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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 17.04.2008
Aktenzeichen: V R 58/05
Rechtsgebiete: UStG 1993, Richtlinie 77/388/EWG
Vorschriften:
UStG 1993 § 4 Nr. 21 Buchst. b | |
Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i | |
Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j |
2. § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993 begünstigt nur die Träger privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, nicht aber selbständige Referenten, die an diesen Schulen oder ähnlichen Bildungseinrichtungen Unterricht erteilen (Anschluss an BFH-Urteil vom 27. August 1998 V R 73/97, BFHE 187, 60, BStBl II 1999, 376).
3. Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993 ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung der in dieser Vorschrift bezeichneten Umsätze. Sie ist für denjenigen beizubringen, der sich auf die Steuerbefreiung beruft.
4. Ein Steuerpflichtiger kann sich nicht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG berufen, wenn er nicht als "andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" anerkannt ist.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob eine Tätigkeit als Referent im Rahmen eintägiger Fortbildungsseminare der Bundessteuerberaterkammer für Steuerberater umsatzsteuerfrei ist.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), der habilitiert ist und die Lehrberechtigung für die Fächer ... hat, war in den Streitjahren (1995 bis 1999) als Rechtsanwalt und Steuerberater tätig; daneben war er schriftstellerisch tätig und hielt Vorträge. Seine Umsätze versteuerte er nach vereinnahmten Entgelten.
Der Kläger führte in den Streitjahren aufgrund von Verträgen mit der Bundessteuerberaterkammer, in denen er als "Referent" bezeichnet wurde, eintägige, auf den Teilnehmerkreis der Steuerberater beschränkte Seminare gegen Vergütung durch. Als Arbeitsunterlage fertigte der Kläger vervielfältigungsfähige Manuskripte an und stellte diese zur Verfügung.
Die Seminare wurden an verschiedenen von der Bundesteuerberaterkammer und den regionalen Steuerberaterkammern festgelegten Orten durchgeführt. Die jeweils ganztägig, d.h. von 9 bis 17 Uhr, durchgeführten Fortbildungsseminare umfassten regelmäßig acht "Unterrichtsstunden" zu je 45 Minuten. Teilnehmer waren praktizierende Steuerberater. Die Zahl der Teilnehmer war auf jeweils 40 bis 50 Personen begrenzt.
Das Seminar ... hielt der Kläger in den Jahren 1995 bis 1997 insgesamt 22 Mal ab, das Seminar ... in den Jahren 1997 bis 1999 insgesamt 45 Mal.
Der Kläger erhielt für die Seminare ein "Pauschalhonorar" in Höhe von ... DM bzw. ... DM je Veranstaltung sowie darüber hinaus 15 DM pro Teilnehmer eines Seminars für das Manuskript. Bezüglich der Vergütung wurde vereinbart, dass mangels Vorsteuerabzugsberechtigung der Bundessteuerberaterkammer eine ggf. anfallende Umsatzsteuer in den genannten Beträgen enthalten sei.
Am 1. Februar 2000 erteilte die Bezirksregierung der Bundessteuerberaterkammer eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a, bb des Umsatzsteuergesetzes (UStG), die wie folgt lautet:
"... Ihrer Einrichtung wird zur Vorlage bei dem zuständigen Finanzamt bescheinigt, dass folgende berufliche Bildungsmaßnahme/n im Sinne des § 4 Nr. 21 a), bb) Umsatzsteuergesetz ordnungsgemäß durchgeführt wird/werden:
- ...
- ...
Diese Bescheinigung wird auf Widerruf erteilt und darf nicht für Werbezwecke verwendet werden. Sie gilt rückwirkend ab 1987."
In seinen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1995 bis 1999 behandelte der Kläger die aufgrund seiner Referententätigkeit erbrachten Leistungen als gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993 steuerfrei.
Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit geänderten Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre 1995 bis 1999 Umsatzsteuer für die erbrachten Referentenleistungen fest. Dabei wandte das FA den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG 1993/1999 an, soweit der Kläger Entgelte vereinnahmte, die auf die Manuskripte entfielen.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 2005, 1807 veröffentlichten Urteil der Klage im Hauptantrag statt. Es entschied, die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre 1995 bis 1997 sowie 1998 und 1999 in der Fassung der während des Klageverfahrens ergangenen Änderungsbescheide vom 22. Juli 2005 für 1998 und 1999 seien rechtswidrig, da das FA die vom Kläger im Rahmen der von der Bundessteuerberaterkammer veranstalteten Fortbildungsseminare erbrachten Referentenleistungen zu Unrecht besteuert habe. Die Leistungen seien nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) von der Umsatzsteuer befreit.
Über den Hilfsantrag des Klägers, in Anwendung der allgemeinen Billigkeitsregelung in Abschn. 112a der Umsatzsteuer-Richtlinien 1992 und 1996 (UStR 1992 und 1996) entsprechende Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre zu erlassen, entschied das FG deshalb nicht.
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG).
Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Hilfsweise regt der Kläger an, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) die Frage vorzulegen, ob der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG auch die berufliche Fortbildung umfasst.
Er trägt im Wesentlichen vor, aus Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der Richtlinie 77/388/EWG folge, dass neben dem Schul- und Hochschulunterricht auch die Ausbildung, Fortbildung und berufliche Umschulung befreit seien. Schul- und Hochschulunterricht solle Bildung vermitteln. Zur Bildung gehöre auch die Aus- und Fortbildung. Aus- und Fortbildung in Form des Schul- oder Hochschulunterrichts sei auch dann steuerfrei, wenn sie durch einen Privatlehrer und nicht von einer Einrichtung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG ausgeführt werde. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG erfasse nicht nur den von Privatlehrern an Schulen und Hochschulen erteilten Unterricht, sondern auch den Unterricht, der gemessen an seinen wissenschaftlichen und didaktischen Anforderungen dem Unterricht entspreche, der üblicherweise an einer Schule oder Hochschule erteilt werde. Es sei allgemein bekannt, dass Hochschulen in Deutschland und in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union Kenntnisse im Rahmen der berufsbegleitenden Fortbildung vermittelten. Der Gemeinschaftsgesetzgeber rechne den Schul- und Hochschulunterricht zu den Tätigkeiten, die dem Gemeinwohl dienten. Dem Gemeinwohl diene nicht nur die Erstausbildung, sondern auch die Fort- und Weiterbildung.
Die Bundesteuerberaterkammer unterhalte eine (Hoch-)Schule. Zumindest habe aber sein, des Klägers, Unterricht dem Unterricht entsprochen, der üblicherweise an einer Schule oder Hochschule erteilt werde.
Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 (VO Nr. 1777/2005) des Rates vom 17. Oktober 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 77/388/EWG (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 288/1) konkretisiere mittelbar die Begriffe Schule und Hochschule. Dieser Artikel sei die schriftliche Fixierung dessen, was schon immer bei der Auslegung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG zu beachten gewesen sei. Voraussetzung einer (Hoch-)Schule sei nicht, dass bestimmte Themen über viele Jahre hinweg in einem regelmäßigen Turnus vorgetragen würden. Es genüge, dass Kenntnisse über bestimmte Sachgebiete über längere Zeit einer nicht begrenzten Zahl von Interessenten vermittelt würden. Die Vermittlung von Kenntnissen könne dabei auch an verschiedenen Orten erfolgen.
Gemeinsam mit den obersten Finanzbehörden der Länder sei das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kenntnisvermittlung durch Gastdozenten an der Bundesfinanzakademie (Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BdF-- vom 12. September 1990 IV A 3 -S 7179- 5/90, Steuererlasse in Karteiform --StEK--, Umsatzsteuergesetz 1980, § 4 Nr. 21, Rechtsspruch 21) und die Leistungen externer Dozenten und Moderatoren bei dienstlichen Fortbildungsveranstaltungen im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMF-Schreiben vom 30. Dezember 1996 IV C 4 -S 7179- 21/96, StEK, Umsatzsteuergesetz 1980, § 4 Nr. 21, Rechtsspruch 36) als Unterricht einzustufen sei, der umsatzsteuerfrei bleibe. In dieser Beurteilung liege für die genannten Fälle eine Konkretisierung des Abschn. 112a Abs. 1 UStR 1992 und 1996. Mindestens handele es sich um eine Billigkeitsentscheidung, die auch von den Gerichten zu beachten sei.
II.
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Entgegen der Vorentscheidung sind die Umsätze des Klägers nicht steuerfrei.
1. Der Kläger hat durch seine Referententätigkeit sonstige Leistungen gegen Entgelt erbracht, die gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 der Umsatzsteuer unterliegen.
2. Die Leistungen des Klägers sind nicht nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993 von der Steuer befreit.
Der Senat geht dabei davon aus, dass auch im Streitjahr 1999 gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG 1999 nur die bis zum 31. März 1999 geltende Fassung des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993 anzuwenden ist, da der Kläger im Klageverfahren unwidersprochen vorgetragen hat, dass er die Seminare vor dem 1. April 1999 abgehalten habe.
a) Nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993 in der bis zum 31. März 1999 gültigen Fassung sind:
"Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 fallenden Umsätzen steuerfrei:
...
Nr. 21 die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
...
b) wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten;"
b) Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993 liegen im Streitfall nicht vor.
Die Vorschrift des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993 begünstigt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nur die Träger privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, nicht aber selbständige Referenten, die an diesen Schulen oder ähnlichen Bildungseinrichtungen Unterricht erteilen (vgl. bereits BFH-Urteil vom 27. August 1998 V R 73/97, BFHE 187, 60, BStBl II 1999, 376, und BFH-Beschluss vom 20. Oktober 2005 V R 75/03, BFHE 212, 150, BStBl II 2006, 147).
c) Im Übrigen fehlt es auch an einer Bescheinigung i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993.
Die im Verfahren vorgelegte Bescheinigung vom 1. Februar 2000 ist nicht dem Kläger erteilt worden, sondern der Bundessteuerberaterkammer. Das genügt nicht (vgl. BFH-Urteile vom 23. August 2007 V R 4/05, BFHE 217, 327, unter II. 2. b bb, und V R 10/05, BFHE 217, 332, unter II. 2. b, Letzteres zur Nachfolgevorschrift des § 4 Nr. 21 b bb UStG 1999). Außerdem wird der Bundessteuerberaterkammer darin lediglich bescheinigt, dass ihre beruflichen Bildungsmaßnahmen ... und ... i.S. des § 4 Nr. 21 a bb UStG 1999 "ordnungsgemäß durchgeführt" wurden und nicht --wie erforderlich--, dass die Bundessteuerberaterkammer durch die Seminare auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde ist aber materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung der in § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993 bezeichneten Umsätze (vgl. BFH-Urteil vom 24. September 1998 V R 3/98, BFHE 187, 334, BStBl II 1999, 147, zur vergleichbaren Vorschrift des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG 1993, unter II. 1. b der Gründe).
3. Der Kläger kann sich ferner nicht mit Erfolg auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der Richtlinie 77/388/EWG berufen.
Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer
- die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung (Buchst. i)
sowie
- den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht (Buchst. j).
a) Die Voraussetzungen des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG liegen nicht vor.
Zwar kann der Begriff der Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung nicht nur juristische Personen, sondern auch natürliche Personen erfassen, da der Grundsatz der steuerlichen Neutralität es verbietet, Wirtschaftsteilnehmer, die die gleichen Umsätze bewirken, bei deren Besteuerung unterschiedlich zu behandeln (hierzu EuGH-Urteil vom 7. September 1999 Rs. C-216/97, Gregg, Slg. 1999, I-4947, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1999, 419 Randnrn. 14 bis 20).
Die vom Kläger erbrachten Leistungen sind aber schon deshalb nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG von der Steuer zu befreien, weil der Kläger mangels Anerkennung nicht als "andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" anzusehen ist (vgl. dazu BFH-Beschluss in BFHE 212, 150, BStBl II 2006, 147, und BFH-Urteil vom 21. März 2007 V R 28/04, BFH/NV 2007, 1604, unter II. 2. c dd der Gründe).
b) Auch eine Steuerbefreiung gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG scheidet aus.
aa) Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG enthält keine Definition des Begriffs "Schul- und Hochschulunterricht".
Hierzu hat der EuGH ausgeführt, zwar seien die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG umschrieben seien, eng auszulegen, doch würde eine besonders enge Auslegung des Begriffs "Schul- und Hochschulunterricht" die Gefahr einer je nach Mitgliedstaat unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuersystems hervorrufen, weil die jeweiligen Unterrichtssysteme der Mitgliedstaaten unterschiedlich gestaltet seien (vgl. EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 Rs. C-445/05, Haderer, BFH/NV Beilage 2007, 394, UR 2007, 592 Randnr. 24).
Der EuGH hat davon ausgehend den gemeinschaftlichen Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG nicht genau definiert, sondern festgestellt, "dass sich dieser Begriff nicht auf den Unterricht beschränkt, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern dass er andere Tätigkeiten einschließt, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (vgl. EuGH-Urteil Haderer in BFH/NV Beilage 2007, 394, UR 2007, 592 Randnr. 26).
Der EuGH hat ferner betont, dass der Wortlaut des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG eng auszulegen ist und sich nur auf die Tätigkeiten bezieht, die in dieser Bestimmung einzeln aufgeführt und genau beschrieben sind (vgl. EuGH-Urteil Haderer in BFH/NV Beilage 2007, 394, UR 2007, 592 Randnr. 37).
bb) Davon ausgehend kann die Tätigkeit des Klägers --unabhängig von dessen Qualifikation als Hochschullehrer-- nicht als "Schul- und Hochschulunterricht" i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG qualifiziert werden.
Die Bundessteuerberaterkammer als (vertraglicher) Leistungsempfänger des Klägers ist keine Schule oder Hochschule. Die an verschiedenen Orten in großer Zahl durchgeführten Veranstaltungen richteten sich weder an Schüler oder Hochschüler, sondern an praktizierende Steuerberater, die die Seminare gegen Entgelt zu ihrer Fortbildung besuchten.
Bei den eintägigen Fortbildungsseminaren handelt es sich ferner nicht um einen in einen Lehr- oder Studienplan eingebetteten Unterricht. Es gibt --anders als bei Kursen mit dem Gegenstand "Sofortmaßnahmen am Unfallort"-- auch keine Stellungnahme von Kultusministerien, wonach es erforderlich oder zumindest wünschenswert ist, den Inhalt der streitigen Kurse in den Schul- bzw. Hochschulunterricht zu integrieren (vgl. dazu BFH-Urteil vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFH/NV 2008, 725, unter II. 2. a dd).
c) Auch wenn die beiden in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Arten der Steuerbefreiung u.a. auf die Förderung des "Schul- und Hochschulunterrichts" als Tätigkeit von allgemeinem Interesse gerichtet sind, kann daraus nicht gefolgert werden, dass die beiden Vorschriften zusammen ein System bildeten, mit dem eine Umsatzsteuerbefreiung für Tätigkeiten gewährt werden soll, die nicht jeweils die Voraussetzungen nach der einen oder nach der anderen Vorschrift erfüllen. Der Wortlaut der Bestimmungen ist vielmehr eng auszulegen und bezieht sich nur auf die Tätigkeiten, die in der Vorschrift einzeln aufgeführt und genau beschrieben sind (vgl. EuGH-Urteil Haderer in BFH/NV Beilage 2007, 394, UR 2007, 592 Randnrn. 16 bis 19 und 37).
Eine erweiternde Auslegung dahingehend, dass die vom Kläger abgehaltenen Seminare aufgrund des Regelungsgehalts der Bestimmung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG gleichwohl von der Bestimmung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG erfasst werden, scheidet daher ebenfalls aus (vgl. BFH-Urteile in BFHE 217, 327, und in BFHE 217, 332).
d) Entgegen der Rechtsansicht des Klägers berührt Art. 14 VO Nr. 1777/2005 diese Auslegung nicht.
Danach umfassen die Dienstleistungen der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung, die unter den Voraussetzungen des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG erbracht werden, Schulungsmaßnahmen mit direktem Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf sowie jegliche Schulungsmaßnahme, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dient. Die Dauer der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung ist hierfür unerheblich.
Die Regelung des Art. 14 VO Nr. 1777/2005 betrifft zum einen lediglich die im Streitfall nicht eingreifende Bestimmung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG. Zum anderen sind die Durchführungsvorschriften --wie es in der Präambel ausdrücklich heißt-- "ausschließlich vom Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung an rechtsverbindlich; sie berühren nicht die Gültigkeit der von den Mitgliedstaaten in der Vergangenheit angenommenen Rechtsvorschriften und Auslegungen". Gemäß Art. 23 VO Nr. 1777/2005 ist die Verordnung erst am 1. Juli 2006 in Kraft getreten und somit in den Streitjahren (1995 bis 1999) nicht anwendbar. Im Übrigen spricht die Regelung des Art. 14 VO Nr. 1777/2005 aufgrund des Wortlauts des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der Richtlinie 77/388/EWG für die Annahme, dass die Fortbildung aufgrund ihres in der Verordnung spezifisch geregelten Anwendungsbereichs, jedenfalls in dem dort definierten Umfang, nicht vom gemeinschaftsrechtlichen Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" umfasst wird.
4. Auf Abschn. 112a UStR 1992 und 1996 kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen.
Wie der BFH bereits in seinem Urteil in BFHE 187, 60, BStBl II 1999, 376 entschieden hat, haben diese Verwaltungsregelungen zum einen keine Grundlage im UStG 1993 und entsprechen zum anderen nicht Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG, soweit sie nicht nur den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht begünstigen.
5. Einen Anspruch darauf, abweichend vom Gesetz besteuert zu werden, hat der Kläger nicht (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 18. Juli 2002 V B 112/01, BFHE 199, 77, BStBl II 2003, 675).
Auf das BMF-Schreiben in StEK, Umsatzsteuergesetz 1980, § 4 Nr. 21, Rechtsspruch 36 kann sich der Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. In diesem Schreiben hat das BMF im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder die folgende Auffassung vertreten:
"Eine staatliche Einrichtung, z.B. eine Behörde, die Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für ihre Mitarbeiter durchführt, kann insoweit als allgemein- bzw. berufsbildende Einrichtung im Sinne des § 4 Nr. 21 UStG angesehen werden. Wirken bei den im Rahmen der Aus- und Fortbildungsmaßnahmen erbrachten Unterrichtsleistungen externe Dozenten mit, so kommt auch für diese Personen die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG in Betracht, wenn die nach Buchst. b dieser Vorschrift erforderliche Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, dass auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet wird,
- entweder dem Dozenten (vgl. Abschn. 112a Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 UStR)
- oder der Einrichtung selbst erteilt worden ist (vgl. Abschn. 112a Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 UStR)."
Das BMF-Schreiben findet keine Stütze in § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993 --dazu bereits unter II. 2. b--. Auch hat der Kläger keine solche Bescheinigung --wie bereits unter II. 2. c ausgeführt-- vorgelegt.
Gleiches gilt für das BdF-Schreiben in StEK, Umsatzsteuergesetz 1980, § 4 Nr. 21, Rechtsspruch 21, das eine Ausnahme vom Bescheinigungsverfahren für selbständig tätige Dozenten an der Bundesfinanzakademie vorsieht. § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993 verlangt, dass die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen --mit Ausnahme der Ersatzschulen gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes-- auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Eine Ausnahme von dem erforderlichen Bescheinigungsverfahren --wie sie das o.g. BdF-Schreiben zulässt-- ist im Gesetz nicht vorgesehen.
6. Der Hilfsantrag des Klägers, in Anwendung der allgemeinen Billigkeitsregelung des Abschn. 112a UStR 1992 und 1996 entsprechende Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre zu erlassen, ist unzulässig, da eine Verpflichtungsklage (§§ 40 Abs. 1 Alt. 2, 101 FGO) nicht in zulässiger Weise erhoben worden ist.
Der BFH darf im Streitfall zwar auch über den Hilfsantrag des Klägers entscheiden, der aufgrund der Abweisung der Klage im Hauptantrag wieder auflebt. Die Steuerfestsetzung einerseits und der Erlass einer Billigkeitsmaßnahme andererseits bilden aber selbständige Verfahren. Solange die zuständige Finanzbehörde --wie im Streitfall-- über den Erlass einer Billigkeitsmaßnahme nicht entschieden hat, fehlt es an dem notwendigen Verwaltungsverfahren und damit an einer Sachurteilsvoraussetzung für das Klageverfahren (vgl. BFH-Urteile vom 4. Februar 1987 I R 252/83, BFHE 149, 50, BStBl II 1987, 682, unter II. 3. der Gründe, und vom 15. Juli 2004 V R 27/03, BFHE 206, 471, BStBl II 2004, 862, unter II. 4. der Gründe). Der BFH hat von Amts wegen auch noch im Revisionsverfahren in jeder Verfahrenslage das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen im finanzgerichtlichen Klageverfahren ohne Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des FG zu prüfen (vgl. BFH-Urteil vom 19. Mai 2004 III R 36/02, BFH/NV 2004, 1655; Gräber/ von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., Vor § 33 Rz 3).
7. Die Sache ist spruchreif. Der Senat kann in der Sache selbst erkennen und weist die Klage ab. Die vom Kläger im Jahr 1995 bis zum 30. März 1999 durch seine Referententätigkeit ausgeführten sonstigen Leistungen sind nicht gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993 steuerfrei. Im Übrigen ist die Höhe der für die Streitjahre festgesetzten Umsatzsteuer unstreitig.
8. Der Senat folgt nicht der Anregung des Klägers, gemäß Art. 234 Abs. 3 EG eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen.
Die vom Kläger insoweit sinngemäß aufgeworfene Frage, ob der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG auch die berufliche Fortbildung umfasse, stellt sich unter Berücksichtigung der wiedergegebenen Rechtsprechung des EuGH --wie dargelegt-- bei dem hier gegebenen Sachverhalt nicht. Jedenfalls besteht im Streitfall kein gemeinschaftsrechtlicher Klärungsbedarf.
Ende der Entscheidung
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