Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 27.03.2003
Aktenzeichen: VI B 176/02
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 5 i.V.m.
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war ab Januar 1997 bis September des Streitjahres 1998 bei einer Sozietät aus Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern mit Sitz in X zunächst als Steuersachbearbeiter und nach seiner Bestellung als angestellter Steuerberater nichtselbständig tätig. Dabei hatte er bereits 1997 und im Streitjahr bei Mandanten seines Arbeitgebers Prüfungen und Beratungen durchzuführen. Diese Mandanten befanden sich alle in einem --ca. 20 km vom Büro der Arbeitgeberin entfernten-- Bürokomplex in der Innenstadt von X. Innerhalb des Bürokomplexes war er in unterschiedlichen Räumen eingesetzt. In den Büroräumen seiner Arbeitgeberin hatte er keinen Arbeitsplatz. Die Arbeitgeberin hatte ihn zur Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben u.a. mit einem Notebook-Computer, einem tragbaren Drucker sowie einem Transportkarton mit weiterem Büromaterial ausgestattet. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) lehnte es bei der Einkommensteuerveranlagung 1998 ab, Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von (135 x 10 DM =) 1 350 DM zu berücksichtigen.

Mit der deswegen erhobenen Klage trug der Kläger vor, er habe Einsatzwechseltätigkeit ausgeübt. Ob eine solche vorliege, könne nicht nach abstrakten Berufsbildern, sondern nur auf der Grundlage des konkreten Arbeitsverhältnisses beurteilt werden. Das Vorliegen einer Einsatzwechseltätigkeit bestimme sich nach der mutmaßlichen Verwendung des Arbeitnehmers im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers. Der Kläger sei aufgrund seiner Ausstattung mit Arbeitsmitteln und den ihm im Vorstellungsgespräch sowie danach von seiner Arbeitgeberin gemachten Angaben zu vielfältigen Einsatzorten davon ausgegangen, dass seine Einsatzorte häufiger wechseln würden. Er habe jederzeit mit einem anderen Einsatzort rechnen müssen. Auch wenn die berufliche Tätigkeit in den Jahren 1997 und im Streitjahr nur in einem Bürokomplex ausgeübt worden sei, liege eine Einsatzwechseltätigkeit vor, da für die Anerkennung einer solchen die Anzahl der Tätigkeitsstätten ohne Bedeutung sei. Der Umstand, dass er fast ausschließlich in dem Bürokomplex eingesetzt worden sei, sei auch dadurch bedingt, dass die Mandanten dort mit seinen Arbeitsleistungen zufrieden gewesen seien, wodurch sich Folgeaufträge ergeben hätten. Daher habe seine Arbeitgeberin wenig Anlass gesehen, ihn für andere Mandanten einzusetzen, obwohl ihm dies im Einstellungsgespräch und auch später immer wieder zugesagt worden sei. Dem Kläger seien ferner tatsächlich Verpflegungsmehraufwendungen entstanden. Er habe während seiner Tätigkeit in dem Bürokomplex keine Möglichkeit gehabt, die Teeküchen oder gar die Aufenthaltsräume der Mandanten zu nutzen, um dort z.B. das Mittagessen einzunehmen. Ansonsten wäre die gebotene Distanz zu den Mitarbeitern der Mandanten nicht gewahrt worden, auf die der Kläger, sein Arbeitgeber und auch die jeweilige Geschäftsleitung der Mandanten insbesondere wegen der Prüfungstätigkeit Wert gelegt hätten. Daher sei der Kläger in den allermeisten Fällen außerhalb des Bürokomplexes zum Essen gegangen. In wenigen Ausnahmefällen habe er mitgebrachte Brötchen verzehrt oder sich eine Pizza bestellt und am Schreibtisch des Mandanten gegessen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für die Gewährung von Verpflegungspauschalen nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c des Einkommensteuergesetzes (EStG) lägen nicht vor, da der Kläger im Streitjahr nicht von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit entfernt beruflich tätig gewesen sei. Vielmehr habe sich seine regelmäßige Arbeitsstätte und damit der Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit im Bürokomplex in X befunden, wo er während des gesamten Beschäftigungsverhältnisses bis auf wenige Ausnahmen tätig gewesen sei. Diejenigen Arbeitstage, an denen er ausnahmsweise nicht dort tätig gewesen sei, seien nach seinen Angaben auf Urlaub und auf die Vorbereitung bzw. Ablegung der Steuerberaterprüfung entfallen. Damit sei er tatsächlich dauerhaft in dem Bürokomplex tätig gewesen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitgeberin des Klägers im Rahmen ihres Direktionsrechts beabsichtigt habe, den Kläger an anderen Arbeitsstätten einzusetzen, so dass sich der Kläger aufgrund seiner individuellen Berufssituation auf Fahrten zu immer wieder neuen Arbeitsstätten einzustellen gehabt habe, hätten nicht vorgelegen.

Die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde stützt der Kläger auf Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. Juli 1980 VI R 198/77 (BFHE 131, 64, BStBl II 1980, 654) sei das Vorliegen einer Einsatzwechseltätigkeit nicht von der Zahl der Einsatzstellen abhängig, auf denen der Arbeitnehmer im Kalenderjahr tätig ist, sondern davon, ob der Einsatz auf wechselnden Einsatzstellen für den vom Arbeitnehmer ausgeübten Beruf typisch ist. Demgegenüber gehe das angefochtene Urteil davon aus, dass bei einer dauerhaften Tätigkeit auf nur einer Einsatzstelle diese zur regelmäßigen Arbeitsstätte werde und kein Raum für Einsatzwechseltätigkeit verbleibe.

2. Nach dem bereits benannten BFH-Urteil sowie dem BFH-Urteil vom 20. November 1987 VI R 6/86 (BFHE 152, 232, BStBl II 1988, 443) sei die Frage, ob eine für ständig wechselnde Einsatzstellen typische Tätigkeit vorliegt, nicht nach abstrakten Berufsbildern, sondern nach der mutmaßlichen Verwendung des Arbeitnehmers im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers zu beantworten. Im Einzelnen stelle der BFH darauf ab, "... ob der Arbeitnehmer des konkreten zu beurteilenden Dienstverhältnisses nach dem Direktionsrecht seines Arbeitgebers aller Voraussicht nach damit rechnen muss, dass er seine Arbeitsleistung an immer wieder anderen Arbeitsstätten zu erbringen hat". Demgegenüber habe das FG nicht darauf abgestellt, womit der Arbeitnehmer zu rechnen habe, sondern darauf, was der Arbeitgeber beabsichtige. Danach gestehe das FG dem Arbeitnehmer nicht zu, dass er trotz der hier vorliegenden objektiven Beweisanzeichen für wechselnde Einsatzstellen (Aussagen des Arbeitgebers im Bewerbungsgespräch, kein Arbeitsplatz in den Büroräumen des Arbeitgebers, Ausstattung mit mobilen Arbeitsmitteln und nicht zuletzt auch Berufsüblichkeit, bei verschiedenen Mandanten und daher an verschiedenen Orten Jahresabschlussprüfungen durchzuführen usw.) damit habe rechnen müssen, an unterschiedlichen Arbeitsstätten eingesetzt zu werden.

Der Kläger beantragt, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Das FG habe weder die vom Kläger unterstellten Rechtssätze aufgestellt, noch sei es von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewichen. Vielmehr habe es lediglich die konkreten Umstände gerade des Dienstverhältnisses des Klägers anders als dieser gewertet und sei so zu dem zutreffenden Ergebnis gekommen, dass er im Bürokomplex seine regelmäßige Arbeitsstätte gehabt habe.

Es ist zweifelhaft, ob die Beschwerde den Darlegungsanforderungen entspricht; sie ist jedenfalls unbegründet. Die behauptete Divergenz liegt nicht vor.

1. Das BFH-Urteil in BFHE 131, 64, BStBl II 1980, 654 ist nicht einschlägig, weil es zu Fahrtkosten und nicht zu Verpflegungsmehraufwendungen ergangen ist. Letztere sind lediglich im Rahmen der Zurückverweisung erwähnt, ohne dass hierzu konkrete Rechtssätze ausgesprochen worden wären. Im Übrigen betraf das Urteil einen Betonbauer, für den zwischen den Beteiligten nicht streitig war, dass er generell mit dem Einsatz an immer wieder einem anderen Arbeitsplatz zu rechnen hat. Demgegenüber hat die Würdigung des FG im Streitfall ergeben, dass das für den Kläger gerade nicht gelte. Der dem BFH-Urteil zugrunde liegende Rechtssatz lautet, dass Fahrtkosten auch dann nach den für Einsatzwechseltätigkeit aufgestellten Grundsätzen zu beurteilen sein können, wenn der Kläger im zu beurteilenden Streitjahr seine Einsatzstelle nicht tatsächlich mehrfach gewechselt hat, aber nach seinem Beruf (später präzisiert: nach der mutmaßlichen Verwendung im konkreten Fall) ein ständiger Wechsel der Einsatzstelle typisch ist. Derartige Verhältnisse lagen nach den Feststellungen des FG dem Streitfall nicht zugrunde.

2. Das FG ist auch nicht vom BFH-Urteil in BFHE 152, 232, BStBl II 1988, 443 abgewichen. In dem dort festgestellten Sachverhalt war die Beschäftigung eines Springers zu beurteilen, der nach dem Direktionsrecht des Arbeitgebers aller Voraussicht nach damit rechnen musste, dass er seine Arbeitsleistungen an immer wieder anderen Arbeitsstätten zu erbringen habe. Vergleichbare Verhältnisse lagen im Streitfall gerade nicht vor. Dem Kläger ist auch nicht darin zu folgen, dass das FG lediglich auf die Sicht des Arbeitgebers und der BFH lediglich auf die Sicht des Arbeitnehmers abgestellt hat. Vielmehr hat das FG, wie oben wiedergegeben ist, sowohl auf mögliche Verwendungsabsichten des Arbeitgebers, als auch darauf abgestellt, worauf sich der Kläger hat einstellen müssen. Dem BFH-Urteil kann ebenfalls nicht entnommen werden, dass im Rahmen der anzustellenden Prognose ausschließlich auf die Sicht des Arbeitnehmers oder die des Arbeitgebers abzustellen sei. Diese spielte im vom BFH zu beurteilenden Sachverhalt ohnehin keine Rolle, da ein zu erwartender Einsatz an immer wieder wechselnden Arbeitsplätzen zwischen den Beteiligten nicht streitig war. Unterschiedliche Auffassungen bestanden lediglich darüber, ob es auf den Beruf als solchen oder auf die voraussichtliche Verwendung gerade dieses Arbeitnehmers ankommt.

Soweit der Kläger vorträgt, das FG habe die Beweisanzeichen für wechselnde Einsatzstellen nicht hinreichend berücksichtigt, rügt er nicht Verfahrensfehler, sondern eine fehlerhafte Beweiswürdigung und damit materiell-rechtliche Fehler, die als solche grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision rechtfertigen.

Ende der Entscheidung

Zurück