Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 05.11.1998
Aktenzeichen: V R 81/97
Rechtsgebiete: UStG 1980/1991


Vorschriften:

UStG 1980/1991 § 4 Nr. 12 Buchst. a
UStG 1980/1991 § 24 Abs. 1
BUNDESFINANZHOF

Die Überlassung einer Milchquote gegen Entgelt unterliegt nicht der Durchschnittsatzbesteuerung, wenn sie in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb des Steuerpflichtigen steht.

UStG 1980/1991 § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 24 Abs. 1

Urteil vom 5. November 1998 - V R 81/97 -

Vorinstanz: Niedersächsisches FG


Gründe

I.

Streitig ist, ob auf die Überlassung einer Milchreferenzmenge der allgemeine Steuersatz (§ 12 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1980/1991 --künftig UStG--) anzuwenden ist.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein der Durchschnittsatzbesteuerung nach § 24 UStG unterliegender Landwirt, bewirtschaftete in A einen ... ha großen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Er hielt Milchvieh und Sauen. Mit Vertrag vom 30. September 1987 veräußerte der Kläger zum 15. Oktober 1987 (Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten) ... ha landwirtschaftliche Nutzflächen. Die auf den verkauften Flächen liegende Milchquote veräußerte er nicht, weil er sie auf noch zu erwerbende Ersatzflächen übertragen wollte.

Bereits mit Vertrag vom 28. September 1987 hatte der Kläger zum 1. November 1987 in B ... ha landwirtschaftliche Nutzfläche (einschließlich Milchquote) erworben. Da er den zugehörigen Hofraum nicht miterwerben konnte, pachtete der Kläger in B zunächst zum 1. November 1987 von dem Veräußerer eine Feldscheune, in der er eine Ammenkuhhaltung betrieb. Auf zusätzlich erworbenem Grund und Boden errichtete er eine neue, am 15. November 1988 fertiggestellte Hofstelle.

Mit Wirkung ab 1. November 1987 verpachtete der Kläger von den in B erworbenen landwirtschaftlichen Nutzflächen bis auf einige Moor-, Wege-, Forst- und Hofraumflächen ... ha auf die Dauer von 20 Jahren an einen Land- und Forstwirt. Mit der Verpachtung war die Überlassung einer Milchquote von ... kg gegen einen zusätzlichen Pachtzins verbunden.

Am 7. April 1988 kauften der Kläger und seine Ehefrau landwirtschaftliche Nutzflächen in B, die der Kläger selbst bewirtschaftete. Die auf diesen Nutzflächen liegende Milchquote übertrug der Kläger ebenfalls auf den Pächter der landwirtschaftlichen Flächen. Von einer in A bis zum 30. September 1988 betriebenen Übergangsviehhaltung zur Verwertung der von ihm selbst erzeugten und noch vorhandenen Futtermittel verlegte der Kläger nach und nach Geräte, Maschinen, die Rindermast und die Ammenkuhhaltung nach B. Ab November 1988 betrieb er ausschließlich dort die Landwirtschaft.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung unterwarf der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Pachtzins für die Einräumung der Milchquote der Umsatzsteuer und setzte in den Umsatzsteuerbescheiden für 1988 bis 1991 jeweils Umsatzsteuer in Höhe von ... DM gegen den Kläger fest. Dabei schätzte das FA seine sonstigen Umsätze, für die eine Steuer nicht zu berechnen ist (§ 24 UStG), auf 60 000 DM pro Jahr.

Das Finanzgericht (FG) wies die gegen diese Bescheide nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage als unbegründet ab. Es führte zur Begründung aus, der Kläger habe mit der Überlassung der Milchquote eine steuerpflichtige Leistung erbracht, die nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes zu versteuern sei. Eine Durchschnittsatzbesteuerung nach § 24 UStG scheide in bezug auf die Überlassung der Milchquote aus, weil die Verpachtung der landwirtschaftlichen Nutzflächen in B nicht aus einem landwirtschaftlichen Betrieb heraus geschehen sei. Zu Beginn der Verpachtung (1. November 1987) habe der Kläger keinen landwirtschaftlichen Betrieb unterhalten. Die zu diesem Zeitpunkt von ihm auf rückgepachteten Flächen in A betriebene Rindermast und Ammenkuhhaltung habe nach seinen eigenen Angaben nur der Verwertung der erheblichen Futtervorräte gedient und sei daher eine bloße Betriebsabwicklungsmaßnahme gewesen. Die Anpachtung der Feldscheune in B sei erst zeitgleich mit der Verpachtung der neu erworbenen landwirtschaftlichen Nutzflächen geschehen. Im übrigen würden nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Verpachtungsumsätze nur dann in den Anwendungsbereich des § 24 UStG fallen, wenn es sich dabei nur um eine zeitlich begrenzte Überlassung einzelner landwirtschaftlicher Grundstücke handele (Hinweis auf BFH-Urteil vom 11. Mai 1995 V R 4/92, BFHE 177, 559, BStBl II 1995, 610). Diese Voraussetzung sei im Streitfall nicht gegeben, weil der Kläger bis auf geringe Moor-, Wege-, Forst- und Hofraumflächen alle damals für ihn verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzflächen verpachtet habe.

Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts. Zur Begründung führt er u.a. aus: Sein Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit der Entscheidung in der parallel beim FG anhängigen ertragsteuerlichen Streitsache sei vom FG zu Unrecht übergangen worden. Ferner hätte das FG einen amtlich bestellten landwirtschaftlichen Sachverständigen als Gutachter zu der von ihm, dem Kläger, aufgeworfenen Frage hören müssen, ob es sich bei den An- und Verkaufsmaßnahmen nicht um eine bloße Betriebsverlegung gehandelt habe. Schließlich liege auch keine nach der BFH-Rechtsprechung schädliche Vollverpachtung vor, da der Umsatzanteil des Klägers aus der Bewirtschaftung der nicht verpachteten landwirtschaftlichen Nutzflächen vom FA seit Jahren auf immerhin 60 000 DM geschätzt werde.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung und die Umsatzsteuerbescheide für 1988 und 1989 vom 23. Juli 1992, den Umsatzsteuerbescheid für 1990 vom 12. Oktober 1992, den Umsatzsteuerbescheid für 1991 vom 5. April 1993 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, daß die Überlassung der Milchquote durch den Kläger gegen ein gesondert berechnetes Entgelt eine steuerpflichtige Leistung darstellt, auf die der allgemeine Steuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG) anzuwenden ist.

1. Die Vorentscheidung beruht nicht auf einem Verfahrensfehler. Insoweit sieht der Senat von einer Begründung ab (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).

2. Die Überlassung der Milchquote durch den Kläger ist nicht nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei (vgl. BFH-Urteil vom 17. März 1994 V R 39/92, BFHE 174, 268, BStBl II 1994, 538, unter II. 3. b).

3. Die Überlassung der Milchquote wird nicht von der Durchschnittsatzbesteuerung erfaßt, weil dieser Umsatz nicht "im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes" ausgeführt wurde (vgl. § 24 Abs. 1 UStG); denn es fehlt an der notwendigen wirtschaftlichen Verknüpfung dieser Maßnahme mit dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers.

Nach den nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des FG waren die vom Kläger verpachteten landwirtschaftlichen Nutzflächen, mit denen die Milchquote überlassen wurde, zu keinem Zeitpunkt Bestandteil seines landwirtschaftlichen Betriebes. Sie wurden von ihm unmittelbar nach Erwerb auf die Dauer von 20 Jahren verpachtet. Der Erwerb dieser Flächen einschließlich der Milchquote stellt sich als reine Kapitalanlage der aus dem Flächenverkauf in A erlangten Finanzmittel dar, zumal mit dem Standortwechsel durch den Kläger auch eine Flächenreduzierung seines Betriebes von rund ... ha in A auf rund ... ha in B einherging. An diesem Konzept hat der Kläger auch später festgehalten, was darin zum Ausdruck kommt, daß er die Milchquote, die auf den im Jahre 1988 in B zur Eigenbewirtschaftung erworbenen landwirtschaftlichen Flächen lag, nicht selbst nutzte, sondern ebenfalls seinem Pächter zur Nutzung überließ.

4. Die Bemessungsgrundlage für die gegenüber dem Kläger festzusetzende Umsatzsteuer ist zwischen den Beteiligten unstreitig, so daß Ausführungen hierzu entbehrlich sind.

Ende der Entscheidung

Zurück