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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.01.2000
Aktenzeichen: V B 67/99
Rechtsgebiete: GKG, FGO, ZPO


Vorschriften:

GKG § 8
GKG § 5
FGO § 128 Abs. 4
FGO § 51 Abs. 1
ZPO § 42 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger, Erinnerungsführer und Beschwerdeführer (Kläger) hat nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens wegen Umsatzsteuer 1991 beim Finanzgericht (FG) beantragt, die ihm durch Kostenrechnung der Justizkasse vom 3. November 1998 aufgegebenen Gerichtskosten niederzuschlagen. In seinem Antrag vom 25. November 1998 berief sich der Kläger auf die beigelegte Eingangsbestätigung seiner Eingabe an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (Gerichtshof). Dem Antrag war der Schriftwechsel mit der Justizkasse beigefügt, aus dem hervorgeht, dass der Kläger die Kostenrechnung vom 3. November 1998 urschriftlich an die Justizkasse zurückgesandt hatte mit der Bitte, die Kosten "im Verwaltungswege gemäß § 8 GKG niederzuschlagen".

Mit Beschluss vom 11. Januar 1999 hat das FG den Antrag auf Niederschlagung der Kosten abgelehnt. Der Kläger beantragte hierauf am 19. Januar 1999, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und über sein Niederschlagungsgesuch vom 4. November 1998 im Verwaltungswege zu entscheiden. Gleichzeitig lehnte er die Richter, die an dem Beschluss vom 11. Januar 1999 mitgewirkt haben, wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung führte er aus, er habe ausdrücklich eine Niederschlagung der Gerichtskosten gemäß § 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG) im Verwaltungswege, nicht dagegen eine Entscheidung durch das Gericht begehrt. Vor einer Entscheidung des Gerichts hätte ihm deshalb rechtliches Gehör gewährt werden müssen. Das Gericht habe weder seinen Antrag vom 4. November 1998 --über sein Niederschlagungsgesuch im Verwaltungswege zu entscheiden-- noch seine Begründung --der Hinweis auf die Vorlage an die Europäische Menschenrechtskommission-- zur Kenntnis genommen; nicht nachvollziehbar sei deshalb die Begründung des FG, eine unrichtige Sachbehandlung sei nicht ersichtlich. Dies könne nur an "subjektiven Gegebenheiten des erkennenden Senats" des FG gelegen haben.

Das FG hat das Ablehnungsgesuch des Klägers mit Beschluss vom 26. Februar 1999 ohne Beteiligung der abgelehnten Richter als unbegründet zurückgewiesen. Es führte aus: Der Beschluss vom 11. Januar 1999 sei zwar nach § 128 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht anfechtbar; eine erneute sachliche Befassung sei jedoch möglich, soweit der Antrag des Klägers vom 19. Januar 1999 als Gegenvorstellung anzusehen sei. Mit Rücksicht hierauf gehe das FG von der Zulässigkeit des Antrags aus.

Der Antrag sei jedoch unbegründet, denn Rechtsfehler könnten nur ausnahmsweise die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn die Fehlerhaftigkeit auf eine unsachliche Einstellung des Richters gegenüber der ablehnenden Partei schließen ließe. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor, denn der Kläger habe den Antrag vom 25. November 1998 an das Gericht zur Geschäftsnummer des erkennenden Senats und nicht --wie seinen Antrag vom 4. November 1998-- an die Justizkasse gerichtet und in dem späteren Antrag nicht mehr darauf hingewiesen, dass er eine Niederschlagung der Kosten im Verwaltungswege begehre. Auch die Begründung des ablehnenden Beschlusses erlaube keinen Schluss auf sachfremde Erwägungen, denn der Kläger selbst habe mit Ausnahme des Hinweises auf die Eingangsbestätigung des Gerichtshofes über den Erhalt der dem FG nicht in Abschrift vorgelegten Eingabe keine tatsächlichen oder rechtlichen Gründe vorgetragen, aus denen sich eine unrichtige Behandlung der Sache ergeben könnte.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Kläger wiederholt im Wesentlichen die bisherigen Einwände und rügt zusätzlich, fehlerhaft sei die dienstliche Äußerung des abgelehnten Vorsitzenden, § 8 GKG eröffne beide Wege --die Entscheidung des Gerichts und die Entscheidung im Verwaltungswege--, denn Letztere sei nach dem eindeutigen Wortlaut des § 8 GKG nur möglich, solange nicht das Gericht entschieden habe. Hierauf gehe der angefochtene Beschluss nicht ein.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 51 Abs. 1 FGO i.V.m. § 42 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) setzt die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit einen Grund voraus, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Gründe für ein solches Misstrauen sind gegeben, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Unerheblich ist, ob ein solcher Grund wirklich vorliegt. Durch das Institut der Richterablehnung sollen die Beteiligten vor Unsachlichkeit geschützt werden. Es ist kein geeignetes Mittel, sich gegen unrichtige bzw. für unrichtig gehaltene Rechtsauffassungen eines Richters zu wehren, gleichgültig, ob diese Ansichten formelles oder materielles oder --wie hier-- Kostenrecht betreffen (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Dezember 1996 I B 100/94, BFH/NV 1997, 369; vom 23. Juli 1996 VIII B 22/96, BFH/NV 1997, 126, m.w.N.). Macht der Richter lediglich von den ihm kraft Gesetzes zustehenden Befugnissen im Rahmen des Gesetzeszwecks Gebrauch, kann es zu Rechtsfehlern kommen. Nach ständiger Rechtsprechung können diese jedoch nur dann die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn sie auf eine unsachliche Einstellung des Richters gegen die ablehnende Partei oder auf Willkür schließen lassen (BFH-Beschluss in BFH/NV 1997, 126, m.w.N.; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 51 Rz. 40, m.w.N.).

Bei Anwendung der vorgenannten Rechtsgrundsätze rechtfertigen die vom Kläger vorgetragenen Gründe nicht die Besorgnis der Befangenheit. Der Kläger hat keine Umstände dargetan, die auf eine unsachliche oder willkürliche Einstellung der beteiligten Richter deuten könnten. Er begründet sein Ablehnungsgesuch lediglich damit, das FG habe seinen Antrag vom 25. November 1998 fehlerhaft ausgelegt und das FG hätte ihm, dem Kläger, vor der Entscheidung über seinen Antrag nach § 8 GKG Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen, wenn ihm als Antragsbegründung die Eingangsbestätigung des Gerichtshofes unzureichend erschien.

Die Sach- und Verfahrensbehandlung in der Kostensache selbst gibt keine Veranlassung zur Besorgnis der Befangenheit der beteiligten Richter. Ist --wie im Streitfall-- die Kostenrechnung bereits dem Kostenschuldner zugegangen, stellt der Antrag auf Nichterhebung der Kosten nach § 8 GKG eine Erinnerung nach § 5 GKG gegen den Kostenansatz dar (ständige Rechtsprechung; z.B. Beschlüsse des BFH vom 24. November 1994 X B 146-149/94, BFH/NV 1995, 692; vom 9. April 1987 III E 1/87, BFH/NV 1987, 665, jeweils m.w.N.). Zuständig für diese Entscheidung ist das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt worden sind (§ 5 Abs. 1 Satz 1 GKG; Gräber/Ruban, a.a.O., Vor § 135 Rz. 22, 17 f.).

Darüber hinaus hat der Kläger nichts dargelegt, was für seine Behauptung spräche, die unterstellte Fehlerhaftigkeit der Entscheidung beruhe auf Willkür oder auf einer unsachlichen Einstellung der Richter. Insbesondere hat der Kläger keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, weshalb die seiner Auffassung nach fehlerhafte Rechtsauffassung der abgelehnten Richter zu § 8 GKG auf einer unsachlichen Einstellung im Verhältnis zu ihm, dem Kläger, beruhen könnte. Es geht dem Kläger hiernach vor allem um eine Überprüfung und schließlich eine Korrektur der Kostenrechnung. Das Ablehnungsverfahren dient jedoch nicht dazu, die vom Gesetz in § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO für unzulässig erklärte rechtliche Überprüfung in Kostensachen in einem Beschwerdeverfahren durch Anbringung eines Ablehnungsgesuches und die gegen dessen Ablehnung eröffnete Beschwerde durchzusetzen (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Dezember 1992 X B 65/92, BFH/NV 1993, 608).

Ende der Entscheidung

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