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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.03.2002
Aktenzeichen: VI B 4/02
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 129
AO 1977 § 129 Satz 1
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss u.a. klärungsbedürftig sein. Dies ist hier angesichts der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH nicht der Fall.

Nach § 129 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. "Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten" sind einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche mechanische Versehen. Ist die mehr als nur theoretische Möglichkeit eines Rechtsirrtums gegeben, liegt kein mechanisches Versehen und damit keine offenbare Unrichtigkeit vor (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 16. März 2000 IV R 3/99, BFHE 191, 226, BStBl II 2000, 372; vom 18. August 1999 I R 93/98, BFH/NV 2000, 539; vom 5. Februar 1998 IV R 17/97, BFHE 185, 345, BStBl II 1998, 535, m.w.N.).

Fehler bei Eintragungen in Eingabewertbögen für die automatische Datenverarbeitung können als rein mechanische Versehen ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im vorgenannten Sinn sein, etwa bei Irrtümern über den Ablauf des maschinellen Verfahrens, Verwendung falscher Schlüsselzahlen oder Übersehen notwendiger Eintragungen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 10. Mai 1989 I R 104/85, BFH/NV 1990, 478; vom 17. Februar 1993 X R 47/91, BFH/NV 1993, 638; vom 9. Oktober 1979 VIII R 226/77, BFHE 129, 5, BStBl II 1980, 62). Fehlerhafte Eintragungen können aber auch auf einem Rechtsirrtum beruhen, denn durch die Zuordnung von Daten zu bestimmten Kennziffern wird auch der Wille zu einer bestimmten rechtlichen Behandlung dieser Daten durch das festgelegte Datenverarbeitungsprogramm dokumentiert (vgl. auch BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2000 V B 119/00, BFH/NV 2001, 740).

Ob ein mechanisches Versehen, ein Irrtum über den Programmablauf oder ein die Berichtigung nach § 129 AO 1977 ausschließender Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliegt, ist nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine Tatfrage, die der revisionsgerichtlichen Prüfung nur in eingeschränktem Umfang unterliegt (BFH-Urteile in BFHE 185, 345, BStBl II 1998, 535; in BFH/NV 1993, 638; vom 15. März 1994 XI R 78/92, BFH/NV 1995, 937; Beschluss vom 21. Oktober 1992 I B 85/92, BFH/NV 1994, 517; Klein/Brockmeyer, Abgabenordnung, § 129 Rz. 4, m.w.N.).

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) hatte die Sachbearbeiterin die Einkünfte der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aus nichtselbständiger Arbeit mit fehlerhaften Schlüsselnummern versehen und auf einen Prüfhinweis dahin gehend, dass Eingaben zu mehreren Kennziffern mehrmals eingegeben worden seien, diese teilweise gelöscht im Wesentlichen mit der Folge, dass die Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit nicht erfasst wurden. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen lagen im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass der Fehler im mechanischen Veranlagungsverfahren (vgl. hierzu auch Klein/Brockmeyer, a.a.O., § 129 Rz. 6 und 7, m.w.N.) auf einem Rechtsirrtum oder auf einer unvollständigen Sachverhaltsaufklärung beruhte. Insbesondere hatte die Sachbearbeiterin keinen Willen im Tatsachen- oder Rechtsbereich dahin gehend gebildet, dass die Einkünfte der Klägerin nicht zu erfassen waren. Gegen diese den BFH bindenden tatsächlichen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) des FG haben die Kläger keine durchgreifenden Rügen vorgebracht.

2. Die Rüge der Kläger, die Vorentscheidung weiche von der Rechtsprechung des BFH ab, ist gleichfalls unbegründet.

An die Stelle der Divergenz als Zulassungsgrund ist infolge des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) mit Wirkung ab 2001 das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung getreten (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO). Voraussetzung dafür ist, dass Unterschiede in der Rechtsprechung über Fragen des revisiblen Rechts bestehen (BFH-Beschluss vom 5. November 2001 VI B 219/00, BFH/NV 2002, 311, m.w.N.). Dies ist im Streitfall jedoch nicht der Fall.

Die Vorentscheidung weicht weder vom BFH-Urteil vom 9. Dezember 1998 II R 9/96 (BFH/NV 1999, 899) noch vom BFH-Urteil vom 4. November 1992 XI R 40/91 (BFH/NV 1993, 509) ab. Im erstgenannten Fall bestand aufgrund der Aktenlage die ernsthafte Möglichkeit eines nicht nur theoretischen Überlegungsfehlers des Sachbearbeiters. Im Urteil in BFH/NV 1993, 509 kam es nach einem Prüfhinweis zu einer neuerlichen Willensbildung des Sachbearbeiters. Im Streitfall hat die Vorinstanz aufgrund der tatsächlichen Umstände des Falles eine solche Willensbildung der Sachbearbeiterin bzw. die konkrete Möglichkeit eines Tatsachen- oder Rechtsirrtums aber eindeutig ausgeschlossen.

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

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