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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 11.05.2005
Aktenzeichen: VI R 15/04
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 |
Gründe:
I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden als Eheleute zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger ist bei den Stadtwerken in F auf wechselnden Linien als Busfahrer beschäftigt. Das jeweils zu führende Fahrzeug hat er an unterschiedlichen Busdepots seines Arbeitgebers zu übernehmen. Er sieht hierin eine Einsatzwechseltätigkeit und machte in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1998 deshalb seine Aufwendungen für die mit dem privaten Kfz unternommenen Fahrten von seiner Wohnung zu diesen Fahrzeugdepots und zurück mit den tatsächlichen Kosten steuerlich geltend. Demgegenüber erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) nur die Kilometer-Pauschbeträge des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an.
Mit ihrer Klage trugen die Kläger vor, zu den Dienstpflichten des Klägers habe auch die Übernahme von Notdiensten an unvorhersehbaren Orten im Schienenersatzverkehr bei Ausfall der Straßenbahn gehört.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst (DStRE) 2005, 242 veröffentlichten Gründen ab und führte dazu im Wesentlichen aus:
Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen habe der Kläger keine Einsatzwechseltätigkeit ausgeübt. Der Kläger habe den Bus zwar an sechs unterschiedlichen Depots übernommen. Diese seien ihm aber bekannt gewesen, so dass er sich auf sie habe einstellen können. Er habe daher die gleichen Betriebsstätten seines Arbeitgebers mit einer gewissen Regelmäßigkeit aufgesucht. Für das Streitjahr habe der Kläger weder behauptet, überhaupt für Notdienste eingesetzt worden zu sein, noch habe er deren Häufigkeit angegeben. Jedenfalls aber könnten solche Notdienste der individuellen Tätigkeit des Klägers nicht das Gepräge geben, weil er nicht als "Springer", sondern in erster Linie im normalen Busverkehr eingesetzt worden sei. Die insgesamt für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zurückgelegte Entfernung ergebe sich aus den Zahlen, auf die sich der Kläger mit dem FA bereits geeinigt habe.
Ihre Revision stützen die Kläger auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie meinen, aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 2. Februar 1994 VI R 109/89 (BFHE 173, 179, BStBl II 1994, 422) ergebe sich, dass die Kosten eines Linienbusfahrers für die Fahrten zwischen seiner Wohnung und den verschiedenen Einsatzstellen nach reiserechtlichen Grundsätzen anzusetzen seien.
Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils den Einkommensteuerbescheid für 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahin gehend abzuändern, dass weitere Werbungskosten von 5 550 DM bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden.
Das FA tritt der Revision im Wesentlichen mit den Gründen des angefochtenen Urteils entgegen.
II.
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger kann keine höheren als die vom FA bereits anerkannten Fahrtkosten als Werbungskosten abziehen.
Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Fahrten des Klägers von seinem Wohnort zu den jeweiligen Busdepots und zurück als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG unterliegen.
a) Arbeitsstätte i.S. dieser Vorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (nur) die regelmäßige Arbeitsstätte. Dies ist der (ortsgebundene) Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers (vgl. auch R 37 Abs. 2 Satz 1 der Lohnsteuer-Richtlinien --LStR--). Eine entsprechende Regelung gleichen Inhalts zur Anerkennung von Verpflegungsmehraufwendungen enthält nunmehr auch § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG (seit Neufassung der Vorschrift durch das Jahressteuergesetz 1996 --JStG 1996-- vom 11. Oktober 1995, BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438) i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG. Auch dort wird gefordert, dass der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit entfernt tätig wird.
b) Regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist im Regelfall der Betrieb oder eine ortsfeste Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nachhaltig aufsucht. Dabei ist es nicht von Belang, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte beruflich tätig wird. Der Betrieb oder eine ortsfeste Betriebsstätte des Arbeitgebers stellt auch dann eine regelmäßige Arbeitsstätte dar, wenn der Arbeitnehmer diesen Ort stets nur aufsucht, um dort die täglichen Aufträge entgegenzunehmen, abzurechnen und Bericht zu erstatten, oder wenn er dort ein Dienstfahrzeug übernimmt, um damit anschließend von der Arbeitsstätte aus eine Auswärtstätigkeit (Fahr- oder Einsatzwechseltätigkeit) anzutreten (BFH-Urteil in BFHE 173, 179, BStBl II 1994, 422; vgl. auch Senatsurteile vom heutigen Tage VI R 25/04, zur Veröffentlichung bestimmt, sowie vom 5. August 2004 VI R 40/03, BFHE 207, 225, BStBl II 2004, 1074 --für den Heimatflughafen einer Flugbegleiterin--). Ein Arbeitnehmer kann daher auch mehrere Arbeitsstätten innehaben, wenn er sie nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsucht (Senatsurteile vom 9. Dezember 1988 VI R 199/84, BFHE 155, 362, BStBl II 1989, 296; vom 7. Juni 2002 VI R 53/01, BFHE 199, 329, BStBl II 2002, 878).
c) Die Fahrten eines Linienbusfahrers von der Wohnung zu den verschiedenen Busdepots und zurück sind Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Etwas anderes kann gelten, wenn die Übernahme und Rückgabe des Fahrzeugs nicht an festen Busdepots erfolgt, sondern an wechselnden Orten auf freier Strecke. In solchen Fällen fehlt den Fahrten der Bezug zu ortsfesten betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers. Es wird daher dann nicht mehr typisierend unterstellt werden können, dass sich der Arbeitnehmer auf die ihm dadurch entstehenden berufsbedingten Mehraufwendungen einstellen und die Fahrtkosten durch geeignete Maßnahmen gering halten kann.
d) Die Entscheidung des FG entspricht diesen Grundsätzen. Der Senat ist an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Aus ihnen folgt, dass der Kläger den unterschiedlichen Fahrzeugdepots seines Arbeitgebers, an denen er den Bus jeweils zu übernehmen hatte, dauerhaft zugeordnet war. Ihnen kam somit eine hinreichend zentrale Bedeutung zu, die es rechtfertigt, sie typisierend als (regelmäßige) Arbeitsstätten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG anzusehen. Im Übrigen hat der Kläger selbst nicht behauptet, im Streitjahr als "Springer" für Notdienste auf freier Strecke eingesetzt worden zu sein.
Ende der Entscheidung
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