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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.11.1998
Aktenzeichen: V R 64/98
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 100 Abs. 1 Satz 4
FGO § 124
FGO § 115 Abs. 1
FGO § 116
FGO § 116 Abs. 1
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Steuerberater und war in eigener Praxis tätig. Daneben war er Gesellschafter und Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft (im folgenden GmbH). Nach dem vom Finanzgericht (FG) wiedergegebenen Vortrag des Klägers hat die Gesellschafterversammlung der GmbH Anfang 1993 beschlossen, daß er --der Kläger-- nicht von dem im Gesellschaftsvertrag niedergelegten Wettbewerbsverbot befreit werde. Er habe deshalb in der Folgezeit die Steuerberatung im eigenen Namen, aber für Rechnung der GmbH betrieben. Alle Umsätze seien der GmbH auf einem Verrechnungskonto gutgebracht worden.

Wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen schätzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Umsatzsteuervorauszahlungen mit jeweils gesonderten Bescheiden für das 1. Kalendervierteljahr 1993, für die Monate April und Mai, Juni und Juli, August, September bis November, Dezember 1993, Januar bis März, Mai bis Juli, August bis Oktober und November bis Dezember 1994 fest. Die Einsprüche blieben erfolglos.

Nach Erhebung der Klagen gab der Kläger Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1993 und 1994 ab und berücksichtigte darin jeweils Umsätze in Höhe von null DM. In den Umsatzsteuerbescheiden 1993 und 1994 setzte das FA Umsatzsteuer nach geschätzten Besteuerungsgrundlagen fest. Der Kläger beantragte daraufhin, gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide festzustellen.

Das FG wies die Klagen ab und führte aus: Der Kläger habe Steuerberatungsleistungen ausgeführt. Da er zivilrechtlich zur Leistung verpflichtet gewesen sei, müsse er als Leistender im Sinne des Umsatzsteuerrechts angesehen werden. Es sei unerheblich, ob dem Kläger im Verhältnis zur GmbH die Tätigkeit gestattet gewesen sei. Die Verletzung eines gesetzlichen oder vertraglichen Verbots einer unternehmerischen Tätigkeit habe auf die Besteuerung der Umsätze keinen Einfluß. Eine eventuelle Verpflichtung des Klägers zur Herausgabe der erzielten Erlöse an die GmbH sei ebenso wie die Erfüllung der Verpflichtung umsatzsteuerrechtlich ohne Bedeutung. Bei der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen sei dem FA kein Fehler unterlaufen.

Mit den Revisionen rügt der Kläger, die erstinstanzlichen Urteile seien in einem wesentlichen Bereich nicht mit Gründen versehen. Er beantragt, unter Abänderung der Urteile festzustellen, daß die angefochtenen Verwaltungsakte rechtswidrig seien.

Das FA beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.

II. Die Revisionen sind nicht statthaft und somit unzulässig (§ 124 FGO).

1. Gemäß § 115 Abs. 1 FGO i.V.m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs findet die Revision nur statt, wenn das FG oder --auf Beschwerde-- der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Das FG hat die Revisionen nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerden des Klägers hat der erkennende Senat mit Beschluß vom heutigen Tage zurückgewiesen.

2. Mangels wesentlicher Verfahrensmängel i.S. des § 116 FGO sind zulassungsfreie Revisionen nicht gegeben. Voraussetzung dafür wäre, daß der Kläger einen Verfahrensmangel i.S. des § 116 Abs. 1 FGO behauptet und Tatsachen vorgetragen hätte, die als solche ausreichend und geeignet wären, den behaupteten Mangel darzutun. Der Kläger hat jedoch keine Tatsachen dargetan, die die Folgerung rechtfertigen könnten, die Vorentscheidungen seien nicht mit Gründen versehen.

Ein wesentlicher Verfahrensmangel i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO ist zum einen stets gegeben, wenn das FG seine Entscheidung überhaupt nicht begründet hat. Das ist vorliegend nicht der Fall. Ein solcher Mangel kann aber auch dann vorliegen, wenn das FG bei der Begründung seines Urteils einen selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 9. Februar 1977 I R 136/76, BFHE 121, 298, BStBl II 1977, 351; vom 20. November 1990 IV R 80/90, BFH/NV 1991, 609; BFH-Urteil vom 15. April 1986 VIII R 325/84, BFHE 147, 101, BStBl II 1987, 195). Dabei muß es sich um einen eigenständigen Klagegrund oder um solche Angriffs- und Verteidigungsmittel handeln, die den gesamten Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm bilden. Dagegen ist die Rüge nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO nicht schlüssig vorgebracht, wenn der angebliche Begründungsmangel nur ein Tatbestandselement einer Rechtsnorm berührt. Das FG braucht sich nicht mit jeder rechtlichen Erwägung, die ein Beteiligter geltend macht, in den Entscheidungsgründen auseinanderzusetzen, um dem Einwand zu entgehen, die Entscheidung sei nicht im Sinne des Gesetzes mit Gründen versehen. Die Beteiligten müssen lediglich durch die Entscheidung Kenntnis davon erhalten, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Urteil beruht (vgl. BFH-Beschluß vom 9. Januar 1990 VII R 77/89, BFH/NV 1990, 663, m.w.N.).

Der Kläger trägt vor, das FG sei bei der rechtlichen Würdigung davon ausgegangen, er --der Kläger-- habe das Wettbewerbsverbot verletzt. Auf dieser unzutreffenden Annahme beruhten die Urteile des FG. Mit diesem Vorbringen wendet sich der Kläger lediglich gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidungen; einen wesentlichen Verfahrensmangel i.S. von § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO legt er damit nicht dar.

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