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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 26.07.1999
Aktenzeichen: V B 71/99
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 107
FGO § 109
FGO § 135 Abs. 2
AO 1977 § 129
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist ein Berufsverband. Er gibt für seine Mitglieder eine Zeitschrift heraus. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) vertrat nach einer Außenprüfung die Auffassung, die Überlassung der Zeitschrift stelle, soweit sie den fachspezifischen Teil betreffe, eine umsatzsteuerbare Leistung des Klägers dar. Dieser Leistung stehe ein Teil der Mitgliedsbeiträge als Entgelt gegenüber. Dementsprechend erhöhte das FA in den Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre (1986 bis 1990) die vom Kläger in den Steuererklärungen bereits berücksichtigten Umsätze (zum Steuersatz von 14 v.H.) um weitere Umsätze, die es mit dem ermäßigten Steuersatz besteuerte. Als abziehbare Vorsteuerbeträge setzte das FA aufgrund der Berechnung im Außenprüfungsbericht (Anlage 4) die Beträge an, die nicht dem ideellen Bereich, sondern dem unternehmerischen Bereich insgesamt zuzuordnen waren.

Hiergegen erhob der Kläger Klage mit dem Antrag, die Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für 1986 bis 1987 aufzuheben und die Bescheide für 1988 bis 1990 dahingehend zu ändern, "daß die mit 7 % besteuerten Umsätze entfallen bei gleichzeitigem Wegfall der in der Anlage 4 zum Bp-Bericht berücksichtigten Vorsteuern". Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage mit der Begründung statt, die Überlassung der Zeitschrift durch den Kläger sei keine umsatzsteuerbare Leistung. Das FG änderte die Steuerfestsetzung zugunsten des Klägers in der Weise, daß es die vom FA hinzugerechneten Umsätze (zum ermäßigten Steuersatz) nicht mehr ansetzte, aber auch die vom Außenprüfer in der Anlage 4 zum Bericht angegebenen Vorsteuern nicht mehr absetzte.

Der Kläger beantragte daraufhin beim FG, den Tenor des Urteils wegen eines Rechenfehlers zu ändern. Zur Begründung führte er aus, der Teil der Vorsteuerbeträge, der auf die regelbesteuerten Umsätze entfalle, sei versehentlich genauso als nicht absetzbar behandelt worden wie der Teil der Vorsteuerbeträge, der auf die vom FA mit dem ermäßigten Steuersatz angesetzen Umsätze entfalle.

Das FG änderte antragsgemäß durch Beschluß den Tenor seines Urteils, soweit er die Streitjahre 1986 und 1987 betrifft. Die Änderung bezüglich der Streitjahre 1988 bis 1990 lehnte es mit der Begründung ab, der Urteilstenor entspreche "dem Antrag des Klägers, wonach bei Wegfall der Besteuerung auch die in der Anlage 4 berücksichtigten Vorsteuern wegfallen sollten".

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, der das FG nicht abgeholfen hat. Der Kläger führt zur Begründung aus, sein Klageantrag sei dahingehend auszulegen gewesen, daß auch für die Streitjahre 1988 bis 1990 der Vorsteuerabzug nur bezüglich der Beträge entfallen dürfe, die mit der Zeitschriftenlieferung in Zusammenhang stehen. Diese Beträge hätten notfalls von den auf die regelbesteuerten Umsätze entfallenden Vorsteuern im Wege der Schätzung abgegrenzt werden müssen.

Einen bezifferten Antrag stellt der Kläger nicht. Das FA hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II. Die Beschwerde des Klägers gegen den Berichtigungsbeschluß ist unbegründet.

1. Gemäß § 107 der Finanzgerichtsordnung (FGO) können Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit vom Gericht berichtigt werden. Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Sinne dieser Vorschrift sind nur Erklärungsmängel, also keine Mängel bei der Bildung des Erklärungswillens des Gerichts. Die Berichtigung nach § 107 FGO kann nur dazu führen, daß Übereinstimmung des erkennbar gewollten Inhalts der Aussage des Gerichts mit dem erklärten Text des Urteils hergestellt wird. Wie bei der vergleichbaren Vorschrift des § 129 der Abgabenordnung (AO 1977) schließt die Möglichkeit eines Rechtsirrtums die Berichtigung nach § 107 FGO aus. Nur mechanische Fehler, die ohne weitere Prüfung erkannt und berichtigt werden können, fallen unter diese Berichtigungsvorschriften (Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. Juli 1997 V B 6/97, BFH/NV 1998, 46).

2. Nach diesen Grundsätzen ist die Ablehnung der Berichtigung bezüglich der Streitjahre 1988 bis 1990 durch das FG nicht zu beanstanden. Das FG hat in seinem Berichtigungsbeschluß ausgeführt, der Urteilstenor entspreche insoweit uneingeschränkt dem Antrag des Klägers. In Übereinstimmung mit dieser Aussage ist auch dem Urteil zu entnehmen, daß das FG dem Antrag des Klägers folgen wollte, wonach die in der Anlage 4 zum Außenprüfungsbericht angegebenen Vorsteuerbeträge entfallen sollten. Eine verbale Beschränkung auf die mit der Zeitschriftenlieferung in Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge enthält der Antrag des Klägers nicht. Sofern dem FG bei der Auslegung des Antrags bzw. der Beurteilung der materiellen Rechtslage ein Irrtum unterlaufen sein sollte, ermöglicht dieser Fehler keine Berichtigung des Urteils gemäß § 107 FGO.

Daß es sich vorliegend nicht um einen bloßen Rechenfehler handelt, erhellt auch der Umstand, daß der Kläger keinen bezifferten Berichtigungsantrag gestellt hat. Er räumt vielmehr selbst ein, daß es erst der Schätzung bedurft hätte, um eine seinem Begehren entsprechende Entscheidung treffen zu können.

3. Eine Ergänzung des Urteils gemäß § 109 FGO wegen Übergehens eines Antrags kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil das FG über den Klageantrag, so wie es ihn verstanden hat, aus seiner Sicht vollständig entschieden hat. Sofern dem FG bei der Auslegung des Klageantrags ein Rechtsirrtum unterlaufen sein sollte, ermöglicht dieser Fehler keine Änderung des Urteils i.S. des § 109 FGO (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 109 Rz. 2).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Zwar ist das Berichtigungsverfahren nach § 107 FGO kostenfrei; dies gilt aber nicht für das Beschwerdeverfahren (vgl. BFH-Beschluß vom 13. April 1989 IV B 131/85, BFH/NV 1990, 111).

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