Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.12.2007
Aktenzeichen: VI B 68/06
Rechtsgebiete: EStG, BBesG, FGO


Vorschriften:

EStG § 3 Nr. 64
BBesG § 58a
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1
FGO § 118 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein Kriminalbeamter, beteiligte sich im Streitjahr 2001 an einem Einsatz der Vereinten Nationen in Bosnien-Herzegowina im Rahmen der Aktion "Beteiligung von Polizeivollzugsbeamten des Bundes und der Länder an einem multinationalen Polizeikontingent der Vereinten Nationen (International Police Task Force)". Unterbringung und Verpflegung wurden von den Vereinten Nationen nicht (amtlich) zur Verfügung gestellt.

Während des Einsatzes erhielt der Kläger neben seinem steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 76 057 DM u.a. einen nach § 3 Nr. 64 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfreien Auslandsverwendungszuschlag (§ 58a des Bundesbesoldungsgesetzes --BBesG--) in Höhe von 28 300 DM. Von den Vereinten Nationen bezog der Kläger zusätzlich ein steuerfreies Tagegeld mit der Bezeichnung "Mission Subsistence Allowance" (MSA) in Höhe von 56 700 DM (bzw. 75 US $ pro Tag).

Den Antrag des Klägers, Aufwendungen (u.a. für Übernachtung und Verpflegungsmehraufwendungen) in Höhe von 24 570 DM, die ihm anlässlich des Auslandseinsatzes entstanden waren, als Werbungskosten bei seinen steuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen, lehnte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ab.

Die Klage war überwiegend erfolglos. Das Finanzgericht (FG) vertrat im Wesentlichen die Auffassung, das von den Vereinten Nationen steuerfrei ausbezahlte Tagegeld gelte ausdrücklich Aufwendungen für Verpflegung, Unterkunft und Nebenausgaben am zugewiesenen Dienstort als Aufwandsentschädigung ab. Die einschlägigen Aufwendungen des Klägers seien mit dem gewährten Tagegeld zu verrechnen. Der diesbezüglich angefallene Erwerbsaufwand könne nicht als Werbungskosten bei den (steuerpflichtigen) Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers abgezogen werden (vgl. § 3c EStG). Soweit jedoch darüber hinausgehende Aufwendungen (u.a. für Heimfahrten, Telefonate) sowohl mit den steuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers als auch mit dem steuerfreien Auslandsverwendungszuschlag nach § 58a BBesG im Zusammenhang stünden, sei die Klage teilweise erfolgreich. Der absetzbare Teil der Aufwendungen sei nach den Grundsätzen zu berechnen, die der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 26. März 2002 VI R 26/00 (BFHE 198, 545, BStBl II 2002, 823) aufgestellt habe (Hinweis auch auf den BFH-Beschluss vom 31. Mai 2005 VI B 93/04, BFH/NV 2005, 1555).

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Es sei ferner eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO). Die vorrangige Verrechnung der Aufwendungen des Klägers mit den von den Vereinten Nationen gewährten Tagegeldern sei unzutreffend. Die Tagegelder dienten nicht, jedenfalls nicht ausschließlich der Abdeckung materieller Aufwendungen, sondern hätten andere Funktionen (z.B. Anreizfunktion). Richtigerweise hätte das FG die am Einsatzort entstandenen Aufwendungen (ebenfalls) anteilig zum Werbungskostenabzug zulassen müssen.

Dem FG sei ferner ein Verfahrensfehler unterlaufen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

II. Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision ist --bei erheblichen Zweifeln an der Zulässigkeit-- jedenfalls unbegründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO sind nicht hinreichend dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) bzw. nicht gegeben.

1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) kommt einer Rechtssache zu, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer bisher ungeklärten Rechtsfrage abhängt, deren Beantwortung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Die Rechtsfrage muss im angestrebten Revisionsverfahren auch klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung; z.B. BFH-Beschluss vom 12. Juni 2007 VI B 14/07, BFH/NV 2007, 1626). Dies gilt auch für den vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO (vgl. hierzu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 41, m.w.N.).

a) Nach § 118 Abs. 1 FGO kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruht. Nicht revisibel ist u.a. ausländisches Recht, dessen Feststellung und Auslegung grundsätzlich dem FG obliegt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 18. Mai 2004 VI R 11/01, BFHE 206, 158, BStBl II 2004, 1014, m.w.N.). Feststellungen des FG zum Inhalt irrevisiblen (auch ausländischen) Rechts werden revisionsrechtlich wie die Feststellung von Tatsachen behandelt (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz 14, m.w.N.; BFH-Urteil vom 17. November 1999 I R 11/99, BFHE 190, 419, BStBl II 2001, 822). An Tatsachenfeststellungen ist das Revisionsgericht jedoch grundsätzlich gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO; vgl. auch BFH-Urteil vom 26. März 2002 VI R 45/00, BFHE 198, 554, BStBl II 2002, 827).

b) Nach umfangreichen Ermittlungen hat die Vorinstanz ihre Entscheidung darauf gestützt, dass sich die Steuerfreiheit der Tagegelder aus Art. V Abschn. 18 Buchst. b des Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen i.V.m. dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 13. Februar 1946 über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen vom 16. August 1980 (BGBl II 1980, 941) ergebe. Nach einer vom FG angeforderten Auskunft des Bundesministeriums des Inneren stellen die Tagegelder eine tägliche Aufwandsentschädigung zur Begleichung der Lebenshaltungskosten der Teilnehmer der jeweiligen Mission der Vereinten Nationen dar und gleichen die durch den Auslandseinsatz angefallenen Aufwendungen aus. Das FG führte ferner aus, es handele sich --wie schon das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30. Oktober 2002 2 C 24.01, Die Öffentliche Verwaltung 2003, 467 ausgeführt habe-- im Kern um eine pauschalierte Aufwandsentschädigung für tatsächlich entstandenen Erwerbsaufwand.

c) Angesichts dieses Befundes und --wie vom Kläger in anderem Zusammenhang zutreffend hervorgehoben-- des Umstands, dass nur die zahlende Stelle bzw. der Hoheitsträger des Tagegeldes, mithin die Vereinten Nationen befugt seien, den Verwendungszweck der Tagegelder zu bestimmen, hätte es nahegelegen, nähere Ausführungen zur Frage der Revisibilität der einschlägigen Richtlinie der Vereinten Nationen betreffend den Verwendungszweck der streitbefangenen Tagegelder zu machen. Dies ist indessen nicht geschehen. Ausführungen zu der Frage, dass die betreffende Richtlinie in dem vom Kläger angestrebten Revisionsverfahren Prüfungsgegenstand hätte sein können, waren auch deshalb angezeigt, weil nicht jede Regelung der Vereinten Nationen unmittelbar (d.h. ohne Transformationsgesetz) Bestandteil des Bundesrechts wird (vgl. hierzu auch Seer in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Rz 15; Beermann in Beermann/Gosch, FGO, § 118 Rz 30 ff.).

2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, dass dem FG bei seiner Entscheidung ein Verfahrensfehler (in Form mangelnder Sachaufklärung) unterlaufen ist. Ein solcher Verfahrensmangel ist auch nicht ersichtlich.

In seiner Beschwerdeschrift hat der Kläger vorgetragen, "trotz seines Antrags" habe das FG keine Auskunft direkt bei den Vereinten Nationen über die Qualifikation der Tagegelder eingeholt. Einen derartigen Antrag hat der Kläger indessen nicht gestellt. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem FG hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers (nur) den Antrag "wie im Schriftsatz vom 15. Oktober 2004" gestellt. Insoweit handelte es sich aber nur um den Sachantrag (§ 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung), wie ihn das FG im angefochtenen Urteil zutreffend wiedergegeben hat. Einen Beweisantrag des Klägers hinsichtlich weiterer Sachaufklärung enthält das Sitzungsprotokoll nicht.

Die Beschwerde des Klägers scheitert insoweit auch daran, dass eine Sachaufklärungsrüge grundsätzlich nicht den Zweck hat, Beweisanträge zu ersetzen, die eine --wie auch hier-- fachkundig vertretene Partei selbst in zumutbarer Weise hätte stellen können, aber zu stellen unterlassen hat (ständige Rechtsprechung; u.a. BFH-Beschlüsse vom 6. Dezember 2004 VI B 143/04, n.v.; vom 1. April 2003 VI B 23/03, n.v.; vom 12. März 1996 VIII B 134/95, BFH/NV 1996, 691).

Im Übrigen ist auch nicht zu erkennen, dass sich dem FG in Anbetracht seiner umfangreichen Bemühungen eine weitere Sachaufklärung aufdrängen musste.

Ende der Entscheidung

Zurück