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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 26.03.2002
Aktenzeichen: VI R 161/99
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 3c
EStG § 9 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der als Richter im hessischen Landesdienst tätige Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war vom 1. September 1992 an mit 3/5 seines regelmäßigen Dienstes an das Kreisgericht T im Beitrittsgebiet abgeordnet. Gemäß der Richtlinie des Hessischen Ministeriums des Innern zur Verwaltungshilfe in Thüringen vom 20. September 1990 I B 21 - P 1540 A - 38 (Staatsanzeiger für das Land Hessen 1990, S. 1986) bezog der Kläger ab diesem Zeitpunkt --steuerfrei-- eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 1 254 DM.

In der Einkommensteuererklärung für 1992 machte der Kläger u.a. Aufwendungen für Fahrten zwischen seiner Wohnung in A und seiner Arbeitsstätte in T für die Zeit vom 1. September 1992 bis 30. November 1992 in Höhe von 2 145 DM als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte die Berücksichtigung dieser Aufwendungen mit der Begründung ab, sie seien durch die steuerfrei gewährte Aufwandsentschädigung abgegolten.

Mit seiner dagegen gerichteten Klage trug der Kläger vor, er habe die Kosten für die Fahrten nach T für die Monate September bis November 1992 gegenüber seinem Arbeitgeber nicht geltend gemacht. Erst für Dezember 1992 seien ihm antragsgemäß die Fahrtkosten erstattet worden. Das Finanzgericht (FG) hat der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 6 veröffentlichten Gründen stattgegeben.

Dagegen wendet sich das FA mit seiner Revision, mit der es die Verletzung der §§ 3c, 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) rügt. Mit der Richtlinie zur Verwaltungshilfe in Thüringen habe das Hessische Ministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Hessischen Ministerium der Finanzen Bestimmungen erlassen, wonach Besoldungsempfänger des Landes, denen eine dienstliche Tätigkeit bei einer Dienststelle der DDR oder Berlin (Ost) durch Zuweisung nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes übertragen worden sei, eine besondere Aufwandsentschädigung erhalten. Welche besonderen Aufwendungen mit der pauschalierten Aufwandsentschädigung abgegolten werden sollten, besage die Richtlinie des Hessischen Ministeriums des Innern zur Verwaltungshilfe in Thüringen nicht. Sie bestimme lediglich in Nr. 5, dass reisekosten- und trennungsgeldrechtliche Leistungen unberührt blieben. Aus dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 21. Mai 1991 IV B 6 -S 2328- 8/91 (BStBl I 1991, 536), das im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder ergangen und damit auch in den Ländern anwendbar sei, ergebe sich, dass auch Reisekosten für Reisen in die neuen Länder als "besondere Aufwendungen" im Sinne der Richtlinie des Hessischen Ministeriums des Innern zur Verwaltungshilfe in Thüringen zu behandeln seien. Demnach sei die steuerfrei gezahlte Aufwandsentschädigung auf die vom Kläger geltend gemachten Werbungskosten anzurechnen (Hinweis auf Urteil des FG Nürnberg in EFG 1994, 747; des Niedersächsisches FG in EFG 1993, 572, und FG des Landes Sachsen-Anhalt in EFG 1996, 18). Daran ändere auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. November 1998 2 BvL 10/95 (BVerfGE 99, 280, BStBl II 1999, 502) nichts. Die Regelung in § 3c EStG, dass Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen unmittelbar im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Werbungskosten abgezogen werden dürften, bleibe auch dann anwendbar, wenn Erwerbseinnahmen aus Vertrauensschutzgründen steuerfrei belassen würden. Das FG sei nicht dazu befugt gewesen, von einer Anwendung des § 3c EStG deshalb abzusehen, weil der Kläger es versäumt habe, sich die Reisekosten für die Monate September bis November 1992 von seinem Arbeitgeber erstatten zu lassen.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger ist nicht vertreten, er hat keinen Antrag gestellt.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Das FG hat zu Unrecht angenommen, § 3c EStG (in der im Streitjahr geltenden Fassung) sei aus Gründen des Vertrauensschutzes auf die dem Kläger gewährte Aufwandsentschädigung nicht anzuwenden. Zur Begründung verweist der Senat auf die Ausführungen in dem Urteil vom 26. März 2002 VI R 26/00, BFH/NV 2002, 1085, die im Streitfall entsprechend Anwendung finden.

2. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung keine Feststellungen dazu getroffen, welche steuerpflichtigen Einnahmen der Kläger in dem Zeitraum seiner Tätigkeit im Beitrittsgebiet (1. September 1992 bis zum 31. Dezember 1992) erzielt hat und auf welchen Betrag sich insoweit seine Gesamteinnahmen belaufen. Da der Kläger nur mit 3/5 seines regelmäßigen Dienstes an das Kreisgericht T abgeordnet war, sind seine Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit für diesen Zeitraum entsprechend aufzuteilen. Ferner wird das FG die Höhe der auf diesen Zeitraum entfallenden Werbungskosten zu ermitteln haben. Diese wird das FG zunächst --ggf. anteilig-- der Tätigkeit des Klägers im Beitrittsgebiet zuzuordnen haben. Die auf die Tätigkeit im Beitrittsgebiet entfallenden Werbungskosten sind zu dem Anteil nicht abziehbar, der dem Verhältnis der für die Tätigkeit im Beitrittsgebiet gewährten Aufwandsentschädigung zu den auf den genannten Zeitraum entfallenden Gesamteinnahmen entspricht (s. auch BFH-Urteil vom 26. März 2002 VI R 45/00, BFH/NV 2002, 1213).

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