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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 23.01.2002
Aktenzeichen: V R 84/99
Rechtsgebiete: UStG 1993, Richtlinie 77/388/EWG
Vorschriften:
UStG 1993 § 1 Abs. 1 a | |
Richtlinie 77/388/EWG Art. 5 Abs. 8 |
Ist eine allein mit dem Ziel der Gründung einer Kapitalgesellschaft errichtete (Personen-)Gesellschaft zum Abzug der Vorsteuer für den Bezug von Dienstleistungen und Gegenständen berechtigt, wenn sie nach Gründung der Kapitalgesellschaft die bezogenen Leistungen in einem Akt gegen Entgelt an die später gegründete Kapitalgesellschaft veräußert und andere Ausgangsumsätze von vornherein nicht beabsichtigt waren und wenn in dem betreffenden Mitgliedstaat die Übertragung des Gesamtvermögens so behandelt wird, als ob keine Lieferung bzw. Dienstleistung vorliegt (Art. 5 Abs. 8 Satz 1, Art. 6 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG)?
Gründe:
I. Sachverhalt
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine am 1. Oktober 1996 gegründete (Personen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Ihr einziger Gesellschaftszweck war es, die Gründung der Fa. F-AG (AG) vorzubereiten. Hierzu mietete sie Büroräume an, erwarb Anlagegüter und ließ in den Büroräumen Einbauten durchführen. Außerdem versandte sie Informationsschreiben und betrieb Werbung für die noch zu gründende AG. Nach Gründung der AG mit notarieller Urkunde vom 28. November 1996 stellte sie ihre Tätigkeit ein und übertrug in Erfüllung ihres Gesellschaftszwecks ihre gesamten zuvor erworbenen Gegenstände zum Kaufpreis von 87 495,29 DM (Rechnung vom 1. Dezember 1996) auf die neu gegründete AG. Die AG konnte ohne weiteres Zutun ihre unternehmerische Tätigkeit in den von der Klägerin angemieteten und für die Bedürfnisse der AG eingerichteten Büroräumen aufnehmen.
Die Klägerin behandelte diesen Vorgang als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung. Die ihr für ihre Eingangsumsätze in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 12 689,98 DM machte sie erfolglos als Vorsteuer geltend (Umsatzsteuerbescheid für 1996 vom 5. Januar 1998). Nach Ansicht des FA war die Klägerin nicht Unternehmerin, weil ihr einziger --beabsichtigter-- Ausgangsumsatz die nach § 1 Abs. 1 a des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) nicht als Lieferung zu behandelnde Geschäftsveräußerung war.
Das Finanzgericht (FG) gab in dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 40 veröffentlichten Urteil der Klage mit der Begründung statt, der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer gebiete die Berücksichtigung der Vorsteuer, auch wenn die Klägerin von vornherein nur beabsichtigt habe, die bezogenen Leistungen nicht selbst zur Ausführung besteuerter Umsätze zu verwenden, sondern die Leistungen nur im Hinblick auf die wirtschaftliche Tätigkeit der zu gründenden AG bezogen habe. Hiergegen wendet sich der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit der Revision.
II.
Der erkennende Senat setzt das Verfahren aus (§ 74 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und legt dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) die im Tenor genannte Frage zur Vorabentscheidung vor.
III. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften
1. Nach Auffassung des Senats sind für die Lösung des Streitfalles die folgenden Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) maßgebend.
Artikel 2
Der Mehrwertsteuer unterliegen:
1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;
...
Artikel 4
(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.
(2) Die in Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfasst.
...
Artikel 5
Lieferung von Gegenständen
...
(8) Die Mitgliedstaaten können die Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, so behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen. Die Mitgliedstaaten treffen gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen, um Wettbewerbsverzerrungen für den Fall zu vermeiden, dass der Begünstigte nicht voll steuerpflichtig ist.
Artikel 17
Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug
...
(2) Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden.
2. Die vergleichbaren Vorschriften des deutschen UStG 1993 lauten:
§ 1
Steuerbare Umsätze
(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:
1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. ...
(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.
...
§ 2
Unternehmer, Unternehmen
(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
...
§ 15
Vorsteuerabzug
(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:
1. die in Rechnungen i.S. des § 14 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. ...
...
(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen ... von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:
1. steuerfreie Umsätze;
IV. Zur Vorlage an den EuGH
1. Die rechtliche Würdigung des Streitfalls ist gemeinschaftsrechtlich zweifelhaft.
Eine AG als Kapitalgesellschaft entsteht als juristische Person nach deutschem Recht erst mit der Eintragung in das Handelsregister (vgl. § 41 Abs. 1 des Aktiengesetzes --AktG--).
Notwendige Vorstufe zur AG ist die sog. Vorgesellschaft, die stets mit der Errichtung (Satzungsfeststellung) als Personenvereinigung eigener Art entsteht. Der Vorgesellschaft kann --wie im Streitfall-- eine sog. Vorgründungsgesellschaft vorangehen. Sie beruht auf einem Vorvertrag der Gründer mit dem Ziel, zur Gründung zusammenzuwirken, und handelt regelmäßig in der Rechtsform einer GbR. Diese zivilrechtliche Ordnung der Gründungsverhältnisse wurde im Hinblick auf die Haftung der handelnden Personen entwickelt. Schließen sich also schon vor Abschluss des Gesellschaftsvertrags (der AG) die Gründer zur Vorbereitung der späteren Tätigkeit der Gesellschaft zu einer Personenvereinigung zusammen, so gehen die von dieser Vorgründungsgesellschaft erworbenen Vormögensgegenstände und die von ihr begründeten Rechte und Pflichten mit der Gründung der AG nicht ohne weiteres auf die (mit der Gründung entstandene) Vorgesellschaft und später auf die AG über, sondern müssen, wenn diese sie übernehmen soll, durch besonderes Rechtsgeschäft auf sie übertragen werden (vgl. z.B. Bundesgerichtshof --BGH--, Urteil vom 22. Juni 1992 II ZR 30/91, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1992, 2698).
Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass die Klägerin, die Vorgründungsgesellschaft, von vornherein nur die Absicht hatte, die Tätigkeit der AG soweit vorzubereiten, dass diese ihre Tätigkeit aufnehmen konnte, dass die Klägerin aber nicht beabsichtigt hat, selbst Ausgangsumsätze --mit Ausnahme der Übertragung der zur Vorbereitung der Tätigkeit der AG bezogenen Eingangsleistungen auf die AG-- auszuführen und auch nicht ausgeführt hat.
a) Das FA ist der Ansicht, der Klägerin stehe kein Vorsteuerabzug zu, weil sie nicht Unternehmerin sei; denn sie habe zu keiner Zeit beabsichtigt, selbst steuerpflichtige Leistungen zu erbringen, sondern (nur) die von ihr erworbenen Gegenstände und Rechte insgesamt gegen Entgelt auf die zu gründende AG übertragen wollen. Die Vorbereitung und Gründung der AG sei der privaten Vermögenssphäre der Gesellschafter zuzurechnen. Die Klägerin habe sich nicht als Erzeuger, Händler oder Dienstleistende am Wirtschaftsleben beteiligt. Danach sei auch die Übertragung des gesamten Vermögens auf die AG keine Übertragung eines Unternehmens i.S. des § 1 Abs. 1 a UStG (vgl. Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG).
Die AG, deren wirtschaftliche Tätigkeit sie vorbereitet habe, sei nicht Rechtsnachfolgerin der Klägerin. Deren Tätigkeit dürfe der Klägerin nicht zugerechnet werden. Dem stehe auch das Prinzip der Neutralität der Mehrwertsteuer nicht entgegen, weil die Klägerin sich hierauf als Nicht-Unternehmerin nicht berufen könne. Auch wenn --dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar-- ein Nicht-Unternehmer Büromöbel erwerbe, um diese zu einem späteren Zeitpunkt in ein Unternehmen einzubringen, sei die Vorsteuer nicht abziehbar.
b) Das FG vertrat dagegen die Auffassung, der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer gebiete es, die Vorbereitungshandlungen der Klägerin als unternehmerische/wirtschaftliche Tätigkeit zu beurteilen, auch wenn sie die Leistungen nicht in der Absicht, sie selbst zur Ausführung eigener steuerpflichtiger Umsätze zu verwenden, sondern in Hinblick auf die wirtschaftliche Tätigkeit der zu gründenden AG bezogen habe. Besteuert werden solle nur der private Endverbrauch, den sie zu keiner Zeit beabsichtigt habe. Die Weiterveräußerung an die AG sei eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1 a UStG.
c) Der Senat neigt dazu, der Klägerin den Vorsteuerabzug zu gewähren. Er geht dabei mit der EuGH-Rechtsprechung zu Art. 17 und 20 der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. zuletzt Urteile vom 8. Juni 2000 Rs. C-400/98 -Breitsohl-, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2000, 329, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht --UVR-- 2000, 302, und Rs. C-396/98 -Schloßstraße-, UR 2000, 336, UVR 2000, 308) bei der Auslegung des § 15 UStG von folgenden Grundsätzen aus:
aa) Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht im Zeitpunkt des jeweiligen Leistungsbezuges (Art. 17 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG). Ausschlaggebend ist deshalb allein, ob im Zeitpunkt des Bezugs der Eingangsleistungen die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorlagen.
bb) Als Steuerpflichtiger (Unternehmer) gilt bereits, wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, i.S. von Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben und erste Investitionsausgaben für diese Zwecke tätigt. Da er als Steuerpflichtiger handelt, hat er nach den Art. 17 ff. der Richtlinie 77/388/EWG das Recht auf sofortigen Abzug der geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer für Investitionsausgaben, die für die Zwecke seiner beabsichtigten, das Abzugsrecht eröffnenden Umsätze getätigt wurden und braucht die Aufnahme des tatsächlichen Betriebs seines Unternehmens nicht abzuwarten (vgl. EuGH-Urteil in UR 2000, 329, UVR 2000, 302 Rdnr. 34). In diesen Fällen bestimmt die tatsächliche oder (hier) beabsichtigte Verwendung der Gegenstände oder Dienstleistungen den Umfang des zulässigen Vorsteuerabzuges und den Umfang etwaiger Berichtigungen während der darauf folgenden Zeiträume (vgl. insbesondere EuGH-Urteile in UR 2000, 336, UVR 2000, 308 Rdnr. 41, und in UR 2000, 329, UVR 2000, 302 Rdnr. 40). Der Senat entnimmt den EuGH-Urteilen, dass auch insoweit jeweils der Zeitpunkt des Leistungsbezugs maßgeblich ist, zu dem das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht (Art. 17 Abs. 1 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG).
d) Bei den von der Klägerin im Zusammenhang mit der beabsichtigten Gründung der Kapitalgesellschaft bezogenen Leistungen --Erwerb von Anlagegütern, die Anmietung von Büroräumen und deren Herrichtung für die mit der Kapitalgesellschaft beabsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit, Werbemaßnahmen-- handelt es sich um Kosten, die ihrer Art nach als Bestandteil der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit eines Unternehmens anzusehen sind (vgl. EuGH-Urteil vom 22. Februar 2001 Rs. C-408/98 -Abbey National-, UR 2001, 164, BFH/NV 2001, Beilage 1, 48, UVR 2001, 228 Rz. 35, 36). Als einziger (beabsichtigter) Ausgangsumsatz der Klägerin kommt im Streitfall jedoch nur die Übertragung aller Aktiva auf die Kapitalgesellschaft in Betracht. Dies war erforderlich, weil --wie dargelegt-- bei Gründung einer Kapitalgesellschaft wegen der einschlägigen Formvorschriften nach deutschem Zivilrecht keine Identität zwischen der die Gründung vorbereitenden Person oder Personengesellschaft besteht (BGH-Urteil vom 25. Oktober 2000 VIII ZR 306/99, NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht --NJW-RR-- 2001, 1042).
e) Da die Bundesrepublik in § 1 Abs. 1 a UStG von der in Art. 5 Abs. 8 und Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, kann die Übertragung der Vermögensgegenstände und Rechte und Pflichten als "Übertragung eines Gesamtvermögens", aber nicht als Lieferung bzw. Dienstleistung i.S. der Richtlinie 77/388/EWG anzusehen und deshalb kein besteuerter Umsatz i.S. von Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG sein (EuGH-Urteil in UR 2001, 164, UVR 2001, 228 Rz. 30). Der vorlegende Senat geht insoweit davon aus, dass im Streitfall die entgeltliche Übertragung des Gesamtvermögens i.S. des Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG vorliegt. Diese Bestimmung verlangt jedenfalls nicht, dass ein "lebendes Unternehmen" ("going concern") übertragen wird. Der (einzige) beabsichtigte Ausgangsumsatz der Klägerin ist danach nicht steuerbar.
f) Scheidet hiernach eine Zuordnung der Eingangsleistungen zu eigenen Umsätzen der Klägerin aus --anders als in dem vom EuGH entschiedenen Sachverhalt im EuGH-Urteil in UR 2001, 164, UVR 2001, 228--, liegt es nahe, an die beabsichtigten Umsätze der Kapitalgesellschaft (AG) anzuknüpfen. Denn die AG ist hinsichtlich der Berichtigung des Vorsteuerabzugs (Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG, § 15a UStG) für die von der Klägerin erworbenen Gegenstände nach Art. 5 Abs. 8 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG (§ 1 Abs. 1 a Satz 3 UStG) als deren Rechtsnachfolgerin anzusehen.
Allerdings hat der EuGH im Urteil in UR 2001, 164, UVR 2001, 228 ausdrücklich betont, dass ein Steuerpflichtiger die Mehrwertsteuer nur für Eingangsleistungen abziehen kann, die für Zwecke seiner eigenen besteuerten Umsätze verwendet werden (Rz. 32). Der EuGH hielt deshalb die Berücksichtigung der Umsätze des Begünstigten der Übertragung für unzulässig.
g) Besonderheit des vorliegenden Sachverhalts ist aber, dass die rechtliche Zäsur zwischen der Klägerin als Vorgründungsgesellschaft einerseits und der Vorgesellschaft sowie der späteren Kapitalgesellschaft andererseits allein durch die zivilrechtlichen Besonderheiten bei Gründung einer Kapitalgesellschaft bedingt ist. In dieser Hinsicht hat der EuGH betont, dass es der im Mehrwertsteuersystem maßgebliche Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbietet, dass Wirtschaftsteilnehmer, welche gleiche Umsätze bewirkten, bei deren Besteuerung unterschiedlich behandelt würden (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 7. September 1999 Rs. C-216/97 -Gregg-, Slg. I-1999, 4947 Rz. 20).
Wenn von vornherein die unternehmerische Tätigkeit (nur) in der Rechtsform einer Personengesellschaft beabsichtigt gewesen wäre, wäre der Vorsteuerabzug gegeben, auch soweit Eingangsumsätze betroffen sind, die erst der anschließenden Aufnahme der eigentlichen Tätigkeit dienen. Die zivilrechtlichen Besonderheiten bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft können aber wohl nicht dazu führen, den Vorsteuerabzug in der Vorbereitungsphase zu versagen (vgl. EuGH-Urteil in Slg. I-1999, 4947 Rz. 18, betreffend Rechtsformneutralität). Auch ist es nicht ausgeschlossen, dass das Zivilrecht eines anderen Mitgliedstaates zwischen Vorgründungsgesellschaft und späterer Kapitalgesellschaft Identität annimmt mit der Folge, dass ein Vorsteuerabzug aus entsprechenden Eingangsumsätzen dieser als Einheit anzusehenden Gesellschaft zusteht. Die gemeinschaftsrechtliche Definition der Richtlinienbegriffe ist grundsätzlich unabhängig von zivilrechtlichen Besonderheiten in den Rechten der Mitgliedstaaten (vgl. EuGH-Urteil vom 4. Oktober 2001 Rs. C-326/99 -Stichting Goed Wonen-, UR 2001, 484 Rz. 49 und 58).
2. Wegen dieser Zweifel legt der Bundesfinanzhof dem EuGH gemäß Art. 234 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften folgende Frage zur Vorabentscheidung vor:
Ist eine allein mit dem Ziel der Gründung einer Kapitalgesellschaft errichtete (Personen-)Gesellschaft zum Abzug der Vorsteuer für den Bezug von Dienstleistungen und Gegenständen berechtigt, wenn sie nach Gründung der Kapitalgesellschaft die bezogenen Leistungen in einem Akt gegen Entgelt an die später gegründete Kapitalgesellschaft veräußert und andere Ausgangsumsätze von vornherein nicht beabsichtigt waren und wenn in dem betreffenden Mitgliedstaat die Übertragung des Gesamtvermögens so behandelt wird, als ob keine Lieferung bzw. Dienstleistung vorliegt (Art. 5 Abs. 8 Satz 1, Art. 6 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG)?
3. Für den Fall, dass der EuGH diese Frage verneint ist fraglich, ob die Kapitalgesellschaft --im Streitfall die AG-- zum Vorsteuerabzug hinsichtlich der an die Personengesellschaft --hier die Klägerin-- erbrachten Leistungen befugt ist, selbst wenn die Kapitalgesellschaft zum Zeitpunkt der Leistungserbringung noch nicht gegründet war. Die Frage ist zwar im Streitfall nicht entscheidungserheblich, deren Beantwortung wäre jedoch zur Vermeidung weiterer Vorlagen zweckmäßig.
Ende der Entscheidung
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