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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 15.09.2000
Aktenzeichen: V B 93/00
Rechtsgebiete: BFHEntlG, AO 1977, FGO
Vorschriften:
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6 | |
AO 1977 § 74 | |
AO 1977 § 74 Abs. 1 Satz 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 |
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war als Kommanditistin zu 99,01 v.H. an der K GmbH & Co KG beteiligt, die in der ...branche tätig war. Über das Vermögen der KG wurde am 31. Oktober 1996 der Konkurs eröffnet.
Das Büro- und Betriebsgebäude der KG in L gehörte der Klägerin, die es ihrer Gesellschaft zur Verfügung gestellt hatte.
Nach den Berechnungen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) schuldet die KG für das Jahr 1995 und das Jahr 1996 bis zur Konkurseröffnung ... DM Umsatzsteuer.
Wegen dieser Steuerschulden nahm das FA die Klägerin mit Haftungsbescheid vom 6. August 1999 in Anspruch; es stützte den Bescheid auf die Vorschrift des § 74 der Abgabenordnung (AO 1977) und beschränkte die Haftung auf das Grundstück.
Einspruch und Klage gegen den Haftungsbescheid hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, die die Klägerin auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) stützt.
Die Klägerin legt dar, dass die ...produktion der KG in den Streitjahren weitgehend ausgelagert gewesen sei, so dass das Gebäude in L so gut wie nicht mehr der "Wertschöpfung" der KG gedient habe. Die ursprüngliche Nutzung des Gebäudes habe sich derart gewandelt, dass es nicht mehr dem Unternehmen der KG "gedient" habe. Ähnlichen Strukturveränderungen seien viele Betriebe unterworfen, so dass das Tatbestandsmerkmal "dienen" in § 74 AO 1977 neu definiert werden müsse. Hierin liege die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
"Rein vorsorglich und hilfsweise" macht die Klägerin als Verfahrensmangel geltend, dass das FG ihrem Hinweis, das FA habe bei der Berechnung der Umsatzsteuer die Uneinbringlichkeit von Debitorenforderungen nicht berücksichtigt, nicht weiter nachgegangen sei.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder die angefochtene Entscheidung auf einem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). In der Beschwerdeschrift muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt und der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht hinreichend dargelegt.
Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt nur wegen einer klärungsbedürftigen und im Revisionsverfahren klärbaren Rechtsfrage in Betracht. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich bereits ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) erforderlich machen (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Juli 1997 V B 18/97, BFH/NV 1998, 177).
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung reicht weder die schlichte Behauptung der grundsätzlichen Bedeutung noch der Vortrag aus, dass die angestrebte höchstrichterliche Entscheidung sich in einer Vielzahl von Fällen auswirken werde (Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 62, m.w.N.). Vielmehr muss der Beschwerdeführer zunächst eine bestimmte Rechtsfrage bezeichnen und sodann konkret darauf eingehen, weshalb diese Frage im Interesse einer einheitlichen Anwendung oder Fortentwicklung des Rechts der höchstrichterlichen Klärung bedarf (BFH-Beschlüsse vom 3. Dezember 1998 V B 101/98, BFH/NV 1999, 794; vom 10. Dezember 1998 VIII B 56/98, BFH/NV 1999, 804, und vom 4. August 1999 VIII B 77/99, BFH/NV 2000, 71). Ist die betreffende Frage bereits höchstrichterlich entschieden worden, so muss er außerdem dartun, welche Aspekte seinerzeit nicht berücksichtigt worden sind oder aus welchen anderen Gründen weiterhin ein Klärungsbedarf besteht (BFH-Beschlüsse vom 26. Januar 1999 X B 135/98, BFH/NV 1999, 954). Fehlt es hieran, so ist die grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits nicht in statthafter Form geltend gemacht worden.
§ 74 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 hat folgenden Wortlaut: Gehören Gegenstände, die einem Unternehmen dienen, nicht dem Unternehmen, sondern einer an dem Unternehmen wesentlich beteiligten Person, so haftet der Eigentümer der Gegenstände mit diesen für diejenigen Steuern des Unternehmens, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet.
Die Klägerin meint, die Auslegung dieser Vorschrift sei unklar, das Tatbestandsmerkmal "dienen" müsse neu definiert werden; hierin liege die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Der Senat lässt dahinstehen, ob den Ausführungen der Klägerin überhaupt eine Rechtsfrage im vorgenannten Sinne entnommen werden kann. Jedenfalls hat sich die Rechtsprechung verschiedentlich mit dem Sinn des § 74 AO 1977 und der Bedeutung des Tatbestandsmerkmals "dienen" befasst (vgl. BFH-Urteile vom 10. November 1983 V R 18/79, BFHE 139, 242, BStBl II 1984, 127; vom 23. Februar 1988 VII R 99/85, BFH/NV 1988, 617; BFH-Beschluss vom 14. Juni 1994 VII B 239/93, BFH/NV 1995, 89, und zu § 115 der Reichsabgabenordnung, Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 14. Dezember 1966 1 BvR 496/65, BVerfGE 21, 6). Die Klägerin bestreitet nicht, dass die Vorentscheidung mit dieser Rechtsprechung im Einklang steht.
Unter diesen Umständen hätte sich die Klägerin mit der vorgenannten Rechtsprechung auseinander setzen und schlüssig dartun müssen, welche Aspekte seinerzeit nicht berücksichtigt worden sind oder aus welchen anderen Gründen weiterhin ein Klärungsbedarf besteht. Der bloße Hinweis auf den Strukturwandel der Wirtschaft und die damit einhergehende Nutzungsänderung von Betriebsgebäuden genügt nicht, zumal die Wirtschaft seit jeher einem Strukturwandel unterlag.
2. Die Beschwerdeschrift enthält auch keine schlüssige Rüge eines Verfahrensfehlers. Nach dem Urteil des FG hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, Forderungen der KG seien nach Konkurseröffnung uneinbringlich geworden. Der Beschwerdeschrift kann nicht entnommen werden, ob die Klägerin nunmehr behauptet, die Forderungen seien bereits vorher uneinbringlich geworden. Insoweit ist die Beschwerdeschrift unklar und bereits deshalb unschlüssig. Soweit die Klägerin meinen sollte, auch nach der Konkurseröffnung uneinbringliche Forderungen minderten die streitige Umsatzsteuer, läge hierin nicht die Rüge eines Verfahrensfehlers, sondern einer materiellen Unrichtigkeit des Urteils.
Von der Bekanntgabe einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.
Ende der Entscheidung
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