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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.10.2003
Aktenzeichen: V B 74/03
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 42
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine Grundstücksgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Gegenstand des Unternehmens ist u.a. die Verwaltung und Vermietung von Grundstücken. Gesellschafter waren im Streitjahr (1998) die C-GmbH (C) mit einer Beteiligung in Höhe von 95 % und H mit einer Beteiligung in Höhe von 5 %.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 30. Dezember 1998 erwarb die Klägerin eine Vielzahl von Wohn- und Teileigentumseinheiten von C. Als Termin für den Übergang der Nutzen und Lasten war ebenfalls der 30. Dezember 1998 vereinbart. Am 21. Juli 2000 wurde über das Vermögen der C das Insolvenzverfahren eröffnet.

In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1998 machte die Klägerin die im Kaufvertrag ausgewiesenen Vorsteuerbeträge geltend. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) versagte den Vorsteuerabzug mit Hinweis auf eine bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung, die zu dem Ergebnis gekommen war, der Vorsteuerabzug könne --bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen-- frühestens dann gewährt werden, wenn C die entsprechenden Umsätze erklärt und die Umsatzsteuer entrichtet habe.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage, die das Finanzgericht (FG) als unbegründet abwies. Es führte u.a. aus, die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug lägen zwar materiell-rechtlich vor. Im Streitfall sei jedoch ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S. des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) gegeben. Durch die gewählte Gestaltung habe man im Ergebnis erreichen können, dass die Klägerin in den Genuss des Vorsteuerabzugs kommen konnte, während es dieselben Personen in der Hand gehabt hätten, den Zeitpunkt der Anmeldung der steuerpflichtigen Umsätze hinauszuzögern, um die Umsatzsteuer aus der Grundstücksveräußerung schlussendlich aufgrund der eingetretenen Insolvenz nicht abzuführen.

Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision. Sie macht geltend, eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Zudem rügt sie Verfahrensfehler.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) ist erforderlich, wenn über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, insbesondere, wenn der Streitfall im allgemeinen Interesse Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2001 III B 103/01, BFH/NV 2002, 652). Zur Darlegung dieser Voraussetzungen sind substantiierte und konkrete Angaben dazu erforderlich, weshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu einer bestimmten Rechtsfrage aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtsfortbildung oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung im allgemeinen Interesse liegt (BFH-Beschluss vom 10. Oktober 2002 I B 147/01, BFH/NV 2003, 197).

Hieran fehlt es im Streitfall. Im Beschwerdeschriftsatz hat die Klägerin lediglich behauptet, es lägen "Tatsachen vor, die eine Fortentwicklung der Rechtsprechung zum Gestaltungsmissbrauch erfordern". Dieses Vorbringen genügt den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht. Die nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) eingereichten Schriftsätze sind für die Entscheidung über die Zulässigkeit der Beschwerde, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung, nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht zu berücksichtigen (BFH-Beschluss vom 2. April 2003 V B 172/02, BFH/NV 2003, 1080). Im Übrigen ergäbe sich auch hieraus nicht die Zulässigkeit der Beschwerde.

2. Die Klägerin hat auch keinen Verfahrensmangel i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO bezeichnet.

a) Dem Vorbringen der Klägerin, das FG habe Konzeptionsunterlagen nicht berücksichtigt, die dokumentieren, dass für die gewählte rechtliche Gestaltung Gründe in Bezug auf das Fördergebietsgesetz vorgelegen hätten, kann die Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht entnommen werden. Dasselbe gilt für ihren Vortrag, das Gericht habe zu Unrecht unterstellt, C habe die Umsatzsteuer aus dem Kaufvertrag nicht angemeldet.

Die Ausführungen genügen jedoch nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Wird die Rüge mangelnder Sachaufklärung infolge Verletzung der Amtsermittlungspflicht erhoben, muss in der Beschwerdeschrift dargelegt werden, welche Tatsachen aufklärungsbedürftig sind, welche Beweismittel zu welchem Beweisthema nicht berücksichtigt worden sind, warum sich dem FG eine Beweiserhebung auch ohne besonderen Antrag hätte aufdrängen müssen, inwieweit die unterlassene Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und warum dieser Mangel nicht bereits in der Vorinstanz gerügt worden ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 4. Juni 1998 VII B 67/98, BFH/NV 1999, 54, und vom 21. November 2000 V B 156/00, BFH/NV 2001, 654). Hieran fehlt es im Streitfall.

b) Sollte in dem unter a behandelten Vorbringen die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs liegen, fehlt es an dem Vortrag, weshalb bei Berücksichtigung der entsprechenden Umstände eine andere Entscheidung des Gerichts möglich gewesen wäre (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002 V B 157/02, BFH/NV 2003, 929).

3. Soweit die Klägerin vorbringt, das FG habe Umstände nicht berücksichtigt bzw. in fehlerhafter Weise gewürdigt, die die rechtliche Gestaltung im Streitfall betreffen, wendet sie sich im Grunde nicht gegen einen Verfahrensmangel, sondern gegen die tatsächliche und rechtliche Würdigung der betreffenden Umstände durch das Gericht. Mit der Rüge unzutreffender Beweiswürdigung kann die Revisionszulassung indes nicht begehrt werden (BFH-Beschluss vom 12. März 2002 VIII B 2/01, BFH/NV 2002, 1273).

Ende der Entscheidung

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