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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 27.07.2000
Aktenzeichen: V R 31/99
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 127 | |
FGO § 68 | |
FGO § 68 Satz 2 | |
FGO § 68 Satz 3 | |
FGO § 55 Abs. 2 Satz 1 |
Gründe
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt ein Unternehmen, in dessen Rahmen er im Streitjahr 1996 Abwässer aus Sickergruben und Sammelgruben über Einleitungsstellen des Wasserwerks ... und des Wasserverbands ... entsorgte.
Der Kläger stellte seinen Kunden die zunächst von ihm verausgabten Einlassgebühren gesondert in Rechnung, ohne dafür Umsatzsteuer auszuweisen.
Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bezog der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die vom Kläger als durchlaufende Posten behandelten Gebühren in die Entgelte für die steuerpflichtigen Leistungen ein. Einspruch und Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid hatten keinen Erfolg.
Gegen das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG), das in der Zeitschrift Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 511 veröffentlicht ist, legte der Kläger Revision ein.
Während des Revisionsverfahrens änderte das FA den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 1996, indem es noch Umsätze in Höhe von ... DM hinzuschätzte (Umsatzsteuerbescheid vom 27. März 2000).
Der Kläger hat gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt (Schriftsatz vom 11. April 2000) und ihn gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht (Schriftsatz vom 12. Mai 2000). Auf Anfrage hat er klargestellt, dass er sich sowohl gegen die Behandlung der Einlassgebühren als auch gegen die Hinzuschätzung wendet.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Nach § 127 FGO kann der Bundesfinanzhof (BFH), wenn während des Revisionsverfahrens ein geänderter Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens geworden ist, das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverweisen.
Der Änderungsbescheid vom 27. März 2000 ist gemäß § 68 FGO während des Revisionsverfahrens Gegenstand des Verfahrens geworden.
1. Der Antrag ist zwar nicht innerhalb der Monatsfrist des § 68 Satz 2 FGO gestellt worden. Dies ist aber unbeachtlich, da die dem Kläger bekannt gegebene Bescheidausfertigung keinen Hinweis auf die Frist des § 68 Satz 2 FGO enthielt. Wird der angefochtene Verwaltungsakt durch einen anderen Verwaltungsakt geändert oder ersetzt und weist das FA entgegen § 68 Satz 3 FGO in der Rechtsbehelfsbelehrung nicht auf die in § 68 Satz 2 FGO vorgeschriebene Monatsfrist für den Antrag, den neuen Verwaltungsakt zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, hin, kann der Antrag entsprechend § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO grundsätzlich innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des neuen Verwaltungsaktes gestellt werden (BFH-Urteil vom 24. Januar 1995 IX R 22/94, BFHE 176, 315, BStBl II 1995, 328).
2. Der Wirksamkeit des Antrags nach § 68 FGO steht auch nicht der zuvor eingelegte Einspruch entgegen. Legt der Steuerpflichtige gegen einen während des finanzgerichtlichen Verfahrens ergangenen Berichtigungsbescheid zunächst Einspruch ein und wird danach dieser Bescheid auf Antrag des Klägers nach § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens, dann umfasst der Antrag auch die Zurücknahme des Einspruchs (BFH-Urteil vom 8. Oktober 1985 VIII R 78/82, BFHE 145, 106, BStBl II 1986, 302). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Antrag nach § 68 FGO --wie im Streitfall-- zu einer Sachentscheidung des FG führen kann (BFH-Beschluss vom 16. Juni 1999 I B 165/98, BFH/NV 1999, 1611).
3. Nach § 127 FGO ist regelmäßig eine Zurückverweisung der Sache an das FG geboten, wenn der Bescheid einen neuen Streitpunkt enthält. Da die Hinzuschätzung der Umsätze im ersten Rechtsgang noch nicht streitig war, war die Sache an das FG zurückzuverweisen.
4. Das FG hat im zweiten Rechtsgang Gelegenheit zu prüfen, ob der Rechtsstreit auch die Einleitungsgebühren des Wasserwerks für Abwasser aus ... betrifft, die nach dem Tatbestand der Vorentscheidung wohl ohnehin Umsatzsteuer enthalten, und welche Konsequenzen sich hieraus für die Vorsteuer und die (Ausgangs-)Umsatzsteuer ergeben.
5. Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 121 Satz 1, § 90 Abs. 2 FGO).
Ende der Entscheidung
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