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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 24.09.2008
Aktenzeichen: VI B 107/07
Rechtsgebiete: FGO, StraBEG, AO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 76 Abs. 1 Satz 1
FGO § 96 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 155
StraBEG § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b
AO § 371 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 295
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe --Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO)-- liegen nicht vor.

1. Die Revision kann entgegen der Ansicht des Klägers nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO wegen gravierender Rechtsanwendungsfehler des Finanzgerichts (FG) zugelassen werden.

Zwar ist die Revision nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch dann zuzulassen, wenn dem FG ein schwerwiegender Fehler bei der Anwendung und Auslegung revisiblen Rechts unterlaufen ist, der die erstinstanzliche Entscheidung als objektiv willkürlich oder als greifbar gesetzeswidrig, mithin als unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar erscheinen lässt (BFH-Beschlüsse vom 28. Juli 2003 V B 72/02, BFH/NV 2003, 1597; vom 8. Februar 2006 III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116; vom 28. August 2007 VII B 357/06, BFH/NV 2008, 113; vom 13. November 2007 VI B 160/06, BFH/NV 2008, 341). In diesen Fällen besteht ein allgemeines Interesse an einer korrigierenden Entscheidung, da der Fehler geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (BFH-Beschlüsse vom 22. April 2008 X B 57/07, BFH/NV 2008, 1192; vom 4. September 2007 VI B 53/06, BFH/NV 2007, 2326; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 68, m.w.N.). Ein solcher Fehler liegt z.B. dann vor, wenn das FG eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen hat (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 1597; in BFH/NV 2008, 113), wenn das Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht oder wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung nicht mehr nachvollziehbar ist und sich deshalb der Schluss aufdrängt, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1116, m.w.N.). Unterhalb dieser Grenze liegende erhebliche Rechtsfehler reichen nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung zu begründen (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Juli 2005 IX B 13/05, BFH/NV 2005, 2031; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 76).

Der Senat vermag nach dem Vorbringen des Klägers einen schwerwiegenden Fehler, der eine Zulassung der Revision nach den dargestellten Grundsätzen rechtfertigen könnte, nicht zu erkennen. Im Streitfall macht der Kläger zur Darlegung der gravierenden Rechtsverletzung geltend, das FG habe bei der Prüfung des Ausschlusstatbestands des § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b des Strafbefreiungserklärungsgesetzes (StraBEG) die Entdeckung der Tat durch das Finanzamt angenommen, ohne dass die hierfür nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 5. April 2000 5 StR 226/99 (BFH/NV Beilage 1/2001, 70) erforderlichen Feststellungen über das wahrscheinliche Vorliegen der Tat getroffen worden seien. Das FG habe zudem aus der Verweigerung der Mitwirkung durch den Kläger gegenüber der Strafverfolgungsbehörde objektiv willkürlich den Rückschluss darauf gezogen, dass der Kläger bei verständiger Würdigung der Sachlage mit der Tatentdeckung habe rechnen müssen.

Die vom Kläger angeführten Gesichtspunkte richten sich nicht gegen die vom FG vorgenommene Gesetzesauslegung, sondern allein gegen die aus Sicht des Klägers fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG. Denn das FG hat sich bei seiner Würdigung der Umstände des Streitfalls ausdrücklich auf die Ausführungen im BGH-Beschluss in BFH/NV Beilage 1/2001, 70 zum --mit § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b StraBEG übereinstimmenden-- Ausschlusstatbestand des § 371 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung gestützt. Die vom FG vorgenommene Würdigung, dass der Ausschlusstatbestand des § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b StraBEG erfüllt sei, ist im Streitfall nicht denkgesetzlich ausgeschlossen. Das FG hat anhand konkreter Tatsachenfeststellungen nachvollziehbar begründet, dass die Tat bei Eingang der strafbefreienden Erklärung bereits entdeckt war und der Kläger hiermit bei verständiger Würdigung der Sachlage auch rechnen musste. Die Rüge des Klägers betrifft damit letztlich nur die inhaltliche Richtigkeit der Vorentscheidung und führt daher nicht zur Zulassung der Revision (BFH-Beschlüsse vom 27. September 2001 XI B 25/01, BFH/NV 2002, 213; vom 17. Januar 2006 IX B 79/05, BFH/NV 2006, 802, m.w.N.).

2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen.

a) Der Kläger rügt als Verfahrensmangel, das FG habe gegen die Verpflichtung aus § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen, seiner Entscheidung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Das FG habe bei seiner Überzeugungsbildung Tatsachen unterstellt, die nicht durch ausreichende tatsächliche Feststellungen getragen würden.

Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO setzt voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, der schriftlich festgehaltenem Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht oder eine nach den Akten eindeutig festgestellte Tatsache unberücksichtigt lässt (BFH-Beschlüsse vom 11. Februar 1999 III B 51/98, BFH/NV 1999, 970; vom 24. Januar 2008 VIII B 163/06, BFH/NV 2008, 1099). Das Vorbringen des Klägers lässt jedoch nicht erkennen, dass die Entscheidung des FG in entscheidungserheblicher Weise im Widerspruch zum Gesamtinhalt der Akten steht. Dies gilt auch im Hinblick auf die vom Kläger im Klageverfahren vorgebrachte Nettolohnvereinbarung, durch die zwar eine Inanspruchnahme des Klägers für die vom Arbeitgeber abzuführende Lohnsteuer, nicht aber der Ansatz der streitigen geldwerten Vorteile aus Bonuszahlungen und Aktienoptionen bei der Veranlagung des Klägers für die Streitjahre ausgeschlossen wäre (vgl. BFH-Urteile vom 17. Mai 1985 VI R 137/82, BFHE 144, 217, BStBl II 1985, 660; vom 13. Dezember 2007 VI R 57/04, BStBl II 2008, 434, unter II. 2. der Gründe; Schmidt/Drenseck, EStG, 27. Aufl., § 42d Rz 19).

b) Die vom Kläger als weiterer Verfahrensmangel geltend gemachte Verletzung der Sachaufklärungspflicht aus § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO ist im Streitfall nicht gegeben. Der Kläger hat ausweislich des Sitzungsprotokolls in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juni 2007 weder einen Beweisantrag gestellt noch die mangelnde Sachaufklärung durch das FG gerügt oder dargetan, aus welchen entschuldbaren Gründen er hieran gehindert gewesen sei. Er hat damit gemäß § 295 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO sein Rügerecht verloren (BFH-Beschluss vom 21. April 2008 V B 231/07, BFH/NV 2008, 1358; BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 VI R 11/07, BFH/NV 2008, 1600, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, unter II. 1. b der Gründe; Gräber/ Stapperfend, a.a.O., § 76 Rz 33, m.w.N.).

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