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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 01.02.1999
Aktenzeichen: V B 91/98
Rechtsgebiete: UStG, FGO


Vorschriften:

UStG § 15 a
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5
FGO § 73 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
FGO § 119 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Steuerberater und Geschäftsführer der A-GmbH Steuerberatungsgesellschaft (GmbH).

1983 kaufte er eine Eigentumswohnung in M und vermietete sie an die GmbH. Tatsächlich wurde die Wohnung erst seit dem Jahre 1988 sporadisch zu Schreibarbeiten für und zu Besprechungen mit Mandanten der GmbH genutzt. Bei diesen Gelegenheiten übernachtete der Kläger dann auch auf einer Luftmatratze in der Wohnung.

Aus Rechnungen über Rechtsstreitigkeiten mit dem Veräußerer und aus Abrechnungen über die Einrichtung der Wohnung machte der Kläger unter anderem in den Streitjahren 1987 und 1988 Vorsteuer geltend.

Das FA sah in dem geschilderten Sachverhalt eine gemischte (unternehmerische und nichtunternehmerische) Nutzung der Wohnung und kürzte entsprechend den begehrten Vorsteuerabzug.

Die Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide hatte keinen Erfolg. Unter Bezugnahme auf sein rechtskräftiges Urteil vom 30. November 1985 II 72/87 wegen Umsatzsteuer für 1985 ging das Finanzgericht (FG) nach wie vor davon aus, daß bestimmte Räume (wie z.B. die Küche und die Galerie) überhaupt nicht unternehmerisch und insgesamt nur 63 v.H. der Nutzfläche der Wohnung unternehmerisch genutzt wurden. Dementsprechend lehnte es auch eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a des Umsatzsteuergesetzes 1980 (UStG) ab.

Das Urteil II 234/95 wegen Umsatzsteuer 1988 mußte dem Kläger zweimal zugestellt werden, da bei der ersten Zustellung eine Seite fehlte.

Wegen der fehlenden Seite hat der Kläger gegen dieses Urteil Revision eingelegt, die er auf die Vorschrift des § 116 Abs. 1 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt.

Außerdem wendet er sich mit den vorliegenden Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorgenannten Urteil und in dem Urteil II 182/85 wegen Umsatzsteuer 1987.

II. 1. Das Gericht hält es für zweckmäßig, die bezeichneten Verfahren gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden.

2. Die Revision ist unzulässig.

Die Rüge, die Entscheidung sei nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO nicht mit Gründen versehen, ist nicht schlüssig. Nach dem unstreitigen Sachverhalt, von dem auch die Revisionsschrift ausgeht, war das von den drei Berufsrichtern unterschriebene Urteil vollständig; unvollständig war lediglich die dem Kläger zunächst zugestellte Urteilsausfertigung, bei ihr fehlte eine Seite. Dieser Fehler ist durch die nachfolgende Zustellung des vollständigen Urteils geheilt worden; er ist kein Revisionsgrund i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO.

3. Auch die Nichtzulassungsbeschwerden entsprechen nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), das Urteil des FG von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder die angefochtene Entscheidung auf einem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Dem genügen die Beschwerdeschriften vom 14. Mai 1998 nicht.

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein (vgl. Beschluß des BFH vom 27. Februar 1991 II B 27/90, BFHE 163, 495, BStBl II 1991, 465 m.w.N.).

Aus den Beschwerdeschriften ergibt sich nicht, weshalb die Frage, ob "die unwesentliche zeitliche Mitbenutzung eines zeitlich und flächenmäßig nahezu ausschließlich unternehmerisch genutzten Raumes für gelegentliche Übernachtung auf einer Luftmatratze keine rein unternehmerische oder gemischte Nutzung, sondern für den gesamten Raum eine Wohnungsnutzung darstellt", im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein soll. Vielmehr scheint ohne weiteres klar, daß ein Unternehmer Leistungen für einen unternehmerisch genutzten Raum in dem Umfang gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG "für sein Unternehmen" bezieht, in dem der Raum unternehmerisch genutzt wird.

b) Eine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt vor, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Anm. 17). Zur Bezeichnung der Entscheidung des BFH, von der das Urteil des FG abweicht (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO), muß der Beschwerdeführer dartun, daß das vorinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des Revisionsgerichts nicht übereinstimmt (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Anm. 63).

Den Beschwerdeschriften kann nicht entnommen werden, welcher abstrakte Rechtssatz aus der "BFH-Entscheidung XI R 3/94" es verbieten soll, bei der Ermittlung der Nutzungsverhältnisse einer gemischt genutzten Wohnung auf die Nutzung einzelner Räume abzustellen.

c) Nicht schlüssig ist auch die vom Kläger erhobene Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß § 119 Nr. 3 FGO. Die Urteile des FG waren keine Überraschungsurteile. Wie der Befangenheitsantrag des Klägers zeigt, befürchtete der Kläger bereits während des finanzgerichtlichen Verfahrens, daß das FG bei der Beurteilung des Sachverhalts in seinem Urteil vom 30. November 1993 II 72/87 bleiben werde.

Die Beschwerdeschrift genügt auch nicht der Vorschrift des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO im Hinblick darauf, daß in ihr im einzelnen das Übergehen von "Klarstellungen und Beweisanträgen" gerügt wird. Soweit der Kläger damit geltend macht, daß das FG seiner Sachverhaltswürdigung nicht gefolgt ist, liegt hierin eine materiell-rechtliche Rüge und keine schlüssige Verfahrensrüge. Soweit der Kläger eine mangelhafte Ermittlung des Sachverhalts durch das FG rügt, hätte er darlegen müssen, welche Tatsachen er unter Beweis gestellt oder jedenfalls vorgetragen hatte, warum sie im Widerspruch zur Sachverhaltsdarstellung des FG stehen oder von dieser nicht erfaßt werden und warum sie vom FG --nach dessen materiellen Rechtsauffassung-- hätten ermittelt werden müssen. Dies ist nicht in der erforderlichen Klarheit geschehen.

Von der Bekanntgabe einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

Ende der Entscheidung

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