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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.01.2003
Aktenzeichen: VI B 113/02
Rechtsgebiete: EStG, FGO
Vorschriften:
EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 | |
FGO § 90a Abs. 4 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 | |
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2 |
Gründe:
Die Beschwerde ist --soweit sie wegen mangelhafter Darlegungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht bereits unzulässig ist-- jedenfalls unbegründet.
1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht gegeben. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Rechtsfrage, ob die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur beruflichen Begründung einer doppelten Haushaltsführung als Folge einer Heirat zweier Berufstätiger auch auf den Fall Anwendung finden kann, in denen nur ein Ehepartner einem Beruf nachgeht, ist höchstrichterlich geklärt und folglich nicht klärungsbedürftig (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 28, m.w.N.).
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Sätze 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist für den Werbungskostenabzug nicht ausreichend, dass eine einheitliche Haushaltsführung auf zwei verschiedene Haushalte aufgesplittet ist. Die doppelte Haushaltsführung muss vielmehr aus beruflichen Gründen veranlasst sein. Dies ist nach der gesetzlichen Regelung nur der Fall, wenn die doppelte Haushaltsführung, d.h. die Einrichtung der zweiten Wohnung, aus beruflichem Anlass begründet wird. Es handelt sich hierbei um eine konkrete Kodifizierung des Veranlassungsprinzips (vgl. Bergkemper in Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 9 EStG Anm. 486). Die gesetzliche Regelung geht dabei davon aus, dass grundsätzlich zunächst ein eigener (Haupt-)Hausstand des Steuerpflichtigen bestanden haben muss, bevor es zur Einrichtung einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort gekommen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Mai 2001 VI B 43/99, BFH/NV 2001, 1549).
Es entspricht auch ständiger höchstrichterlicher Finanzrechtsprechung, dass eine doppelte Haushaltsführung grundsätzlich dann nicht aus beruflichem Anlass begründet wird, wenn ein Arbeitnehmer heiratet und neben seiner fortbestehenden Wohnung am Beschäftigungsort mit seinem Ehegatten einen Hausstand an einem anderen Ort gründet. Das auslösende Element bzw. der unmittelbare Anlass für die Aufsplitterung des Wohnens auf zwei Haushalte liegt hier in der Eheschließung und demnach im privaten Bereich (z.B. BFH-Urteil vom 22. September 1988 VI R 53/85, BFHE 155, 77, BStBl II 1989, 293; vgl. auch Bundesverfassungsgericht --BVerfG--, Beschluss vom 14. Dezember 1987 1 BvR 156/87, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1988, 582).
Die höchstrichterliche Finanzrechtsprechung hat allerdings im Hinblick auf den aus Art. 6 des Grundgesetzes (GG) resultierenden Schutz von Ehe und Familie eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung dann angenommen, wenn beide Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung an verschiedenen Orten beruflich tätig sind, jeweils dort wohnen und anlässlich ihrer Heirat eine der beiden Wohnungen oder eine neue Wohnung an einem dritten Ort zum Familienhausstand machen. Maßgebend für diese Rechtsprechung ist, dass bei Heirat zweier Berufstätiger diese sich nicht mit einem einzigen Wohnsitz am Ort der Berufsausübung eines von ihnen begnügen können, ohne die Berufstätigkeit des anderen zu beeinträchtigen (ständige Rechtsprechung; BFH-Urteile vom 29. November 1990 VI R 30/90, BFH/NV 1991, 531; vom 4. Oktober 1989 VI R 44/88, BFHE 158, 527, BStBl II 1990, 321; vgl. auch BFH-Urteile vom 13. März 1996 VI R 58/95, BFHE 180, 136, BStBl II 1996, 315, und vom 4. April 2001 VI R 130/99, BFH/NV 2001, 1384, m.w.N.; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 21. Aufl., § 9 Rz. 147 f.; Blümich/ Thürmer, Einkommensteuergesetz, § 9 Rz. 368 ff., insbesondere 377-379, m.w.N.).
Der BFH hat jedoch ständig auch daran festgehalten, dass diese --wegen des verfassungsrechtlichen Förderungsgebotes des Art. 6 GG gebotene-- Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG u.a. dann nicht anwendbar ist, wenn nur ein Ehepartner berufstätig ist (BFH-Urteile vom 23. Februar 1990 VI R 87/86, BFH/NV 1990, 764; in BFHE 180, 136, BStBl II 1996, 315; vom 20. Dezember 1982 VI R 64/81, BFHE 137, 463, BStBl II 1983, 306; Beschluss vom 18. April 1997 VI B 169/96, nicht veröffentlicht).
Von diesen Rechtsgrundsätzen ist die erstinstanzliche Entscheidung ausgegangen. Weiterer Klärungsbedarf besteht nicht; einen solchen haben die Kläger auch nicht aufgezeigt.
2. Angesichts der dargelegten ständigen Rechtsprechung des BFH ist eine Revisionsentscheidung zur Fortbildung des Rechts bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) nicht erforderlich.
3. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen. In der Sache wird insoweit von den Klägern sinngemäß vorgetragen, das Finanzgericht (FG) habe --nachdem sie gegen den Gerichtsbescheid einen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt und neue Gesichtspunkte vorgebracht hätten-- seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 FGO) zugrunde gelegt bzw. gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen. Diese Rüge wurde indes nicht schlüssig erhoben.
Wird gegen einen vom Berichterstatter des Senats erlassenen Gerichtsbescheid (§ 90a i.V.m. § 79a Abs. 2 und 4 FGO) mündliche Verhandlung beantragt, so gilt dieser als nicht ergangen. Dessen ungeachtet erlaubt § 90a Abs. 4 FGO, dass das anschließende Urteil auf den in derselben Sache ergangenen Gerichtsbescheid verweist (zu dieser Begründungserleichterung: vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 90a Rz. 27; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 90a FGO Tz. 21). Auf diesen Umstand allein kann demnach ein Verfahrensmangel nicht gestützt werden (vgl. auch BFH-Beschluss vom 25. Juni 1998 VIII R 10/97, BFH/NV 1998, 1509).
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Parteivorbringen nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern auch in Erwägung gezogen hat. Ein Verstoß gegen diese Pflicht lässt sich nur feststellen, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des konkreten Falles ergibt (ständige Rechtsprechung; z.B. BFH-Beschluss vom 19. Februar 2002 IX B 130/01, BFH/NV 2002, 802; Urteile vom 15. Dezember 1992 VIII R 52/91, BFH/NV 1993, 684; vom 6. Dezember 1983 VIII R 110/79, BFHE 140, 74, BStBl II 1984, 227; vgl. BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 1988 1 BvR 818/88, BVerfGE 79, 51, 61). Diese Vermutung wird nicht bereits dadurch entkräftet, dass das betreffende Vorbringen nicht in den schriftlichen Entscheidungsgründen angesprochen wird (BVerfG-Beschluss vom 8. Oktober 1985 1 BvR 33/83, BVerfGE 70, 288, 293).
Die Kläger haben jedoch nicht hinreichend konkret dargelegt, um welche vom FG in seine Erwägung nicht einbezogenen Gesichtspunkte es sich handeln soll. Sie bringen im Wesentlichen nur vor, sie hätten in ihrem Schriftsatz vom 29. Mai 2002 neues Vorbringen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorgetragen. Diese Beschwerdebegründung lässt nicht schlüssig erkennen, welche wesentlichen entscheidungserheblichen neuen Umstände eine zusätzliche Begründung --über den Gerichtsbescheid hinaus-- hätten erforderlich machen können.
4. Im Übrigen wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO von einer weiteren Begründung abgesehen.
Ende der Entscheidung
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