Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 18.07.2002
Aktenzeichen: V R 89/01
Rechtsgebiete: UStG 1993, UStDV 1993


Vorschriften:

UStG 1993 § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d
UStDV 1993 § 30
Die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG 1993 hat nicht zur Voraussetzung, dass der Schausteller in eigener Person von Ort zu Ort ziehend auf Jahrmärkten, Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten erbringt; vielmehr reicht es aus, dass er diese Leistungen im eigenen Namen mit Hilfe seiner Arbeitnehmer oder sonstiger Erfüllungsgehilfen an die Besucher der Veranstaltungen ausführt.
Gründe:

I.

Streitig ist, ob die Umsätze aus der Veranstaltung von mittelalterlichen Märkten und Ritterturnieren dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) führte im Streitjahr (1996) mittelalterliche Veranstaltungen an ständig wechselnden Orten durch. Dabei wurden gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes in einem Markt- und Heereslager das Leben und Arbeiten im Mittelalter durch unterschiedliche Vereine dargestellt. Ferner wurden zu bestimmten Uhrzeiten gegen ein vom Kläger erhobenes besonderes Entgelt mittelalterliche Ritterturniere durch von ihm engagierte Schaustellergruppen vorgeführt. Der Kläger erzielte seine Umsätze im Wesentlichen aus dem Verkauf der Eintrittskarten. Daneben verkaufte er anlässlich dieser Veranstaltungen Bratwürste und Getränke. Bei einer Veranstaltung erzielte er zudem Umsätze durch die Vermietung von Parkplätzen. Die ansonsten im Markt- und Heereslager angebotenen Waren wurden durch die Vereine und Gruppen auf eigene Rechnung verkauft.

Der Kläger mietete die öffentlichen Plätze, auf denen die Veranstaltungen durchgeführt wurden, ebenso an wie die notwendige Ausstattung (Tribünen, Ton- und Lichtanlagen, Absperrgitter etc.), die durch sein Personal auf- und abgebaut wurde. Er bestimmte vor Ort jeweils Umfang und Ablauf des Programms und die Art und Weise seiner Ausführung. Die vom Kläger engagierten Vereine und Schausteller rechneten über ihre Leistungen mit dem Kläger ab.

Nachdem der Kläger seine Umsätze zunächst mit dem Regelsteuersatz versteuert hatte, erklärte er in einer 1999 eingereichten berichtigten Umsatzsteuererklärung die Versteuerung der Eintrittsgelder einschließlich des Getränke- und Speisenverkaufs und der Parkplatzvermietungserlöse mit dem ermäßigten Steuersatz.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) kam nach einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung zum Ergebnis, der Kläger habe keine steuerbegünstigten Leistungen als Schausteller erbracht, sondern sei lediglich Veranstalter der Feste gewesen, auf denen Schausteller ihre Darbietungen erbracht hätten. Diese Tätigkeit begründe keinen eigenen Schaustellereibetrieb des Klägers. Das FA besteuerte demgemäß die Veranstaltungen mit dem Regelsteuersatz.

Einspruch und Klage gegen den Steuerbescheid hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 358 veröffentlicht ist, meinte, die Veranstaltungen des Klägers zählten zwar zu den in § 30 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV 1993) genannten Veranstaltungen, die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Eintrittsgelder scheitere jedoch daran, dass der Kläger nicht als Schausteller tätig geworden sei; er habe weder ein Fahrgeschäft betrieben, noch etwas gezeigt oder vorgeführt; seine Tätigkeit habe ausschließlich in der Gesamtorganisation der Veranstaltungen bestanden, auf denen er Dritten (Gruppen, Vereinen und Einzelakteuren) die Gelegenheit geboten habe, ihre schaustellerischen Leistungen darzubieten.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1993).

Das FA ist der Revision entgegengetreten.

II.

Die Revision ist begründet, sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG 1993 ermäßigt sich die Steuer auf sieben vom Hundert für die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller. Gemäß § 30 UStDV 1993 gelten als Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG 1993 Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten auf Jahrmärkten, Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt. Die vom Kläger erbrachten Leistungen waren Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten auf Jahrmärkten, Volksfesten oder ähnlichen Veranstaltungen.

Die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG 1993 hat nicht zur Voraussetzung, dass der Schausteller in eigener Person von Ort zu Ort ziehend auf Jahrmärkten, Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten erbringt; vielmehr reicht es aus, dass er diese Leistungen im eigenen Namen mit Hilfe seiner Arbeitnehmer oder sonstiger Erfüllungsgehilfen an die Besucher dieser Veranstaltungen erbringt. Solche Erfüllungsgehilfen können auch engagierte Schaustellergruppen sein.

Die Umsätze des Klägers können nicht als bloße organisatorische Leistungen angesehen werden, die nicht von der Steuermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG 1993 erfasst werden. Denn der Kläger hat nicht an andere Schausteller Organisationsleistungen erbracht, vielmehr haben die Besucher der Veranstaltungen die Schaustellerumsätze unmittelbar vom Kläger bezogen. Im Rahmen des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG 1993 ist nicht zwischen der Organisation der in § 30 UStDV 1993 genannten Vorstellungen und den dort genannten Leistungen zu unterscheiden, wenn der Unternehmer die Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten unmittelbar an die Besucher der Veranstaltungen "erbringt".

Die von den Besuchern gezahlten Eintrittsgelder unterlagen demnach dem ermäßigten Steuersatz.

Das Ergebnis steht im Einklang mit Art. 12 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) i.V.m. Anhang H Kategorie 7. Danach können die Mitgliedstaaten auf die Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen, für Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungspark, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen, Empfang von Rundfunk- und Fernsehprogrammen die ermäßigten Mehrwertsteuersätze anwenden. Es entspricht deshalb dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung, auf die Eintrittsberechtigungen für die in § 30 UStDV 1993 genannten Veranstaltungen den ermäßigten Steuersatz anzuwenden.

2. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, da die Vorentscheidung keine Feststellungen zur Höhe der Eintrittsgelder enthält. Die Vorentscheidung war deshalb aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung).

Ende der Entscheidung

Zurück