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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.12.2006
Aktenzeichen: VI B 24/06
Rechtsgebiete: FGO, EStG
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
EStG § 8 Abs. 1 | |
EStG § 19 | |
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1 |
Gründe:
Die Beschwerde ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Eine Rechtssache hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzliche Bedeutung, wenn sie auf einer Rechtsfrage beruht, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein. Das Vorliegen der Voraussetzungen muss in der Beschwerdebegründung schlüssig dargelegt werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. Mai 2006 IV B 168/04, BFH/NV 2006, 1828, und vom 26. Juli 2006 VI B 134/05, BFH/NV 2006, 2029, sowie Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 28, m.w.N.).
1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hält die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob bei der Wandlung oder Veräußerung einer durch den Arbeitgeber begebenen Wandelschuldverschreibung ein Vermögensvorteil i.S. von § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG) "für eine Beschäftigung" gewährt wird, wenn die Wandelschuldverschreibung zum Verkehrswert erworben wird, das Zeichnungsrecht allen Mitarbeitern des Unternehmens zusteht, wobei die Zeichnung der Wandelschuldverschreibung im Belieben des einzelnen Mitarbeiters liegt, und der Arbeitnehmer die Wertsteigerungen der von ihm erworbenen Wandelschuldverschreibungen unabhängig vom Fortbestand des Anstellungsverhältnisses realisieren kann.
Diese Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da auf den vorliegenden Sachverhalt durch die Rechtsprechung bereits geklärte Rechtsgrundsätze anzuwenden und keine Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute höchstrichterliche Prüfung und Entscheidung geboten erscheinen lassen.
a) Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Die verbilligte Überlassung von Aktien kann nach ständiger Rechtsprechung des BFH einen geldwerten Vorteil darstellen und zu Arbeitslohn führen, wenn der Vorteil dem Arbeitnehmer "für" seine Arbeitsleistung gewährt wird (vgl. BFH-Urteile vom 23. Juni 2005 VI R 124/99, BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766, und VI R 10/03, BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770, jeweils m.w.N.). Vorteile werden "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung: z.B. BFH-Urteile vom 14. September 2005 VI R 32/04, BFHE 210, 447, BStBl II 2006, 500; vom 7. Juli 2004 VI R 29/00, BFHE 208, 104, BStBl II 2005, 367; vom 26. Juni 2003 VI R 112/98, BFHE 203, 53, BStBl II 2003, 886; grundlegend BFH-Urteil vom 17. September 1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39). Arbeitslohn liegt hingegen nicht vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (BFH-Urteile vom 19. August 2004 VI R 33/97, BFHE 207, 230, BStBl II 2004, 1076; vom 24. Januar 2001 I R 100/98, BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509, und vom 22. März 1985 VI R 170/82, BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529).
Die Beantwortung der Frage, ob eine Zuwendung durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das Finanzgericht (FG) (vgl. BFH-Urteile vom 22. Juni 2006 VI R 61/02, BStBl II 2006, 782; vom 26. Januar 2005 VI R 71/03, BFHE 208, 572, BStBl II 2005, 349, und BFH-Beschluss vom 8. Juni 2004 VI B 158/03, BFH/NV 2004, 1406, zur beruflichen Veranlassung von Aufwendungen; für die Einnahmen-Seite vgl. BFH-Urteil vom 5. September 2006 VI R 49/05, juris). Die Tatsachenwürdigung des FG ist revisionsrechtlich bindend, soweit sie verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und nicht durch Denkfehler oder durch die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst ist (§ 118 Abs. 2 FGO).
Der beschließende Senat hat bereits in den BFH-Urteilen in BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766, und in BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770 verschiedene Gesichtspunkte aufgezeigt, die bei der Zuwendung verbilligter Aktien die Annahme rechtfertigen können, dass der betreffende Vorteil durch das Dienstverhältnis veranlasst ist. Da die berufliche Veranlassung aber stets unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist, können die in den BFH-Urteilen in BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766 und in BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770 genannten Umstände nur Beweisanzeichen (Indizien) für die im Einzelfall maßgebliche Veranlassung sein. So kann die verbilligte Überlassung junger Aktien auch dann beruflich veranlasst sein, wenn in den Anleihebedingungen zur Wandelschuldverschreibung keine Verfallsklausel für den Fall des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Dienstverhältnis enthalten ist. In dem Fall, der dem BFH-Urteil in BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766 zugrunde lag, war ebenfalls keine Verfallsklausel vereinbart. Dementsprechend hat der beschließende Senat die Verfallsklausel in dem BFH-Urteil in BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770 neben anderen Gesichtspunkten auch nur als weiteres Indiz für die enge wirtschaftliche Verknüpfung zwischen dem Dienstverhältnis und dem verbilligten Aktienbezug herangezogen.
b) Das FG hat die vorgenannte Rechtsprechung des BFH auf den Streitfall angewendet. Es ist dabei im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung zu dem vertretbaren Ergebnis gelangt, dass die hier in Rede stehenden geldwerten Vorteile durch das Dienstverhältnis veranlasst waren. Ausgehend hiervon bietet der Streitfall keinen Anlass, zu den Voraussetzungen, unter denen geldwerte Vorteile bei der Übertragung von Aktien "für" eine Arbeitsleistung gewährt werden, neue, über die bisherige Rechtsprechung hinausgehende abstrakte Rechtsgrundsätze aufzustellen. Soweit die Klägerin die berufliche Veranlassung der geldwerten Vorteile in Zweifel zieht, wendet sie sich letztlich gegen die Tatsachenwürdigung des FG. Einwände gegen die Anwendung des materiellen Rechts im Einzelfall können indessen nicht zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO führen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 24, m.w.N.).
2. Die weitere, von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Nichthandelbarkeit von Wandelschuldverschreibungen allein aus dem Umstand abgeleitet werden kann, dass der Arbeitgeber der Übertragung formal zustimmen muss, ist ebenfalls nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Die Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da sie offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat (vgl. BFH-Beschluss vom 16. August 2005 VI B 8/05, BFH/NV 2005, 2006).
Der beschließende Senat hat bereits in dem BFH-Urteil in BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770 entschieden, dass die dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber bei einem Wandeldarlehensvertrag eingeräumte Möglichkeit, Rechte oder Ansprüche aus dem Darlehen an Dritte abzutreten, nicht zur Handelbarkeit dieser Rechte bzw. Ansprüche führt. Für die hier zu beurteilenden Wandelteilschuldverschreibungen kann nichts anderes gelten. Im Streitfall konnte die Klägerin ohne Zustimmung ihrer Arbeitgeberin nicht über das (wirtschaftliche) Eigentum an den Wandelteilschuldverschreibungen verfügen. Zudem war das (wirtschaftliche) Eigentum selbst bei Erteilung der Zustimmung nicht selbständig übertragbar, sondern nur bei Fortführung des Treuhandverhältnisses durch den Erwerber. Die Rechtsstellung des Treugebers (der Klägerin) konnte nach dem Treuhandvertrag nur im Ganzen mit allen Rechten und Pflichten im Rahmen einer Vertragsübernahme übertragen werden. Die Wandelteilschuldverschreibungen wurden nach den Maßstäben, die der beschließende Senat in dem BFH-Urteil in BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770 zugrunde gelegt hat, auch nicht dadurch handelbar, dass die Arbeitgeberin im Rahmen des sog. "Global Offering Programms" ihre Zustimmung zur Übertragung der Rechtsstellung als Treugeber auf einen bestimmten Dritten erteilte.
3. Bei dieser Sachlage ist auch die dritte, von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage zu den Anforderungen an die Handelbarkeit von Wandelschuldverschreibungen und zur Bedeutung der Handelbarkeit für den Zuflusszeitpunkt im Streitfall nicht klärungsfähig.
Ende der Entscheidung
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