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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 27.05.2003
Aktenzeichen: VI R 153/00
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 9 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der 1971 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr 1997 als kaufmännischer Angestellter nichtselbständig tätig. Ferner betrieb er einen Einzelhandel. Im August 1998 wurde er von einer Fluggesellschaft angestellt und als Co-Pilot auf einer Boeing 737 eingesetzt. In dem vom Luftfahrt-Bundesamt (LBA) ausgestellten Luftfahrerschein für Verkehrsluftfahrzeugführer (Airline Transport Pilot Licence/ATPL) waren eine Musterberechtigung (Type Rating) als verantwortlicher Flugzeugführer einmotoriger kolbengetriebener Landflugzeuge bis 2 000 kg Höchstmasse sowie eine Musterberechtigung als zweiter Flugzeugführer Boeing 737 eingetragen.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger bei einem Bruttoarbeitslohn von 29 400 DM Aufwendungen für den Erwerb der Musterberechtigung Boeing 737 in Höhe von 50 336 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sah die Aufwendungen als Berufsausbildungskosten i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an und ließ diese nur mit dem Höchstbetrag von 1 800 DM als Sonderausgaben zum Abzug zu. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb ohne Erfolg.

Mit der Klage machte der Kläger geltend, angesichts seiner bereits vorhandenen beruflichen Vorbildung seien vorab entstandene Werbungskosten zu bejahen. Er habe "parallel zur ATPL-Ausbildung die sogenannte Musterberechtigung für zweimotorige Flugzeuge des Typs Piper erworben" und "nach Abschluss der oben genannten Ausbildung ... keine Anstellung auf dem von ... (ihm) per Musterberechtigung gewerblich einsetzbaren Flugzeugtyp" gefunden, obwohl er sich bei zahlreichen Fluggesellschaften beworben habe.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 1238 veröffentlichten Gründen ab. Zur Begründung führte es u.a. aus, die Kosten für den Erwerb der Musterberechtigung stellten keine Fortbildungs- bzw. Werbungskosten dar. Ohne eine solche Berechtigung könne der Beruf eines Verkehrsflugzeugführers nicht ausgeübt werden.

Mit der vom FG zugelassenen Revision macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die streitigen Aufwendungen seien als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen; sie stünden in einem klaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der in Aussicht genommenen Einkunftserzielung. Er habe dem Arbeitsmarkt nach Abschluss der Fortbildungsmaßnahme unmittelbar und uneingeschränkt zur Verfügung gestanden.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1997 dahin gehend zu ändern, dass unter Wegfall der anerkannten Sonderausgaben Aufwendungen in Höhe von 50 336 DM als Werbungskosten anerkannt werden.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise sie als unbegründet zurückzuweisen.

Es ist der Ansicht, die Revision sei schon unzulässig, weil der Kläger eine verletzte Rechtsnorm nicht bezeichnet habe.

Die Revision ist zulässig. Entgegen der Ansicht des FA hat der Kläger eine nach seiner Ansicht verletzte Rechtsnorm hinreichend bezeichnet (vgl. § 120 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- a.F.). In der Revisionsbegründungsschrift hat er zum Ausdruck gebracht, dass entgegen der Beurteilung des FG vorab entstandene Werbungskosten gegeben seien. Damit ist klar erkennbar, welche Rechtsnorm er für verletzt hält. Die Angabe eines bestimmten Paragraphen --hier z.B. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG-- ist nicht erforderlich (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 120 Rz. 31).

Die Revision ist auch begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

Aufwendungen für eine Umschulungsmaßnahme sind als Werbungskosten zu berücksichtigen, sofern sie beruflich veranlasst sind. Dies gilt auch dann, wenn diese Bildungsmaßnahme eine neue Basis für andere Berufsfelder schafft oder einen Berufswechsel vorbereitet. Zur Begründung im Einzelnen wird auf die insoweit geänderte Rechtsprechung verwiesen (BFH-Urteil vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403).

Nach diesen Grundsätzen ergibt sich aus den tatsächlichen Feststellungen des FG, dass die Aufwendungen des Klägers für den Erwerb der Musterberechtigung B 737 dem Grunde nach beruflich veranlasst sind. Im Streitfall ist ein hinreichend konkreter Zusammenhang dieser im Streitjahr entstandenen Aufwendungen mit späteren im August 1998 erzielten Einnahmen gegeben. Die Bildungsmaßnahme bereitete den Kläger konkret und gezielt auf eine Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer auf einem bestimmten Flugzeugtyp, und zwar als (Co-) Pilot auf einer Boeing 737, vor. Nach § 66 der im Streitjahr geltenden Verordnung über das Luftfahrtpersonal (LuftPersV) i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. Februar 1985 (BGBl I, 265) bedürfen Flugzeugführer zum Führen oder Bedienen eines Luftfahrzeuges einer in dem Luftfahrerschein eingetragene Berechtigung für dieses Muster. Der Kläger hat damit die Schulungskosten getätigt, um (möglichst hohe) Einnahmen aus der angestrebten --und auch verwirklichten-- Berufspilotentätigkeit zu erzielen.

Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen; sein Urteil war deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif, da das FG --aus seiner Sicht zu Recht-- keine Feststellungen zu den einzelnen vom Kläger geltend gemachten Bildungsaufwendungen getroffen hat. Bei den Feststellungen werden die Grundsätze des Urteils vom 29. April 2003 VI R 86/99 (BFH/NV 2003, 997) zu beachten sein.

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