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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 23.07.2008
Aktenzeichen: VI B 78/07
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 |
2. Eine mehrere hundert Seiten umfassende Beschwerdebegründung, die zugleich weitere Nichtzulassungsbeschwerden gegen andere Urteile des gleichen FG betrifft und die in großem Umfang Kopien von Schriftstücken enthält, entspricht den Anforderungen nicht, wenn die Ausführungen die das konkret zu entscheidende Verfahren betreffenden Verfahrensrügen nicht hinreichend klar, geordnet und verständlich abgrenzen. Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, sich aus einer derartigen Beschwerdebegründung das herauszusuchen, was möglicherweise zur Darlegung eines Zulassungsgrundes i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geeignet sein könnte.
Gründe:
Die Beschwerde führt nicht zum Erfolg.
1. Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.
a) Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dies erfordert hinsichtlich der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO, dass der Beschwerdeführer substantiierte und konkrete Angaben darüber macht, weshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts über eine bestimmte vom Beschwerdeführer herauszuarbeitende Rechtsfrage aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtsfortbildung oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 19. Dezember 2006 X B 183/06, juris; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 26, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Bei dem Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (Verfahrensmangel) ist weitergehend eine konkrete und schlüssige Bezeichnung der Tatsachen zu fordern, die den behaupteten Verfahrensfehler ergeben (vgl. auch § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO).
Dabei stellt § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO hinsichtlich aller Revisionszulassungsgründe auch Anforderungen an die Klarheit, Verständlichkeit und Überschaubarkeit des Beschwerdevorbringens. Die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde muss hiernach eine an den gesetzlichen Zulassungsgründen orientierte Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes durch den Prozessbevollmächtigten erkennen lassen sowie ein Mindestmaß an Klarheit, Geordnetheit und Verständlichkeit des Vortrags aufweisen (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Dezember 2006 X B 183/06, a.a.O.; Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 23. November 1995 9 B 362/95, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1996, 1554, m.w.N.). Denn das Darlegen, das schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch im Sinne von "erläutern" und "erklären" zu verstehen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Januar 1968 V B 45/67, BFHE 90, 369, BStBl II 1968, 98; BVerwG-Beschluss in NJW 1996, 1554, m.w.N.), verlangt es, derartige Mindestanforderungen an die Ausführungen zu stellen. Gerade dies ist einer der Gründe dafür, dass (auch) die Nichtzulassungsbeschwerde dem Vertretungszwang (§ 62a FGO in der bis 30. Juni 2008 geltenden Fassung bzw. § 62 Abs. 4 FGO in der ab 1. Juli 2008 geltenden Fassung) unterliegt.
Welche Anforderungen im Einzelnen an die Darlegung zu stellen sind, ist nach den jeweiligen Umständen zu beurteilen. Eine umfangreiche Beschwerdebegründung entspricht jedenfalls dann nicht den formellen Erfordernissen, wenn die Ausführungen zu den Zulassungsgründen in unübersichtlicher, ungegliederter, unklarer, kaum auflösbarer Weise mit Einlassungen zu irrevisiblen oder für das Beschwerdeverfahren sonst unerheblichen Fragen vermengt sind. Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, aus einem derartigen Gemenge das herauszusuchen, was möglicherweise --bei wohlwollender Auslegung-- zur Begründung der Beschwerde geeignet sein könnte; ebenso ist es nicht dessen Aufgabe, selbst anhand der Akten mögliche Zulassungsgründe zu ermitteln (vgl. BVerwG-Beschluss in NJW 1996, 1554, m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625, und vom 1. März 2005 X B 158/04, BFH/NV 2005, 1014, unter 2.a a.E.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 26, m.w.N.). Eine solche Verpflichtung des Beschwerdegerichts lässt sich auch nicht aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) oder Art. 103 Abs. 1 GG entnehmen (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 6. September 1983 1 BvR 237/83, SozR 1500 § 160a SGG Nr. 48, und vom 18. Dezember 1991 1 BvR 1411/91, SozR 3-1500 § 160a SGG Nr. 7; BVerwG-Beschluss in NJW 1996, 1554).
b) Im Streitfall wird die Beschwerdebegründung den genannten Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht gerecht. Ein Teil der Beschwerdebegründung, die aus zwei umfangreichen, zusammen mehrere hundert Seiten umfassenden Schriftsätzen besteht, betrifft neben diesem Verfahren noch sieben weitere Nichtzulassungsbeschwerden gegen andere Urteile des gleichen Finanzgerichts (FG). Eine "ergänzende" Beschwerdebegründung ist zwar formell auf dieses Verfahren bezogen, enthält jedoch ebenfalls auch Vortrag und Materialien, die andere Verfahren und in der Vorinstanz nicht streitgegenständliche Jahre betreffen. Dabei sind jeweils in großem Umfang Schriftsätze und Aktenstücke aus unterschiedlichen finanzgerichtlichen Verfahren in den Text der Beschwerdebegründung hineinkopiert. Der beschließende Senat ist aus den dargelegten Gründen nicht gehalten, ein solches Vorbringen näher daraufhin zu untersuchen, ob es möglicherweise hier oder dort auch Hinweise enthält, die --bei wohlwollender Auslegung-- revisionsrechtlich für das konkret zu entscheidende Verfahren von Belang sein könnten. Der Entlastungszweck des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO wird verfehlt, wenn die Beschwerdebegründung --wie hier-- ein Konglomerat von Verfahren und auch Streitjahren betrifft, die das konkret zu entscheidende Verfahren betreffenden Verfahrensrügen nicht hinreichend klar, geordnet und verständlich abgegrenzt und substantiiert sind und extensives Einkopieren von Schriftstücken eine ausreichende Durchdringung und Aufbereitung des Streitstoffes durch den Prozessbevollmächtigten vermissen lässt. Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, sich aus einer derartigen Beschwerdebegründung das herauszusuchen, was möglicherweise zur Darlegung eines Zulassungsgrundes i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geeignet sein könnte.
2. Im Übrigen ist die Beschwerde aber auch unbegründet, denn nach Aktenlage ist nicht erkennbar, dass die angefochtene Entscheidung auf Verfahrensmängeln, wie sie der Kläger und Beschwerdeführer --wohlwollend betrachtet-- behauptet hat, beruht (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Weder eine unvorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden FG (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 119 Nr. 1 FGO) noch eine Gehörsverletzung (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO, § 119 Nr. 3 FGO) liegen im Streitfall offenkundig vor. Auch hat das FG nach seinem materiell-rechtlichen Standpunkt (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 79) die Klage zu Recht unter Berufung auf die Versäumung der Klagefrist (§ 47 Abs. 1 Satz 1 FGO) als unzulässig abgewiesen.
3. Der Beschluss ergeht im Übrigen ohne weitere Begründung (§ 116 Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz FGO).
Ende der Entscheidung
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