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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.04.2004
Aktenzeichen: V B 81/03
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO, UStG 1980


Vorschriften:

AO 1977 § 234 Abs. 2
AO 1977 § 237
AO 1977 § 237 Abs. 4
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
UStG 1980 § 13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betreibt ein gewerbliches Unternehmen. In den Streitjahren 1987 und 1989 machte er Vorsteuerbeträge geltend, die aufgrund der Errichtung zweier Hallen auf einem ihm und seiner Ehefrau gehörenden Grundstück angefallen waren. Der größte Teil der Rechnungen war an die "Eheleute T" adressiert. Nach Durchführung einer Betriebsprüfung änderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre, weil es den Kläger nicht als alleinigen Empfänger der Bauleistungen ansah, und forderte die Beträge zurück.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger Klage. Antragsgemäß wurde ihm während der Dauer des Einspruchs- und Klageverfahrens die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Steuerbescheide gewährt. Im Rahmen des Klageverfahrens erklärte sich das FA bereit, den Vorsteuerabzug zu gewähren, wenn berichtigte Rechnungen eingereicht würden. Die Klage für das Streitjahr 1989 nahm der Kläger daraufhin zurück; für das Streitjahr 1987 wurde nach kleineren Änderungen zugunsten des Klägers der Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Kosten wurden dem Kläger zu 95 % auferlegt. Im Jahre 2000 reichte der Kläger berichtigte Rechnungen ein, aufgrund derer die Vorsteuerbeträge berücksichtigt wurden. Für den Zeitraum der Aussetzung der Vollziehung setzte das FA mit Bescheid vom 9. Januar 2001 Aussetzungszinsen in Höhe von ... DM fest.

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und beantragte den Erlass der Zinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen. Ferner begehrte er, auf deren Erhebung gemäß §§ 237 Abs. 4, 234 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zu verzichten. Zur Begründung seiner Anträge brachte er vor, ein Liquiditätsvorteil sei nicht vorhanden, weil ihm der Vorsteuerabzug von Beginn an zugestanden habe, auch wenn die berichtigte Rechnung erst im Oktober 2000 ausgestellt worden sei.

Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Mit der Klage machte der Kläger geltend, die Erhebung der Aussetzungszinsen verstoße gegen den Grundsatz der Belastungsneutralität der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab, weil die Aussetzungszinsen zu Recht erhoben worden seien. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Voraussetzungen des § 237 AO 1977 seien erfüllt, weil der Kläger sein Ziel, den Vorsteuerabzug für die Streitjahre zu erhalten, nicht erreicht habe. Dem stehe nicht entgegen, dass ihm der begehrte Vorsteuerabzug nach Einreichung der berichtigten Rechnungen in einem späteren Jahr gewährt worden sei. Auch könne dem Kläger insoweit nicht gefolgt werden, als er behaupte, er habe durch die Aussetzung der Vollziehung keinen Zinsvorteil erlangt. Denn ohne die Aussetzung hätte er die nachgeforderte Umsatzsteuer sofort entrichten müssen.

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO liegt vor, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall auch klärbar sein (BFH-Beschluss vom 14. März 2002 V B 119/01, BFH/NV 2002, 1038).

a) Von grundsätzlicher Bedeutung ist nach der Auffassung des Klägers "im Steuerrecht die Frage nach dem Entstehungszeitpunkt für Ansprüche". Er bringt u.a. vor, im deutschen Umsatzsteuerrecht sei zwar "der Entstehungszeitpunkt für die Umsatzsteuer aus eigener Leistung in § 13 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) geregelt", nicht aber der Zeitpunkt der Entstehung der Vorsteuerabzugsberechtigung.

Aus diesem Vorbringen ergibt sich nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Die Frage des Entstehens der Vorsteuerabzugsberechtigung ist in einem nachfolgenden Revisionsverfahren, in dem über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Aussetzungszinsen zu entscheiden wäre, nicht klärbar.

Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen (§ 237 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Da die Rechtsbehelfe des Klägers gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre keinen Erfolg gehabt haben, sind die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift unstreitig erfüllt. Für die Anwendung des § 237 AO 1977 kommt es nicht darauf an, warum ein Rechtsbehelf erfolglos war und ob er zu Recht keinen Erfolg gehabt hat (BFH-Urteil vom 27. November 1991 X R 103/89, BFHE 166, 311, BStBl II 1992, 319; vgl. Klein/ Rüsken, Abgabenordnung, 8. Aufl., § 237 Anm. 8). Die im Beschwerdeschriftsatz angesprochene Frage, wann der Anspruch auf den Abzug von Vorsteuerbeträgen entsteht, ist daher in einem ggf. nachfolgenden Revisionsverfahren über die Rechtmäßigkeit der Zinsfestsetzung nicht klärbar. Aus diesem Grund führt auch der Hinweis des Klägers auf den Beschluss des BFH vom 21. März 2002 V R 33/01 (BFHE 198, 226) nicht zum Erfolg der Beschwerde.

b) Auch aus dem Vorbringen des Klägers, im Streitfall hätten weder er noch das FA einen wirtschaftlichen Vorteil gehabt, weil er die streitigen Vorsteuerbeträge einerseits durch Abfluss aus seinen Mitteln beglichen, andererseits in seiner Steuererklärung abgezogen habe, ergibt sich nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

Soweit der Vortrag dahin gehen sollte, es sei weder ihm, dem Kläger, ein Liquiditätsvorteil noch dem FA ein -nachteil entstanden, so könnte die hierdurch aufgeworfene Rechtsfrage in einem nachfolgenden Revisionsverfahren nicht geklärt werden, weil das Fehlen eines Liquiditätsvorteils trotz rechtmäßiger Zinsfestsetzung allenfalls zu einem Erlass der Zinsen aufgrund von sachlicher Unbilligkeit führen könnte (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Oktober 2001 X B 147/01, BFH/NV 2002, 505). Die entsprechenden Ausführungen in der Vorentscheidung können so verstanden werden, dass der Kläger beim FA einen Antrag gestellt hat, auf die Erhebung der festgesetzten Zinsen gemäß §§ 237 Abs. 4, 234 Abs. 2 AO 1977 zu verzichten und dass hierüber noch in einem gesonderten Verfahren entschieden wird. Nach der Stellungnahme des FA vom 2. Juli 2003 war ein solches Verfahren noch anhängig.

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Ende der Entscheidung

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