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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 09.09.2008
Aktenzeichen: VI B 72/07
Rechtsgebiete: FGO, GVG, ZPO
Vorschriften:
FGO § 62a | |
FGO § 62a Abs. 1 Satz 1 | |
FGO § 62a Abs. 1 Satz 2 | |
FGO § 96 Abs. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3 | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 | |
FGO § 119 Nr. 1 | |
FGO § 155 | |
GVG § 21e Abs. 1 | |
ZPO § 87 Abs. 1 Halbsatz 2 |
Gründe:
Die Beschwerde führt nicht zum Erfolg.
Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.
a) Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dies erfordert hinsichtlich der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO, dass der Beschwerdeführer substantiierte und konkrete Angaben darüber macht, weshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts über eine bestimmte vom Beschwerdeführer herauszuarbeitende Rechtsfrage aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtsfortbildung oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 19. Dezember 2006 X B 183/06, juris; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 26, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Bei dem Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (Verfahrensmangel) ist weitergehend eine konkrete und schlüssige Bezeichnung der Tatsachen zu fordern, die den behaupteten Verfahrensfehler ergeben (vgl. auch § 120 Abs. 3 Nr. 2b FGO). Außerdem muss dargelegt werden, dass die angefochtene Entscheidung --ausgehend von der insoweit maßgebenden, gegebenenfalls auch unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des Finanzgerichts (FG)-- auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann, sie also ohne den Verfahrensmangel möglicherweise anders ausgefallen wäre (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 25. August 2006 VIII B 13/06, BFH/NV 2006, 2122; vom 6. November 2007 VIII B 25/07, BFH/NV 2008, 241, und vom 29. November 2007 VIII B 58/07, BFH/NV 2008, 399; vom 19. Mai 2008 V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501).
b) Die Beschwerdebegründung wird den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht gerecht.
aa) Dies gilt zunächst für die sinngemäß erhobene Rüge, die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) seien ihrem gesetzlichen Richter entzogen worden, weshalb die angefochtene Entscheidung auf einem wesentlichen Verfahrensmangel i.S. von § 119 Nr. 1 FGO beruhe. Zwar ist ein solcher Verfahrensmangel u.a. gegeben, wenn durch eine die Besetzung des erkennenden Gerichts betreffende Maßnahme zugleich Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verletzt ist. § 21e Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes verbietet es jedoch nicht, durch den jährlichen Geschäftsverteilungsplan bereits anhängige Sachen einem anderen Spruchkörper zuzuweisen als dem, bei dem sie im Zeitpunkt ihres Einganges anhängig geworden sind; der jeweilige Geschäftsverteilungsplan muss die Aufgaben nach allgemeinen, abstrakten und objektiven Merkmalen --d.h. nicht speziell, sondern generell-- verteilen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 11. Juli 2006 IX B 179/05, BFH/NV 2006, 1873, m.w.N.). Die Beschwerdebegründung lässt jedoch nicht hinreichend erkennen, dass bei der Zuweisung des Ausgangsverfahrens an einen anderen Senat des FG dieses sog. Abstraktionsprinzip nicht beachtet worden ist.
bb) Soweit sich die Kläger sinngemäß wegen einer angeblichen überlangen Verfahrensdauer auf Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK) berufen, sind die Art. der MRK wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters der Besteuerung bereits nicht anwendbar (BFH-Beschluss vom 31. Juli 2003 IX E 6/03, BFH/NV 2003, 1603, m.w.N.). Aber auch im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG haben die Kläger eine dem FG anzulastende überlange Verfahrensdauer nicht schlüssig dargelegt. Hierzu müssten Umstände vorgetragen werden, die der Finanzverwaltung oder dem FG angelastet werden könnten und die die Dauer des Verfahrens als unverständlich und nicht gerechtfertigt erscheinen ließen. Für eine zulässige Verfahrensrüge muss dargelegt werden, worauf die Dauer des Verfahrens beruht und dass es bei einer kürzeren Verfahrensdauer zu einer anderen Entscheidung hätte kommen können (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799, und vom 15. November 2006 XI B 17/06, BFH/NV 2007, 474, jeweils m.w.N.). Der bloße Hinweis, dass die ausweislich der Finanzgerichtsakten am 9. März 2004 beim FG eingegangene Klage im Mai 2007 entschieden worden sei, genügt hierzu nicht.
cc) Auch die von den Klägern gerügte Gehörsverletzung (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO, § 119 Nr. 3 FGO) ist nicht ausreichend substantiiert. Der sinngemäße Vortrag, das FG habe in der mündlichen Verhandlung nicht auf die beabsichtigte Klageabweisung hingewiesen, beinhaltet den Vorwurf einer Überraschungsentscheidung. Eine solche ist gegeben, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Beteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 21. November 2007 X B 121/06, BFH/NV 2008, 245, und vom 29. Februar 2008 IV B 21/07, BFH/NV 2008, 974, jeweils m.w.N.). Schlüssige Angaben zu diesen Voraussetzungen machen die schon vor dem FG durch einen Steuerberater vertretenen Kläger indes nicht.
dd) Soweit die Kläger "Divergenzen des angefochtenen Urteils zum geltenden Recht" rügen, lässt die Beschwerdebegründung nicht erkennen, weshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts über eine bestimmte Rechtsfrage aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtsfortbildung oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung im allgemeinen Interesse liegt. Dies gilt auch, soweit sich die Kläger gegen die "bisherige Steuerrechtsprechung" wenden. Im Ergebnis wenden sich die Kläger gegen eine unzutreffende Tatsachenwürdigung und fehlerhafte Rechtsanwendung des FG; mit diesen der Revision vorbehaltenen Angriffen können sie jedoch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 8. März 2005 IX B 183/04, BFH/NV 2005, 1243; vom 25. September 2006 VI B 69/05, BFH/NV 2007, 83; vom 3. April 2007 VIII B 101/06, BFH/NV 2007, 1343; vom 12. Oktober 2007 VI B 161/06, BFH/NV 2008, 45; vom 20. März 2008 VI B 37/07, juris).
ee) Ohne Auswirkung auf das Verfahren ist die Kündigung des Vollmachtsvertrages oder die Mandatsniederlegung, die der Prozessbevollmächtigte am 4. April 2008 schriftsätzlich mitgeteilt hat. Beide Vorgänge erlangen gemäß §§ 62a Abs. 1 Sätze 1 und 2, 155 FGO i.V.m. § 87 Abs. 1 Halbsatz 2 der Zivilprozessordnung erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Vertreters i.S. des § 62a FGO rechtliche Wirksamkeit (BFH-Beschluss vom 23. Januar 2006 VI B 106/05, BFH/NV 2006, 804, m.w.N.).
Ende der Entscheidung
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