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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 06.09.2007
Aktenzeichen: V R 16/06
Rechtsgebiete: UStG, EStG, FGO


Vorschriften:

UStG § 2
UStG § 15 Abs. 1
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
FGO § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Frau Z und Herr S erwarben als Grundstücksgemeinschaft mit Kaufvertrag vom 15. Juni 1998 jeweils zur Hälfte ein Grundstück. Nach Abriss der bestehenden Gebäude errichteten sie auf dem Grundstück einen Neubau.

Frau Z hatte 1998 ein Einzelunternehmen gegründet, mit dem sie Beratungsleistungen erbrachte. Sie beabsichtigte, diese Tätigkeit gemeinsam mit Herrn S auszuüben, was Herrn S erst mit Beginn des Jahrs 2000 möglich war. Mit Gesellschaftsvertrag vom 13. Januar 2000 gründeten Frau Z und Herr S die ... OHG (OHG). Mit Gründung der OHG brachte Frau Z ihr Einzelunternehmen in die OHG ein.

Seit Jahresbeginn 2000 nutzte die OHG 24,02 v.H. des Gebäudes für die durch sie ausgeübte Unternehmenstätigkeit. Im Übrigen nutzten Frau Z und Herr S das Grundstück für private Wohnzwecke.

Zwischen Frau Z und Herrn S einerseits und der OHG andererseits bestanden keine Vereinbarungen über eine Nutzungsüberlassung an die OHG. Die OHG erbrachte für die Nutzung auch keine Gegenleistung. Das Gebäude wurde weder ganz noch teilweise in das Gesamthandsvermögen der OHG übertragen.

In den Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1998 und 1999 machten Frau Z und Herr S die Vorsteuer für die Errichtung des durch die OHG genutzten Gebäudeteils als "Grundstücksgemeinschaft Z und S" geltend.

Im Anschluss an eine Außenprüfung bei der OHG lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit dem an die "Grundstücksgemeinschaft Z und S" gerichteten Bescheid vom 9. Dezember 2002 den Vorsteuerabzug für die Streitjahre ab. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 12. Februar 2003 gegenüber der "Grundstücksgemeinschaft Z und S" ab.

Mit ihrer Klage machte die Grundstücksgemeinschaft als Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) geltend, dass sie unabhängig vom Abschluss eines Mietvertrages zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Es sei von Anfang an beabsichtigt gewesen, die entstehenden Räume im Rahmen der Beratungstätigkeit der gemeinsamen Firma zu nutzen. Dass die OHG erst nach Fertigstellung des Gebäudes entstanden sei, rechtfertige keine Versagung des Vorsteuerabzugs. Die Klägerin sei mit der späteren OHG personenidentisch und quasi Rechtsvorgängerin der OHG.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit der Begründung statt, dass der Klägerin der Vorsteuerabzug aus dem unternehmerisch genutzten Teil des Gebäudes zustehe. Eine Bruchteilsgemeinschaft/Bauherrengemeinschaft sei auch dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn sie bereits bei Errichtung des Gebäudes entschlossen sei, die errichteten Büroräume nach Fertigstellung von einer aus ihnen noch formell zu gründenden Handelsgesellschaft nutzen zu lassen. Ob die Mitglieder dieser Gemeinschaft mit dem Gebäude Umsätze für ihre jeweiligen Einzelunternehmen oder Umsätze für das Unternehmen einer zwischen ihnen bestehenden OHG erbringen wollten, spiele keine Rolle. Danach sei der Vorsteuerabzug zu gewähren, da Frau Z und Herr S den Bürotrakt in Vorbereitung der gemeinsamen betrieblichen Tätigkeit errichtet hätten.

Das FA rügt Verletzung formellen und materiellen Rechts und beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision des FA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Klägerin aus den Kosten für die Errichtung des Gebäudes zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 (UStG) sind nur Unternehmer aus bezogenen Leistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dem Leistungsempfänger steht bereits bei Leistungsbezug das Recht auf Vorsteuerabzug als Unternehmer zu, wenn er die ernsthafte und durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, die bezogenen Leistungen für entgeltliche Umsatztätigkeiten zu verwenden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. November 2002 V R 18/01, BFHE 200, 440, BStBl II 2003, 443).

a) Eine entgeltliche Leistungstätigkeit kann sich aus einer Nutzungsüberlassung ergeben. Es muss dann aber zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Hierfür reicht es nicht aus, dass die Mitglieder einer Personengemeinschaft lediglich gemeinschaftlich die Kosten für den Erwerb und den Unterhalt eines Wirtschaftsguts tragen, das sie gemeinsam nutzen wollen. Eine i.S. von § 2 UStG unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit der Gesellschaft liegt nur vor, wenn die Nutzungsüberlassung selbst gegen Entgelt erfolgt (BFH in BFHE 200, 440, BStBl II 2003, 443).

Ein Leistungsbezug erfolgt auch dann für unternehmerische Zwecke, wenn eine erst später aufzunehmende entgeltliche Umsatztätigkeit vorbereitet werden soll. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) auch eine Vorgründungsgesellschaft, deren alleiniger Zweck darin besteht, die spätere unternehmerische Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft vorzubereiten, ohne eigene Umsatztätigkeiten auszuüben, zum Vorsteuerabzug berechtigt (EuGH-Urteil vom 29. April 2004 C-137/02, Faxworld, Slg. 2004, I-5547, BFH/NV Beilage 2004, 225).

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Klägerin nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Sie nutzte das von ihr errichtete Gebäude weder ganz noch im Umfang der Überlassung an die OHG zur Erbringung entgeltlicher Leistungen. Denn nach den Feststellungen des FG erfolgte die Nutzungsüberlassung an die OHG unentgeltlich.

Ein Anspruch auf Vorsteuerabzug der Klägerin besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines die spätere Tätigkeit der OHG vorbereitenden Handelns. Denn die Rechtsprechung zu Vorgründungsgesellschaften betrifft nur die Gründung von Kapitalgesellschaften. Sie beruht darauf, dass die Vorgründungsgesellschaft ihr Vermögen auf die spätere GmbH überträgt, so dass die GmbH nach Art. 5 Abs. 8 und Art. 6 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) als Rechtsnachfolger der Vorgründungsgesellschaft anzusehen ist (EuGH-Urteil Faxworld in Slg. 2004, I-5547, BFH/NV Beilage 2004, 225 Rdnr. 42).

Eine derartige Übertragung liegt nicht vor. Die Klägerin hat das Gebäude nicht in das Gesamthandsvermögen der OHG übertragen. Im Übrigen geht es im Streitfall um die Gründung einer Personengesellschaft. Auf diese sind die Grundsätze für den Vorsteuerabzug von Vorgründungsgesellschaften im Hinblick auf die späteren Umsätze der aus ihr hervorgehenden juristischen Person nicht übertragbar (BFH-Beschluss vom 24. August 2006 V B 167/04, BFH/NV 2007, 280).

2. Ein Anspruch auf Vorsteuerabzug steht auch nicht Frau Z und Herrn S jeweils in ihrer Eigenschaft als Mitglied einer Bruchteilsgemeinschaft zu.

Kommt einer Personenmehrheit keine eigene Rechtspersönlichkeit zu und ist diese Personenmehrheit nicht als Unternehmer anzusehen, so dass die Personenmehrheit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, können die Mitglieder der Personenmehrheit bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Dies setzt aber voraus, dass das jeweilige Mitglied der Personenmehrheit aufgrund der von ihm persönlich ausgeübten Tätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (EuGH-Urteil vom 21. April 2005 C-25/03, HE, Slg. 2005, I-3123, BFH/NV Beilage 2005, 196 Rdnr. 57 zur Miteigentümergemeinschaft, und BFH-Urteil vom 3. November 2005 V R 53/03, BFH/NV 2006, 841 zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Eine unternehmerische Tätigkeit des Mitglieds einer Miteigentümergemeinschaft kann sich z.B. daraus ergeben, dass der Miteigentümer seinen Miteigentumsanteil der Gemeinschaft entgeltlich zur Nutzung überlässt (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 16. Mai 2002 V R 4/01, BFH/NV 2002, 1347).

Nach den Feststellungen des FG ist eine Gebäudeerrichtung für eigene unternehmerische Zwecke der Gemeinschafter der Klägerin zu verneinen. So war Frau Z zwar als Einzelunternehmerin tätig. Das Gebäude sollte jedoch nicht den Zwecken ihres Einzelunternehmens dienen. Herr S übte keine unternehmerische Tätigkeit aus. Frau Z und Herr S haben als Miteigentümer ihre Miteigentumsanteile auch nicht an die Gemeinschaft gegen Entgelt überlassen. Eine Zuordnung des Gebäudemiteigentums zu eigenen Unternehmenszwecken schied aus.

3. Die unternehmerische Tätigkeit der OHG ist weder der Klägerin noch Frau Z und Herrn S persönlich zuzurechnen.

Im Gegensatz zum Einkommensteuergesetz (EStG), das nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG die Gesellschafter einer OHG als Mitunternehmer ansieht, müssen Gesellschaft und Gesellschafter umsatzsteuerrechtlich ihre Unternehmerstellung jeweils eigenständig begründen (BFH-Beschluss vom 9. März 1989 V B 48/88, BFHE 156, 535, BStBl II 1989, 580). Im Hinblick auf die Rechtsformneutralität der Umsatzsteuer gilt dieses Trennungsprinzip gleichermaßen für Kapital- und Personengesellschaften und auch Miteigentümergemeinschaften. Danach können weder die Klägerin noch Frau Z und Herr S einen Unternehmerstatus und eine sich hieran anknüpfende Berechtigung zum Vorsteuerabzug aus der Tätigkeit der OHG ableiten.

4. Die Sache ist spruchreif. Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung ist nicht rechtswidrig. Der Senat kann nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO durcherkennen, da der Klägerin ein Anspruch auf Vorsteuerabzug unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zusteht. Über die Verfahrensrügen des FA war nicht zu entscheiden.

Ende der Entscheidung

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