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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 26.09.2000
Aktenzeichen: VI R 16/98
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 94a
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 3
FGO § 94a Satz 2
FGO § 119 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhob Klage wegen Einkommensteuer 1990, da der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Aufwendungen des Klägers wegen einer Studienreise nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt hatte.

Nachdem das FA weiteren Aufwendungen des Klägers für ähnliche Reisen im nachfolgenden Veranlagungszeitraum 1991 gleichfalls die steuerliche Anerkennung versagt hatte, "erweiterte" der Kläger seine Klage wegen Einkommensteuer 1990 um die Vorgänge aus dem Jahre 1991.

Am 15. Oktober 1997 wies das Finanzgericht (FG) den Kläger darauf hin, dass der als Klageerweiterung bezeichnete Schriftsatz vom 18. März 1994 eine neue Klage (wegen Einkommensteuer 1991) enthalte; die Klage wegen Einkommensteuer 1990 werde demnächst terminiert.

Im Schriftsatz vom 6. November 1997 beharrte der Kläger darauf, dass sein Begehren wegen Einkommensteuer 1991 keine neue Klage, sondern lediglich ein zusätzliches Klagebegehren darstelle. Darüber hinaus fügte er im Wesentlichen an, es sei vordringlich, dass die gleichartigen Klagebegehren wegen des Terminaufwands einer Anreise an den Gerichtsort und etwaiger Weiterverfolgung nach Abschluss der Instanz in einer Verhandlung und Entscheidung erledigt werden.

Mit Urteil vom 2. Dezember 1997 wies das FG die Klage des Klägers wegen Einkommensteuer 1990 ab. Es entschied dabei gemäß § 94a der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung, da der Streitwert den Betrag von 1 000 DM nicht überstieg.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO. In der bezeichneten Erklärung vom 6. November 1997 sei ein Antrag i.S. des § 94a Satz 2 FGO zu sehen.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Der Kläger war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten (§ 116 Abs. 1 Nr. 3, § 119 Nr. 4 FGO).

Gemäß § 94a Satz 2 FGO muss auch in den Fällen, in denen der Streitwert bei einer auf eine Geldleistung gerichteten Klage 1 000 DM nicht übersteigt, auf Antrag eines Beteiligten mündlich verhandelt werden. Der Antrag auf mündliche Verhandlung kann ausdrücklich gestellt werden; er kann sich aber auch konkludent aus schriftlichen Äußerungen der Beteiligten ergeben (Bundesfinanzhof --BFH--, Urteil vom 22. September 1999 XI R 24/99, BFHE 190, 17, BStBl II 2000, 32; Beschluss vom 19. Oktober 1999 V R 32/99, BFH/NV 2000, 465). Nach der Rechtsprechung des BFH liegt in der Absichtserklärung eines Klägers, den Steuerbetrag noch in einer mündlichen Verhandlung bestimmen zu wollen, ein Antrag auf mündliche Verhandlung; dies trifft auch zu für die Äußerung, es sei beabsichtigt, in der mündlichen Verhandlung näher bezeichnete Anträge zu stellen (vgl. BFH-Urteil vom 29. August 1996 V R 18/96, BFH/NV 1997, 351), oder für die Erklärung, zunächst auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht zu verzichten (vgl. BFH-Beschluss vom 26. März 1996 XI B 132/95, BFH/NV 1996, 696). Mündliche Verhandlung ist hingegen nicht beantragt, wenn sich der Klägervertreter auf die Frage, ob auf mündliche Verhandlung verzichtet werde, überhaupt nicht äußert (BFH-Beschluss vom 11. Januar 1995 II B 64/94, BFH/NV 1995, 705).

Im Streitfall hat der Kläger im Schriftsatz vom 6. November 1997 u.a. nachdrücklich darum gebeten, die beiden Streitsachen (Einkommensteuer 1990 und 1991) insbesondere wegen des damit verbundenen Terminaufwands in einer Verhandlung durchzuführen. Auch wenn dieses Verlangen mit der Sache wegen Einkommensteuer 1991 verknüpft war, hat der Kläger (auch) für das vorliegende Verfahren hinreichend klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass eine mündliche Verhandlung stattfinden soll.

Das FG durfte demnach nicht davon ausgehen, dass der Kläger nicht auf einer mündlichen Verhandlung bestehen würde. Für den Fall, dass das FG Zweifel an dem Erklärungswert der Äußerung des Klägers gehabt haben sollte, hätte es wegen der besonderen Bedeutung der mündlichen Verhandlung Rückfrage beim Kläger halten müssen (BFH-Urteil in BFHE 190, 17, BStBl II 2000, 32; Beschluss vom 9. Juni 1986 IX B 90/85, BFHE 146, 395, BStBl II 1986, 679).

Entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, obwohl nach § 94a Satz 2 FGO ein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt war, so ist ein absoluter Revisionsgrund i.S. des § 119 Nr. 4 FGO gegeben. Dieser führt --ohne Prüfung der Verletzung von Bundesrecht im Übrigen-- zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.



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