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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.07.1999
Aktenzeichen: VI B 344/98
Rechtsgebiete: EStG, FGO, ZPO, AO 1977


Vorschriften:

EStG § 70 Abs. 2
EStG § 64
FGO § 142
FGO § 114
AO 1977 § 163
AO 1977 § 227
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Klägerin, Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) bezog in den Jahren 1996 und 1997 Kindergeld für ihre beiden Kinder aus erster Ehe.

Nachdem der Beklagte (das Arbeitsamt - Familienkasse -) davon Kenntnis erlangt hatte, daß die beiden Kinder in diesen Jahren im Haushalt des früheren Ehemannes der Antragstellerin (Kindesvater) lebten, erließ die Familienkasse am 16. Januar 1998 nach § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid. Hierin forderte sie Kindergeld für die Monate Januar 1996 bis September 1997 in Höhe von 8 760 DM abzüglich eines von der Antragstellerin an den Kindesvater für die Monate Januar und Februar 1997 weitergeleiteten Teilbetrags von 800 DM, zusammen also 7 960 DM, zurück.

Nach erfolglosem Vorverfahren erhob die Antragstellerin Klage. Zugleich beantragte sie, ihr Prozeßkostenhilfe (PKH) zu gewähren. Das Finanzgericht (FG) lehnte diesen Antrag ab.

Mit ihrer Beschwerde bringt die Antragstellerin vor, sie habe das Kindergeld den Kindern in voller Höhe --teilweise durch Barzahlung und Überweisungen, teilweise durch Kauf von Bekleidungsstücken-- zukommen lassen. Insgesamt hätten die Kinder einen Gegenwert erhalten, der dem Kindergeld in Höhe von 7 960 DM entspreche.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, ihr unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses PKH für das Klageverfahren zu gewähren.

Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat den PKH-Antrag zu Recht abgelehnt.

1. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im Streitfall bietet die Rechtsverfolgung der Antragstellerin bei der gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichenden Erfolgsaussichten.

2. Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Familienkasse vom 16. Januar 1998 ist rechtmäßig.

Wie der erkennende Senat in seinem Beschluß vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98 (BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231, mit Anmerkung in Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1999, 470) ausgeführt hat, ist die Festsetzung des Kindergeldes vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben, wenn sich --wie im Streitfall-- durch einen Haushaltswechsel des Kindes die Verhältnisse, die für die Zahlung des Kindergeldes erheblich sind, ändern (vgl. auch Senatsbeschluß vom 10. November 1998 VI B 125/98, BFHE 187, 477, BStBl II 1999, 137). Ist das Kindergeld im Rahmen einer Unterhaltsregelung verrechnet, so kann der Ausgleich nur über das zivilrechtliche Unterhaltsrecht erfolgen. Zur weiteren Begründung nimmt der Senat Bezug auf den Beschluß in BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231.

3. Im übrigen läßt die Entscheidung der Familienkasse über eine Billigkeitsmaßnahme keine Rechtsfehler erkennen.

Die Familienkasse hat es abgelehnt, auf die Rückforderung des Kindergeldes zu verzichten. Sie stützt sich hierbei auf die Dienstanweisung des Bundesamts für Finanzen (BfF) zur Durchführung des steuerlichen Familienleistungsausgleichs (DA-FamEStG) zu § 64 EStG. Nach 64.4 Abs. 3 ff. DA-FamEStG kann der Rückforderungsanspruch gegenüber dem nachrangig Berechtigten und der Kindergeldanspruch des vorrangig Berechtigten als erloschen behandelt werden, wenn letzterer bescheinigt, das Kindergeld durch Weiterleitung erhalten zu haben und er seinen Anspruch auf Auszahlung von Kindergeld insoweit als erfüllt anerkennt (vgl. Verfügung des BfF vom 30. Juni 1997, BStBl I 1997, 654; ergänzende Dienstanweisung zu 64.4 DA-FamEStG im Schreiben des BfF vom 25. August 1997, BStBl I 1997, 797; Neufassung der DA-FamEStG vom 9. April 1998, BStBl I 1998, 386, 441 ff.; vgl. auch Schreiben des BfF vom 25. August 1998, BStBl I 1998, 1126 f. zur Bestätigung des vorrangig Berechtigten - neuer Anhang 14 zu 64.4 Abs. 4 DA-FamEStG).

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine Billigkeitsentscheidung der Verwaltung nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (§ 102 FGO). Die ablehnende Entscheidung der Familienkasse kann grundsätzlich nur auf Ermessensfehler überprüft werden (zur Überprüfung von Ermessensentscheidungen nach §§ 163, 227 der Abgabenordnung --AO 1977--: vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Oktober 1993 V R 67/91, BFH/NV 1994, 669; BFH-Beschluß vom 6. Juni 1991 V R 102/86, BFH/NV 1992, 787; Brandt in Beermann, Finanzgerichtsordnung, § 102 Rz. 54).

Die von der Familienkasse getroffene Billigkeitsentscheidung ist nicht zu beanstanden (vgl. auch Niedersächsisches FG, Urteil vom 1. Juli 1998 II 672/97 Ki, Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 1525). Insbesondere ist es nicht sachwidrig, die Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme von einer Erklärung des vorrangig kindergeldberechtigten Elternteils nach Maßgabe der oben angeführten Verfügungen des BfF (zuletzt: Schreiben des BfF vom 25. August 1998, BStBl I 1998, 1126 f.) abhängig zu machen. Ohne eine derartige Erklärung würde sich die Familienkasse dem Risiko einer doppelten Inanspruchnahme aussetzen.

Die Klage erscheint demnach --soweit sie sich auch gegen die Billigkeitsentscheidung der Familienkasse richtet-- ohne Aussicht auf Erfolg. Die Antragstellerin hat lediglich eine Bescheinigung des Kindesvaters über die Weiterleitung des Kindergeldes für die Monate Januar und Februar 1997, nicht jedoch für die übrigen streitbefangenen Monate beigebracht. Die von der Verwaltung für notwendig erachteten Angaben zur Weiterleitung des Kindergeldes und in bezug auf den eigenen Kindergeldanspruch der Ehefrau wurden demnach nur teilweise bestätigt. Nach den Angaben der Familienkasse wurde die weiterreichende Bescheinigung vom Kindesvater --zutreffenderweise-- deshalb nicht ausgestellt, weil er ab Januar 1996 (ausgenommen die Monate Januar und Februar 1997) als vorrangiger Berechtigter selbst Kindergeld für die beiden Kinder bezogen hat.

Ende der Entscheidung

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