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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.05.2007
Aktenzeichen: V S 7/06
Rechtsgebiete: UStG, FGO
Vorschriften:
UStG § 4 Nr. 14 | |
FGO § 115 Abs. 2 | |
FGO § 116 Abs. 5 | |
FGO § 133a |
Gründe:
I. Die Klägerin, Beschwerdeführerin und Rügeführerin (Beschwerdeführerin) betreibt in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG eine Klinik für ästhetische, kosmetische und plastische Chirurgie, in der vor allem Fettabsaugungen, Lidkorrekturen, Faceliftings und Straffungen durchgeführt werden. Streitig ist für die Jahre 1991 bis 1993 und 1995 bis 1999, ob die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes 1991/1993 --UStG-- ("Umsätze aus der beruflichen Tätigkeit als Arzt ... oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit ...") gegeben ist.
Nachdem die Umsätze der Beschwerdeführerin zunächst von dieser als steuerpflichtig erklärt und vom Beklagten, Beschwerdegegner und Rügegegner (Finanzamt --FA--) ebenso behandelt worden waren, beantragte die Beschwerdeführerin nachträglich die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG anzuerkennen. Dies lehnte das FA ab, weil es sich um schönheitschirurgische und nicht um heilberufliche Maßnahmen handele.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde hat die Beschwerdeführerin sämtliche Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend gemacht. Der Senat hat die Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 22. Februar 2006 V B 30/05 (BFH/NV 2006, 1168) zurückgewiesen.
Mit der Anhörungsrüge (§ 133a FGO) macht die Beschwerdeführerin geltend, der Bundesfinanzhof (BFH) habe seine Entscheidung nicht ausreichend begründet, weil er sich in seiner Begründung nicht mit jedem der vorgebrachten Argumente auseinandergesetzt habe. Die Nichtbeachtung eines einzigen Argumentes führe zur Verletzung des rechtlichen Gehörs.
So habe der BFH bei Prüfung der Divergenz sich nicht damit auseinandergesetzt, dass er in einer früheren Entscheidung die Heilbehandlung als Behebung einer "Krankheit oder sonstigen Gesundheitsstörung" bezeichnet habe. Im Revisionsverfahren sei dann zu klären gewesen, welcher Zustand --ohne Krankheit zu sein-- als "sonstige Gesundheitsstörung" anzusehen sei.
Auch fehle eine Auseinandersetzung mit der Rüge, das FG-Urteil divergiere zu der BFH-Entscheidung vom 17. Dezember 1996 IX R 47/95 (Betriebs-Berater --BB-- 1997, 1396), wonach bei Versäumnissen der Finanzverwaltung die erschwerte Sachverhaltsaufklärung nicht dem Steuerpflichtigen anzulasten sei.
Nicht auseinandergesetzt habe sich der BFH weiterhin mit der aufgeworfenen Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob das Gericht für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Heilbehandlung eine eigene Feststellungskompetenz besitze oder zwingend ein Gutachter einzuschalten sei.
Es fehlten Ausführungen zu der Frage, ob sich ein Anscheinsbeweis für eine Heilbehandlung daraus herleiten lasse, dass eine Behandlung nur durch einen Arzt erfolgen dürfe.
Weiterhin habe sich der BFH nicht hinreichend mit der von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Frage der richtlinienkonformen Auslegung des § 4 Nr. 14 UStG beschäftigt. Die Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zur Gutachtertätigkeit lasse sich nicht auf Schönheitsoperationen übertragen. Ergänzend wird ausgeführt, dass in anderen Ländern der Europäischen Union die Tätigkeit der medizinisch plastischen Chirurgen steuerbefreit sei.
Eine gegen den Beschluss erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 4. Juli 2006 1 BvR 2241/04, juris).
II. Die Anhörungsrüge ist unbegründet.
1. Gemäß § 133a FGO ist das gerichtliche Verfahren fortzuführen, wenn das Gericht den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Der Senat hat den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht dadurch verletzt, dass er in den Gründen des Beschlusses in BFH/NV 2006, 1168 nicht ausdrücklich auf sämtliche Begründungselemente der umfangreichen Nichtzulassungsbeschwerde eingegangen ist.
2. Die Gewährung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 des Grundgesetzes (GG) bedeutet, dass das Gericht dem Kläger oder Beschwerdeführer nicht nur Gelegenheit zur Äußerung gibt und die Begründungsschrift zu den Akten nimmt, sondern auch, dass das Gericht die vorgebrachten Äußerungen zur Kenntnis nimmt und sich mit ihnen auseinander setzt (BFH-Beschluss vom 28. April 2004 I R 86/02, BFH/NV 2005, 142).
3. Soweit der Senat in den Entscheidungsgründen nicht auf sämtliche, mit der Nichtzulassungsbeschwerde vorgebrachte umfangreiche Rügen eingegangen ist, bedeutet das nicht, dass er die Gründe teilweise nicht zur Kenntnis genommen oder erwogen hat. Denn gemäß § 116 Abs. 5 FGO entscheidet der BFH über die Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss, der eine "kurze" Begründung enthalten "soll". Dies bedeutet, dass im Einzelfall eine Begründung ganz entfallen kann oder sich das Gericht lediglich mit den seiner Ansicht nach wesentlichen Gesichtspunkten der Begründungsschrift auseinandersetzt. Die "Kürze" i.S. des § 116 Abs. 5 FGO bezieht sich auf die Gesamtbegründung und nicht --wie die Beschwerdeführerin meint-- auf jedes einzelne Begründungselement. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist das Gericht nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen (Entscheidungen des BVerfG vom 27. Mai 1970 2 BvR 578/69, BVerfGE 28, 378, 384; vom 10. Juni 1975 2 BvR 1086/74, BVerfGE 40, 101, 104 f.; vom 5. Oktober 1976 2 BvR 558/75, BVerfGE 42, 364, 368, und vom 15. April 1980 2 BvR 827/79, BVerfGE 54, 86). Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten tatsächlich auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (BVerfG-Beschluss vom 15. April 1980 1 BvR 1365/78, BVerfGE 54, 43).
4. Anhaltspunkte dafür, dass der Senat wesentliche Begründungspunkte übergangen hat, sind nicht gegeben. Der Senat hat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, weil er die Rechtsfrage, ob die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG für eine "ärztliche oder sonstige heilberufliche Tätigkeit" im Lichte der Rechtsprechung des EuGH eine medizinische Indikation voraussetzt, im Grundsatz als geklärt angesehen hat und die tatrichterliche Würdigung des FG, wonach bei den in ca. 3 000 Fällen vorgenommenen Fettabsaugungen, Lidkorrekturen, Faceliftings und Straffungen eine medizinische Indikation fehle, verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist. Im Übrigen entspricht es nicht der Funktion der Anhörungsrüge nach § 133a FGO, im abgeschlossenen Verfahren bereits erörterte, nicht im Sinne des Rechtsmittelführers entschiedene Rechtsfragen nochmals zu überprüfen oder nachträglich die Beschwerdebegründung zu erweitern oder zu ergänzen (BFH-Beschluss vom 16. Januar 2007 II S 18/06, BFH/NV 2007, 939; vom 17. Juni 2005 VI S 3/05, BFHE 209, 419, BStBl II 2005, 614).
Ende der Entscheidung
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