ihrer Bevollmächtigung durch I unverändert von entscheidender Bedeutung. Insoweit kann unter Umständen eine nachgeholte Vernehmung des K als Zeuge Aufschluß geben. Ggf. wird das FG auch der Frage nachzugehen haben, ob bereits vor April 1973 Kontakte zwischen S und der W mit dem Ziel des Abschlusses eines Liefervertrages bestanden haben."

Daraufhin vernahm das FG den K als Zeugen und wies die Klage mit Urteil vom 17. Februar 1998 15 K 1587/96 U wiederum ab. Es führte zur Begründung u.a. aus, es habe nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) die Überzeugung gewonnen, daß ein Lieferverhältnis zwischen S und I bestanden habe und daß der zwischen S und W zeitlich später abgeschlossene Vertrag lediglich dem Zweck gedient habe, das Lieferverhältnis S - I zu verschleiern. Zur Überzeugung des Senats stehe fest, daß im April 1973 zwischen T, die für Rechnung der I aufgetreten sei, und S ein Liefervertrag über die Schuhe vereinbart worden sei ... Das Handeln der T sei der I zuzurechnen. Einzelheiten des Verhältnisses I - T seien heute zwar nicht mehr aufklärbar, sämtliche Indizien sprächen aber dafür, daß T für I aufgetreten sei und hierzu auch befugt gewesen sei. Dabei könne dahinstehen, ob T als Vertreterin der I mit oder ohne Vertretungsmacht, als Vermittlerin oder als bloße Botin aufgetreten sei. I habe durch die spätere Abwicklung des Vertrages jedenfalls zum Ausdruck gebracht, daß sie sich die Handlungen und Erklärungen der T habe zurechnen lassen (wird ausgeführt).

Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin Zulassung der Revision wegen Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) oder Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), weil das FG entgegen § 126 Abs. 5 FGO seiner Entscheidung nicht die rechtliche Beurteilung des BFH zugrunde gelegt habe.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.

Ein Verstoß gegen § 126 Abs. 5 FGO, aufgrund dessen die Revision zugelassen werden müßte (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 20. Februar 1991 II B 85/90, BFH/NV 1992, 43; vom 21. September 1993 V B 37/93, BFH/NV 1995, 395; vom 30. Juli 1998 VII B 73/98, BFH/NV 1999, 204), liegt im Streitfall nicht vor.

Das FG hat in dem angefochtenen Urteil entsprechend der Auflage des BFH in dem die Sache zurückverweisenden Urteil in BFH/NV 1996, 573 festgestellt --und im einzelnen dargelegt--, daß und aufgrund welcher Umstände ein unmittelbares Lieferverhältnis zwischen S und I begründet worden ist, bevor der Abschluß mit W zustande kam.

Soweit der BFH weiter ausgeführt hat, dabei sei die Funktion der T bei der Geschäftsabwicklung und die Frage ihrer Bevollmächtigung durch I unverändert von entscheidender Bedeutung, hat das FG sich auch an die darin zum Ausdruck kommende rechtliche Beurteilung des BFH gehalten. Die Ausführung des BFH zur "Frage der Bevollmächtigung" bzw. --an anderer Stelle-- zur "entsprechende(n) Vollmacht der T" erklären sich daraus, daß das FG sein Urteil im zweiten Rechtsgang (überraschenderweise) auf den rechtlichen Gesichtspunkt der Vertretung gestützt hatte. Der BFH meint mit diesen Formulierungen nicht, entscheidend sei, ob T bereits von vornherein mit Vollmacht der I gehandelt habe. Seine Ausführungen sind bei Beachtung des Gesamtzusammenhangs, in den sie gestellt sind, --mit dem FG in dem angefochtenen Urteil-- dahin zu verstehen, ob Handlungen und Erklärungen der T der I in der Weise zuzurechnen sind, daß dadurch ein (vorrangiges) Lieferverhältnis zwischen S und I begründet wurde.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

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