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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.11.2004
Aktenzeichen: V B 84/04
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 76 Abs. 2
FGO § 79b Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 115 Abs. 2
ZPO § 227
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Gesellschafter der Klägerin sind die Herren A und B. Zweck der Gesellschaft war der Bau zweier Verkaufshallen auf einem Grundstück der Gesellschafter und ihre Vermietung an die A & B GmbH & Co. KG (KG) in C.

Dementsprechend schloss die Klägerin mit der KG am 1. März 1991 einen Mietvertrag, demzufolge sie dieser ab dem 15. März 1991 eine Verkaufshalle mit Freiverkaufsfläche und Parkplätzen vermietete. Die KG betrieb dort einen Baumarkt. Der Mietzins sollte 6 % des Jahresumsatzes betragen.

Die Klägerin machte in ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1990 bis 1992 Vorsteuerbeträge geltend. Dementsprechend setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ursprünglich folgende Umsatzsteuer gegenüber der Klägerin fest:

 1990 DM1991 DM1992 DM1993 DM
-109 271-274 423,21+87 005-33 716,04

Nach einer Betriebsprüfung ging das FA davon aus, dass die Klägerin keine Unternehmerin sei und ihre Umsätze bei der KG zu erfassen seien. Das FA setzte deshalb die Umsatzsteuer gegenüber der Klägerin für alle Streitjahre auf 0 DM fest.

Die Einsprüche und die anschließende Klage gegen diese Bescheide hatten keinen Erfolg.

Im finanzgerichtlichen Verfahren forderte der Berichterstatter von der Klägerin die --die Vorsteuer in den Streitjahren ausweisenden-- Rechnungsbelege, die der Errichtung und Ausstattung des Baumarktes zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen und die Belege über die Zahlung der Miete von der KG an die Klägerin an. Nachdem die Klägerin diese Unterlagen nicht vorlegte, setzte der Berichterstatter hierzu mit Verfügung vom 10. November 2003 (zugestellt am 12. November 2003) eine Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) von einem Monat ab Zustellung. Am 26. Dezember 2003 teilte Gesellschafter A mit, er habe die Ausschlussfrist nicht einhalten können, weil er sich "für eine Zeit infolge einer Embolie im Auge in der Uni-Augen-Klinik D" befunden habe und "noch im starken Umfang sehbehindert" sei. Er sei bereit, den Verhinderungsgrund durch ein ärztliches Attest zu belegen.

Mit Schreiben vom 30. Dezember 2003 forderte der Berichterstatter die Klägerin auf, die vorgetragene Verhinderung und deren zeitlichen Beginn glaubhaft zu machen. Ferner wurde sie zur Mitteilung innerhalb von zwei Wochen aufgefordert, weshalb es ihr nicht möglich gewesen sei, sich rechtzeitig eines Bevollmächtigten zu bedienen. Dieses Schreiben wurde nicht beantwortet. Hierauf setzte der Berichterstatter der Klägerin eine Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 2 FGO zur Darlegung und Glaubhaftmachung, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, die Verfügung vom 10. November 2003 --gegebenenfalls durch einen Bevollmächtigten-- zu erledigen. Innerhalb dieser Ausschlussfrist legte die Klägerin ein Schreiben der Klinik für Augenheilkunde der Universität D vor, aus dem sich ergab, dass A vom 25. bis 28. November 2003 dort in stationärer Behandlung war.

Mit Schreiben vom 5. Februar 2004 wies der Berichterstatter die Klägerin darauf hin, dass sich aus dem Schreiben der Augenklinik nicht ergebe, dass A an der Vorlage der unter Ausschlussfristsetzung angeforderten Unterlagen gehindert gewesen sei. Hierauf teilte A mit, dass er eine ärztliche Bescheinigung über seine "gesundheitsbedingte Verhinderung zur Einhaltung gerichtlich verfügter Fristen" derzeit nicht vorlegen könne, weil sein Hausarzt sich das Bein gebrochen habe und über mehrere Wochen ausfalle. Er könne die die Klägerin betreffenden Rechnungen "erst im Laufe des Monats April" vorlegen, weil hierzu ein Besuch in C erforderlich sei, den er derzeit wegen seiner Sehbehinderung nicht durchführen könne. Um die Anordnung des Ruhens des Verfahrens bis Mai 2004 werde gebeten.

Am 23. Februar 2004 teilte der Berichterstatter der Klägerin mit, dass ein Ruhen des Verfahrens bis Mai 2004 nicht in Betracht komme, weil nicht belegt worden sei, dass A als Vertreter der Klägerin an der Vorlage der angeforderten Unterlagen aus gesundheitlichen Gründen gehindert gewesen sei und ferner nicht dargetan worden sei, weshalb die Bestellung eines Vertreters nicht möglich gewesen sei.

In der mündlichen Verhandlung am 28. April 2004 beantragte A Vertagung und begründet dies damit, er werde die Bau- und Einrichtungsrechnungen vorlegen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Für die Klage wegen Umsatzsteuer 1992 fehle es an der "Klagebefugnis", da die Klägerin die Heraufsetzung der festgesetzten Umsatzsteuer von 0 DM auf 87 005 DM begehre.

Im Übrigen habe die Klägerin trotz der ihr insoweit obliegenden Feststellungslast nicht nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht, dass sie in den Streitjahren unternehmerisch tätig geworden sei. Es sei unklar geblieben, ob sie den Baumarkt der KG als Gesellschafterleistung oder im Rahmen der tatsächlichen Durchführung des Mietvertrags vom März 1991 überlassen habe. Nachdem die Klägerin trotz der Aufforderungen des Berichterstatters keine Belege über die Zahlung der Miete vorgelegt habe, stehe nicht fest, dass die Klägerin als Unternehmerin tätig geworden sei und der Mietvertrag tatsächlich durchgeführt worden sei.

Die Unbegründetheit der Klage hinsichtlich der Streitjahre 1990, 1991 und 1993 ergebe sich ferner daraus, dass die in den Umsatzsteuererklärungen von der Klägerin geltend gemachten Vorsteuerbeträge nicht durch Vorlage der betreffenden Rechnungen nachgewiesen worden seien. Nach den Akten und den eigenen Einlassungen der Klägerin bestünden erhebliche Bedenken dagegen, dass sie jemals im Besitz von Rechnungen gewesen sei, die sie als Leistungsempfängerin auswiesen.

Nachdem die Klägerin die ihr mit Verfügung von 10. November 2003 gesetzte Ausschlussfrist ohne Glaubhaftmachung von Entschuldigungsgründen habe verstreichen lassen, sei die mündliche Verhandlung auch nicht zu vertagen gewesen.

Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Beschwerde. Die Klägerin rügt einen Verfahrensfehler. Sie räumt zwar ein, dass sie innerhalb der ihr gesetzten Ausschlussfrist nicht belegt hat, dass die Miete in den Streitjahren tatsächlich gezahlt wurde; sie meint aber, sie habe dies hinreichend mit der Embolie ihres Gesellschafters A entschuldigt. Das FG hätte A die Möglichkeit geben müssen, den Grad seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung durch ärztliches Attest glaubhaft zu machen, zumal sich daraus ergeben hätte, dass er infolge der Einschränkung seiner Sehfähigkeit auch nicht in der Lage gewesen sei, einen Prozessbevollmächtigten für die Klägerin zu bestellen und diesen ordnungsgemäß zu unterrichten. Der Vorsitzende hätte gemäß § 76 Abs. 2 FGO die Pflicht gehabt, A darauf hinzuweisen, dass sein Antrag, das Verfahren ruhen zu lassen, unzulässig sei und er stattdessen den Antrag stellen müsse, der Klägerin eine weitere Frist zur Beibringung der geforderten Unterlagen einzuräumen.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit sie das Streitjahr 1992 betrifft. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich kein Grund, der insoweit die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte.

2. Im Übrigen ist die Revision auch nicht wegen des geltend gemachten Verfahrensmangels zuzulassen.

Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin genügend entschuldigt hat, dass sie die Belege über die Zahlung der Miete und die sonstigen angeforderten Unterlagen nicht innerhalb der ihr nach § 79b Abs. 2 FGO gesetzten Frist beigebracht hat. Die Klägerin hätte diese Belege nämlich spätestens bis zur mündlichen Verhandlung am 28. April 2004 beibringen müssen, aufgrund der über die Klage zu entscheiden war (vgl. § 103 FGO).

Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, dass sie von Oktober 2003, als sie erstmals zur Vorlage dieser Unterlagen aufgefordert worden war, bis zum Tag der mündlichen Verhandlung am 28. April 2004 nicht in der Lage war, die vom FG für notwendig erachteten Unterlagen beizubringen. Sie hatte vielmehr selbst angekündigt, hierzu (erst) "im Laufe des Monats April 2004" in der Lage zu sein.

Das FG hat deshalb eine Vertagung der mündlichen Verhandlung zu Recht abgelehnt. Auch aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht schlüssig, dass die Voraussetzungen des § 227 der Zivilprozessordnung für eine Vertagung erfüllt waren.

Da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ihren Antrag, das Verfahren ruhen zu lassen, nicht aufrecht erhielt, sondern stattdessen Vertagung beantragte, brauchte das FG die Klägerin auch nicht darauf hinzuweisen, dass der Antrag, das Verfahren ruhen zu lassen, unzulässig sei. Der Antrag auf Vertagung war zulässig und zweckmäßig, er war jedoch --wie bereits ausgeführt-- nicht begründet.

Ende der Entscheidung

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