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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 19.08.2004
Aktenzeichen: VI R 103/01
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 | |
EStG § 9 Abs. 1 Satz 1 |
Gründe:
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 1997 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Die Klägerin bezog als Angestellte einer Bank, für die sie als Personalreferentin tätig war, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Bei ihrem Arbeitgeber stand ihr kein Arbeitsplatz zur Verfügung. Ihre Arbeitsleistung erbrachte die Klägerin in einem als Arbeitszimmer bezeichneten kleinen Haus von 80 qm, das direkt an das Wohnhaus der Kläger angrenzte.
Das Arbeitsverhältnis der Klägerin hatte im Oktober 1995 begonnen. Sowohl für dieses Jahr als auch für das folgende Jahr 1996 hatte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für das kleine Haus als Werbungskosten anerkannt. Im Streitjahr 1997 befand sich die Klägerin vom 31. Januar bis zum 31. Dezember 1997 im unbezahlten Erziehungsurlaub. Zum 2. Januar 1998 nahm sie die frühere berufliche Tätigkeit für ihren Arbeitgeber in dem kleinen Haus wieder auf.
Mit der Steuererklärung 1997 beantragten die Kläger, die anteiligen Aufwendungen für die während des Erziehungsurlaubs vorgehaltenen Räumlichkeiten in Höhe von insgesamt 13 021 DM sowie Absetzungen für Abnutzung (Arbeitstisch, Arbeitssessel, PC und Gebäude-AfA) von 4 864 DM als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen. Das FA lehnte dies ab.
Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) entschied, dass die geltend gemachten Aufwendungen in einem hinreichend klaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der nach Ablauf des Erziehungsurlaubs wieder aufgenommenen Berufstätigkeit der Klägerin gestanden hätten. Sie seien daher als Werbungskosten anzuerkennen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 812 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Das FA beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben.
Die Kläger treten der Revision entgegen.
II. Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Zwar können Aufwendungen einer Steuerpflichtigen, die sich im Erziehungsurlaub befindet, vorab entstandene Werbungskosten sein, sofern die Aufwendungen beruflich veranlasst sind. Das setzt voraus, dass die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten und objektiv feststellbaren Zusammenhang mit erwarteten steuerbaren Einnahmen stehen. Dabei obliegt es der Steuerpflichtigen, diesen Zusammenhang darzulegen und zu konkretisieren. Die bloße Behauptung, dass bestimmte Aufwendungen aus beruflichem Anlass entstanden sind, genügt insoweit nicht (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. Juli 2003 VI R 137/99, BFHE 202, 561, BFH/NV 2003, 1380; und vom 4. April 2003 VI R 1/03, BFH/NV 2004, 483).
Jedoch fehlt es im Streitfall bereits an hinreichend konkreten Feststellungen zur beruflichen Nutzung der streitigen Räumlichkeiten durch die Klägerin während ihrer aktiven Zeit als Personalreferentin. Das vorinstanzliche Urteil beschränkt sich darauf, den Vortrag der Klägerin wiederzugeben, dass das Arbeitszimmer zu anderen als den beruflichen Zwecken nicht genutzt worden sei. Eigene Feststellungen hat das FG hierzu nicht getroffen, obwohl sich dies angesichts der für die Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers atypischen Raumsituation --kompletter Anbau mit drei Zimmern, Bad, WC und Küche samt Abstellraum, die allesamt (nahezu) ausschließlich beruflich genutzt worden sein sollen-- aufgedrängt hätte.
2. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FG wird die entsprechenden Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachholen müssen.
Dabei wird es zunächst prüfen müssen, ob und in welcher Weise tatsächlich alle Räume des kleinen Hauses (nahezu) ausschließlich beruflich genutzt worden sind. Jedenfalls im Hinblick auf die Nebenräume erscheint dies zweifelhaft.
Bei der sich daran anschließenden Frage, ob und inwieweit die danach grundsätzlich anzuerkennenden Räumlichkeiten Betätigungsmittelpunkt i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG gewesen sind, wird das FG den dieser Regelung zugrunde liegenden Rechtsgedanken beachten müssen, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann berücksichtigt werden sollen, wenn ein solches für die Erwerbstätigkeit erforderlich ist (ständige Rechtsprechung: vgl. BFH-Urteile vom 20. November 2003 IV R 30/03, BFHE 204, 176, BFH/NV 2004, 568; vom 13. Oktober 2003 VI R 27/02, BFHE 204, 88, BFH/NV 2004, 398; und vom 13. November 2002 VI R 28/02, BFHE 201, 106, BStBl II 2004, 59 - jeweils m.w.N.). Bezogen auf den Streitfall bedeutet dies, dass insoweit auch geprüft werden muss, ob es wirklich erforderlich gewesen ist, während des Erziehungsurlaubs über ein einzelnes Arbeitszimmer hinaus weitere Räume für eine spätere Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit vorzuhalten.
Schließlich wird zu berücksichtigen sein, dass bei Erlass des angefochtenen Einkommensteuerbescheids übersehen wurde, den Lohn des Klägers aus einer Zweitbeschäftigung zu erfassen; dieser Lohn wurde nach der vorgelegten (zweiten) Lohnsteuerkarte nicht pauschal besteuert, sondern dem Lohnsteuerabzug unterworfen.
Ende der Entscheidung
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