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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.07.1998
Aktenzeichen: VI B 81/98
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 62 Abs. 2 Satz 2
EStG § 62 Abs. 2 Satz 1
FGO § 69 Abs. 3
FGO § 114 Abs. 1
FGO § 114
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) besitzt die Staatsangehörigkeit des Landes X. Er lebt seit langer Zeit in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) und ist als Fahrer (sog. Ortskraft) bei der Botschaft des Landes Z beschäftigt. Er beantragte Kindergeld für seine 1977 und 1984 geborenen Kinder A und B, die nach einer Bescheinigung voraussichtlich bis Ende 1998 ein Gymnasium besuchen. Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (Arbeitsamt - Familienkasse -) zahlte zunächst bis Ende 1995 für beide Kinder Kindergeld. Mit Bescheid vom 10. Oktober 1996 hob das Arbeitsamt die Bewilligung des Kindergeldes auf und setzte mit Bescheid vom 12. Juni 1997 das Kindergeld für beide Kinder ab Januar 1996 auf 0 DM fest. Der Antragsteller sei nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis und deshalb nicht kindergeldberechtigt (§ 62 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Der "gelbe" Ausweis des Auswärtigen Amtes mit Gültigkeitsdauer bis 30. Oktober 1995, den der Antragsteller vorgelegt hatte, sei keine Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung i.S. des § 62 Abs. 2 Satz 2 EStG.

Der Antragsteller hat gegen den Bescheid vom 10. Oktober 1996 nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben und Aussetzung der Vollziehung des Bescheides beantragt. Das Finanzgericht (FG) wies (ebenso wie vorher das Arbeitsamt - Familienkasse -) den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zurück. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der vom FG zugelassenen Beschwerde. Er stehe als Ortskraft bei einer ausländischen Botschaft einem Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung gleich. Der vom Auswärtigen Amt ausgestellte Ausweis habe ebenso wie das vom Auswärtigen Amt erteilte Dienstvisum im Hinblick auf das Aufenthaltsrecht der Ortskräfte lediglich deklaratorischen Charakter. Das Aufenthaltsrecht der Ortskräfte folge aus für die Bundesrepublik verbindlichen internationalen Übereinkommen.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des Beschlusses des FG vom 4. Februar 1998 die Vollziehung des Bescheides vom 10. Oktober 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. September 1997 auszusetzen.

Das Arbeitsamt - Familienkasse - beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Der im Hauptsacheverfahren angefochtene Verwaltungsakt sei nicht vollziehbar, weil er lediglich eine begünstigende Entscheidung ablehne. Zwar sei dem Antragsteller bis Ende 1995 Kindergeld gewährt worden; diese Entscheidung habe sich aber durch Zeitablauf erledigt. Der angefochtene Bescheid stelle also keinen Aufhebungsbescheid dar.

Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie zur Aussetzung der Vollziehung der Bescheide vom 10. Oktober 1996 und 12. Juni 1997 bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über die Klage, die beim FG anhängig ist. Dabei geht der Senat bei summarischer Prüfung davon aus, daß beide Bescheide die gleiche Regelung enthalten und der zweite Bescheid lediglich eine Wiederholung des ersten darstellt.

Zutreffend hat das FG entschieden, daß vorläufiger Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide (§ 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und nicht durch einstweilige Anordnung (§ 114 FGO) zu gewähren ist. Die in beiden Bescheiden ausgesprochene Ablehnung stellt nicht lediglich eine Verneinung des Kindergeldanspruchs dar, sondern entzieht dem Antragsteller eine für die vorangehende Zeit zuerkannte Rechtsposition. Außerdem läßt sich in Fällen der vorliegenden Art vorläufiger Rechtsschutz wirksam nur durch Aussetzung der Vollziehung gewähren, weil regelmäßig die Voraussetzungen des § 114 Abs. 1 FGO nicht vorliegen werden. Zur Begründung im einzelnen wird auf den Beschluß des Senats vom 20. Februar 1998 VI B 205/97 hingewiesen (BFH/NV 1998, 963).

Das FG hat jedoch zu Unrecht die Vollziehung der angefochtenen Bescheide mit der Begründung abgelehnt, an ihrer Rechtmäßigkeit bestünden keine ernstlichen Zweifel. Wie der erkennende Senat im Beschluß vom 20. Februar 1998 entschieden hat, ist ernstlich zweifelhaft, ob ausländische Arbeitnehmer, die bei einer ausländischen Botschaft beschäftigt sind und im Besitz eines vom Auswärtigen Amt ausgestellten Dienstausweises bzw. Dienstvisums sind --sog. Ortskräfte-- zu den gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG kindergeldberechtigten ausländischen Arbeitnehmern gehören. Es ist deshalb bei summarischer Beurteilung gerechtfertigt, das Arbeitsamt - Familienkasse - zur einstweiligen Fortzahlung des beantragten Kindergeldes über den 31. Dezember 1995 hinaus zu verpflichten.

Die Befugnis des Arbeitsamts - Familienkasse -, die Zahlung des Kindergeldes aus anderen Gründen als der Frage der Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 2 Satz 2 EStG abzulehnen --etwa weil der Antragsteller für die Zeit ab 1. Januar 1996 den "gelben" Ausweis nicht vorlegt--, wird durch diese Entscheidung nicht berührt.

Ende der Entscheidung

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