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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 17.09.1998
Aktenzeichen: V R 27/96
Rechtsgebiete: UStG 1980, FGO, UStG


Vorschriften:

UStG 1980 § 14 Abs. 3
UStG 1980 § 15 Abs. 4
UStG 1980 § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1
FGO § 126 Abs. 3 Nr. 1
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1
UStG § 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb eine Gastwirtschaft. Im Jahre 1987 bestellte er bei der X-AG unter Vermittlung des Kraftfahrzeughändlers S einen PKW. Bei Lieferung verkaufte der Kläger den PKW an S. Die Rechnung der X-AG vom 30. Mai 1988 war an den Kläger unter Voranstellung des Gaststättennamens gerichtet. Unter der gleichen Bezeichnung stellte der Kläger am selben Tag dem S eine Rechnung aus, in der der gleiche Kaufpreis wie in der Einkaufsrechnung berechnet und Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen wurde. Die Rechnung enthielt unten rechts einen Stempel mit dem Gaststättennamen und dem Namen des Klägers sowie eine Unterschrift.

Der Kläger berücksichtigte den Vorgang zunächst weder in seiner Buchführung noch in seiner Umsatzsteuererklärung für 1988. Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) von der Ausstellung der Rechnung durch den Kläger Kenntnis erlangt hatte, berichtigte dieser seine Umsatzsteuererklärung, indem er nunmehr den mit dem Kauf des PKW in Zusammenhang stehenden Vorsteuerabzug geltend machte und bei den erklärten Umsätzen den Verkaufserlös berücksichtigte. Das FA versagte in dem Änderungsbescheid vom 28. Juni 1993 den Vorsteuerabzug und setzte die in der Rechnung des Klägers gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer gemäß § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1980 (im folgenden: UStG) fest, indem es die Steuer um ... DM erhöhte. Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos.

Mit der Klage machte der Kläger geltend, der 1987 bestellte PKW sei für sein Unternehmen bestimmt gewesen, so daß die Weiterveräußerung als Hilfsgeschäft im Rahmen seines Unternehmens zu beurteilen sei. Er habe den PKW aus finanziellen Gründen bei Lieferung weiterveräußern müssen. Der Vorgang sei in seiner Buchhaltung und in seinen Steuererklärungen nicht erfaßt worden, weil Kauf- und Verkaufspreis identisch gewesen seien.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, der Kläger habe den PKW nicht für sein Unternehmen bezogen. Da der An- und Verkauf des PKW weder in der Buchführung noch in den Steuererklärungen berücksichtigt worden sei, habe der Kläger den PKW nicht seinem Unternehmen zugeordnet. Es sei unerheblich, daß er den PKW unter seiner "Firmenbezeichnung" bestellt habe.

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er beantragt, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils die Umsatzsteuer 1988 um ... DM niedriger festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur antragsgemäßen Festsetzung der Umsatzsteuer (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Kläger schuldet keine Steuer gemäß § 14 Abs. 3 UStG.

1. Ein Unternehmer darf einen Gegenstand, der --wie ein PKW-- sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch verwendet werden kann, für das Unternehmen anschaffen, wenn er eine entsprechende Zuordnungsentscheidung trifft. Seine Entscheidung, einen Gegenstand seinem Unternehmen zuzuordnen, ist statthaft, wenn der Gegenstand im Umfang des vorgesehenen Einsatzes für unternehmerische Zwecke in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit steht und diese fördern soll. Maßgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse (vgl. § 15 Abs. 4 UStG) des Unternehmers im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Er muß in Zweifelsfällen darlegen, daß die bezogene Leistung seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit hat fördern sollen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Juli 1995 V R 44/94, BFHE 178, 482, BStBl II 1995, 853).

2. Das FG hat ausgeführt, der Kläger habe den PKW nicht in einer anhand von objektiven Kriterien nachvollziehbaren Weise seinem Unternehmen zugeordnet. Er habe weder den PKW in seiner Einnahme-Überschuß-Rechnung erfaßt noch den Vorsteuerbetrag in seiner Umsatzsteuererklärung abgezogen und den Veräußerungsumsatz berücksichtigt. Es seien keine Anhaltspunkte für die Zuordnung erkennbar; der Umstand, daß der Kläger den PKW unter seiner "Firmenbezeichnung" bestellt habe, ändere daran nichts.

Diese Würdigung entspricht nicht den Grundsätzen, die der Senat in den Urteilen in BFHE 178, 482, BStBl II 1995, 853 und vom 28. März 1996 V R 34/95 (BFH/NV 1996, 793) dargelegt hat. Wie in den bezeichneten Entscheidungen ausgeführt worden ist, steht der Zuordnung nicht zwingend entgegen, daß der Steuerpflichtige den Ankauf nicht in seiner Buchführung erfaßt und den Vorsteuerabzug --zunächst-- nicht geltend gemacht hat. Zwar hat die Rechtsprechung die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs als gewichtiges Beweisanzeichen für und die Unterlassung des Vorsteuerabzugs als Indiz gegen eine Zuordnung (vgl. BFH-Urteil vom 25. März 1988 V R 101/83, BFHE 153, 171, BStBl II 1988, 649) gewürdigt. Diesem Merkmal kommt jedoch bei der Abwägung der gesamten Umstände keine unwiderlegbare Beweiswirkung zu. Gegenstände, für deren Anschaffung kein (oder kein besonderer, sondern nur ein pauschaler) Vorsteuerabzug vorgenommen worden ist, können von dem Unternehmer "für sein Unternehmen" bezogen werden (vgl. dazu im einzelnen BFH in BFHE 178, 482, BStBl II 1995, 853). Wenn kein Vorsteuerabzug vorgenommen wird, muß dies im Zusammenhang mit den anderen Umständen gewürdigt werden. Die Unterlassung des Vorsteuerabzugs hat keinen besonderen Beweiswert gegen ein Zuordnung, wenn sie von dem Steuerpflichtigen plausibel erklärt wird (BFH in BFHE 178, 482, BStBl II 1995, 853). Da das Urteil des FG mit diesen Grundsätzen nicht in Einklang steht, war es aufzuheben.

3. Die Sache ist entscheidungsreif. Der Senat kann durcherkennen.

Der Kläger hat den PKW für sein Unternehmen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG) bezogen und bei der Veräußerung im Rahmen des Unternehmens geliefert (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG). Der Kläger war daher zum Abzug der ihm berechneten Umsatzsteuer als Vorsteuer und zur Ausstellung einer Rechnung mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer über die Lieferung des Fahrzeugs berechtigt. Er schuldete aus der Rechnung keine Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 UStG.

a) Der Kläger war als Gastwirt Unternehmer. Er hat den PKW gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG "für sein Unternehmen" erworben. Zwischen der Anschaffung des Fahrzeugs und der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers, zu der z.B. auch der Einkauf von Waren gehörte, bestand ein objektiver und erkennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang. Der Kläger war bei seiner Unternehmertätigkeit auf ein Fahrzeug angewiesen. Er hat, was auf eine Zuordnung hinweist (vgl. BFH-Urteil vom 11. November 1993 V R 52/91, BFHE 173, 239, BStBl II 1994, 335, unter II. 2. a), das Fahrzeug unter seiner Firmenbezeichnung bestellt, bezahlt und geliefert. Der Erwerb stand in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Weiterlieferung unter Rechnungsausstellung mit gesondertem Steuerausweis. Durch die Abrechnung wird erkennbar, wie der Abrechnende die Leistung behandelt (vgl. § 9 UStG). Wenn der Unternehmer unter der Anschrift und Bezeichnung, unter der er seine Umsatztätigkeit als Unternehmer ausführt, einen ihm gelieferten, für sein Unternehmen objektiv nützlichen Gegenstand sogleich weiterliefert und darüber mit gesondertem Steuerausweis abrechnet, behandelt er umsatzsteuerrechtlich den Gegenstand als "für sein Unternehmen" bezogen.

Die Unterlassung des Vorsteuerabzugs hat der Kläger plausibel erklärt. Er hat sinngemäß ausgeführt, er habe den Vorgang als durchlaufenden Posten behandelt, weil der Vorsteuerbetrag in der Einkaufsrechnung mit dem in der Verkaufsrechnung ausgewiesenen Betrag identisch gewesen sei.

b) Der Kläger setzte das Fahrzeug für eine steuerpflichtige Lieferung im Rahmen seines Unternehmens ein (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG). Da er das Fahrzeug beim Erwerb wirksam seinem Unternehmen zugeordnet hatte, konnte er die Lieferung nur im Rahmen seines Unternehmens ausführen, es sei denn, daß er das Fahrzeug zuvor entnommen hätte (Eigenverbrauch), wofür hier jeglicher Anhalt fehlt. Die Lieferung des für den eigenen Gebrauch als Anlagegegenstand vorgesehenen Fahrzeugs ist als Hilfsgeschäft zu beurteilen (vgl. BFH in BFHE 173, 239, BStBl II 1994, 335). Sie ist steuerbar, auch wenn sie --für sich betrachtet-- nicht nachhaltig erfolgt. Bei den Hilfsgeschäften zur unternehmerischen Haupttätigkeit ist die Nachhaltigkeit aufgrund der Gesamtheit der Umstände, zu denen ein Hilfsgeschäft gehört, zu beurteilen (BFH in BFHE 153, 171, BStBl II 1988, 649).

c) Der Kläger war als Unternehmer über den im Rahmen seines Unternehmens ausgeführten Umsatz zur Ausstellung einer Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis berechtigt. Er schuldet die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nicht nach § 14 Abs. 3 UStG.

4. Die Umsatzsteuer berechnet sich wie folgt: ...

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